Durch seinen 41. Sieg in diesem Jahr zog Djokovic ins Viertelfinale ein. Dort steht auch Federer nach dem Drei-Satz-Sieg gegen Wawrinka.

Paris. Die Favoriten bei den Männern gegen sich keine Blöße, bei den Damen geht das "Sterben" hingegen weiter Während sich im Männerfeld der French Open die Favoriten Novak Djokovic, Roger Federer und Rafael Nadal ohne Mühe durchsetzten, startet die zweite Woche des bedeutendsten Sandplatzturniers ohne die drei Topspielerinnen. Als letzte der Top 3 verabschiedete sich im Achtelfinale Wera Swonarewa. Die US-Open-Finalistin aus Russland unterlag ihrer Landsfrau Anastasia Pawljutschenkowa 6:7 (4:7), 6:2, 2:6. Zuvor waren bereits die Weltranglistenerste Caroline Wozniacki (Dänemark) und die an zwei gesetzte Melbourne-Siegerin Kim Clijsters aus Belgien gescheitert.

Dagegen bleibt Überflieger Djokovic auf Rekordkurs und kommt der Weltranglistenführung immer näher. Durch seinen 41. Sieg in diesem Jahr zog der Serbe ins Viertelfinale ein. Den Melbourne-Gewinner trennen nach dem 6:4, 6:4, 6:2 im Achtelfinale gegen Richard Gasquet (Frankreich) nur noch zwei Siege zur Aufstellung eines neuen Startrekords.

Die bisherige Bestmarke hält John McEnroe. Dem US-Amerikaner waren 1984 42 Erfolge in Serie gelungen. Jahresübergreifend ist der Argentinier Guillermo Vilas mit 46 gewonnenen Matches (1977) das Maß der Dinge. «Ich spiele derzeit das beste Tennis meines Lebens», sagte Djokovic, der in der Runde der letzten acht auf den ungesetzten Fabio Fognini trifft. Der Italiener bezwang den Spanier Albert Montanes nach der Abwehr von fünf Matchbällen und trotz einer Oberschenkelblessur mit 4:6, 6:4, 3:6, 6:3, 11:9.

Davis-Cup-Sieger Djokovic kann in Roland Garros die Spitze der Weltrangliste aus eigener Kraft erklimmen, wenn er das Finale erreicht. Derzeit führt der Spanier Rafael Nadal das Ranking an.

Auch Federer agierte bisher so zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk. Ohne Satzverlust stürmte der Grand-Slam-Rekordsieger ins Viertelfinale und darf weiter von seinem zweiten Paris-Titel nach 2009 träumen. Das Duell der Eidgenossen gewann Federer gegen Stanislas Wawrinka mit 6:3, 6:2, 7:5. «Ich habe weniger Druck seit meinem Erfolg vor zwei Jahren. Und das ist nicht das Schlechteste», meinte der 29-jährige Federer.

Nachdenklich und nicht so souverän wie gewohnt präsentierte sich im Schatten des Eiffelturms Titelverteidiger bislang Nadal. Der topgesetzte Spanier steht nach einem 6:1, 6:3, 6:0 gegen den kroatischen Qualifikanten Antonio Veic zwar im Achtelfinale.

Nadal aber, der mit seinem sechsten French-Open-Titel die Bestmarke des derzeitigen Paris-Rekordsiegers Björn Borg (Schweden) einstellen könnte, wirkte in den Runden zuvor längst nicht so unantastbar wie einst am Bois de Boulogne. «Ich mache momentan Fehler, die ich in der Vergangenheit nicht gemacht habe», sagte der Linkshänder, der in Roland Garros eine Matchbilanz von 41:1 Siegen hat. Am Montag wartet nun Ivan Ljubicic (Kroatien) im Duell um den Viertelfinal-Einzug auf Nadal.

Besonders die beiden jüngsten Final-Niederlagen auf seinem Lieblingsbelag in Rom und Madrid gegen Djokovic haben Nadal offenbar mächtig zugesetzt. «Vielleicht spiele ich derzeit ein bisschen nervös. Und das schlägt sich auch auf die Beinarbeit nieder», meinte «Rafa».

In die Offensive ging Nadal abseits des Courts. Mit Blick auf die Belastungen der Tennisprofis forderte er eine Änderung des Ranglisten-Systems und die Verkürzung der Saison. «Wenn wir wollen, dass die Spieler längere Karrieren haben, müssen wir den Turnierkalender reduzieren», sagte der neunmalige Grand-Slam-Sieger Nadal.

Der 24-Jährige selbst fühlt sich aufgrund der Terminflut, als ob er «schon seit 100 Jahren auf der Tour» spiele. Nadal plädierte zudem für die Einführung eines Zwei-Jahres-Rhythmus bei der Erstellung der Weltrangliste, um so einen Absturz im Ranking nach Verletzungspausen zu verhindern.

Petkovic will Chaos nutzen – „Kann jede schlagen“

Dem erstmaligen Einzug ins Achtelfinale der French Open ließ Andrea Petkovic eine Kampfansage an die Konkurrenz folgen. „Wenn ich gut spiele, kann ich jede auf der Welt schlagen“, sagte die Darmstädterin nach ihrem Drittrundensieg gegen die Australierin Jarmila Gajdosova forsch. Im derzeitigen Chaos des Damen-Tennis traut sich die deutsche Nummer eins sogar ihren ersten Grand-Slam-Sieg zu. „Ich denke definitiv, dass ich Chancen habe.“

An diesem Montag geht es gegen die Russin Maria Kirilenko um den Einzug ins Viertelfinale. Im Doppel verpasste Petkovic am Sonntag an der Seite von Julia Görges allerdings die Runde der letzten Acht. Gegen das russisch-australische Duo Nadja Petrowa/Anastasia Rodionova verloren die beiden derzeit besten Deutschen mit 3:6, 4:6.

1999 feierte Steffi Graf als bislang letzte Deutsche den großen Triumph auf der Roten Asche von Paris. Zwölf Jahre später macht sich Petkovic auf, zumindest einen Teil der riesengroßen Fußstapfen der „Gräfin“ auszufüllen. Grafs Trainer hieß damals Heinz Günthardt, in diesen Tagen ist der Schweizer in der französischen Hauptstadt als Berater von Petkovic tätig. Ein gutes Omen? „Wenn alles passt, kann sie auch mal ein Grand-Slam-Turnier gewinnen“, sagte Günthardt. Warum nicht schon in Paris? „Jetzt ist alles möglich“, sagte Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner.

Zum dritten Mal in Serie hat die Einser-Abiturientin bei einem Grand-Slam-Turnier die zweite Turnierwoche erreicht und zählt damit endgültig zum erweiterten Kreis der Weltspitze. Nach dem reihenweisen Favoritenscheitern, von dem in Caroline Wozniacki und Kim Clijsters erstmals in der Historie der French Open die beiden Topgesetzten betroffen waren, ist das Feld in Paris so offen wie noch nie.

Mittendrin im großen Kuddel-Muddel: Andrea Petkovic. „Ich denke, wir erleben gerade einen Generationswechsel“, sagte die Hessin, „die Top-Stars wie die Williams-Schwestern oder Kim Clijsters ziehen sich langsam zurück, viel junge Spielerinnen kommen nach, sind aber noch nicht konstant genug.“ Daher ist alles offen.

Nachdem im vergangenen Jahr die Italienerin Francesca Schiavone im Schatten des Eiffelturms sensationell triumphierte, sieht es beim zweiten Grand-Slam-Turnier des Jahres auch dieses Mal wieder nach einer Überraschung aus. Immer öfter fällt auch der Name Petkovic, wenn es um die Kandidaten für den Titel geht. „Echt? Das habe ich noch gar nicht mitbekommen“, meinte sie lächelnd.

Die Weltranglisten-Zwölfte versucht, den bereits wieder deutlich spürbaren Trubel um ihre Person nicht zu sehr an sich ranzulassen. Noch nach ihren Erfolgen zu Beginn des Jahres hatte Petkovic keinen Wunsch von Fans, Medien und Sponsoren ausschlagen können und bezahlte dies mit Rückschlägen bei den Masters-Events in Madrid und Rom. „Ich versuche immer, aus meinen Fehlern zu lernen und mache deshalb jetzt weniger. Auch wenn es mir manchmal schwerfällt“, sagte Petkovic.

Auch auf dem Court besticht die Darmstädterin mit neuer Konsequenz. Konzentriert, fokussiert und mit großem Glauben in die eigene Stärke bestach Petkovic am Samstag beim 6:2, 4:6, 6:3 gegen Gajdosova. Seit dem Jahreswechsel habe sie das Gefühl, dass sie jede Gegnerin schlagen könne, erklärte Petkovic.

Zusammen mit den anderen jungen Wilden um die 21-Jährige Tschechin Petra Kvitova verfolgt sie das bunte Treiben in Paris mit großer Gelassenheit. „Bei den vergangenen Grand-Slam-Turnieren war der Trubel in der Umkleide noch größer, wenn eine Favoritin ausschied. Hier ist das nicht mehr so“, hat Petkovic beobachtet. Ihr Fokus liege stets nur auf dem nächsten Spiel. „Wenn du auch nur ein Prozent nachlässt, kann schnell alles vorbei sein.“ Wenn sie weiter so spielt, kann aber plötzlich auch alles möglich sein.

(sid/dpa/abendblatt.de)