Der Hamburger Boxstall und der Superchampion im Mittelgewicht streiten um das jederzeitige Kündigungsrecht bei Profiboxern.

Hamburg. Der 27. Mai wird nicht als der Tag in die Geschichte eingehen, der das Profiboxen in Deutschland revolutionierte. Ein Urteil im Rechtsstreit vor dem Landgericht Hamburg zwischen dem Hamburger Universum-Stall, vertreten durch die Geschäftsleitung Klaus-Peter Kohl und Dietmar Poszwa, Geschäftsführer Stefan Braune und die Anwälte Björn Ziegler und Jan Hegemann, und WBA-Mittelgewichts-Superchampion Felix Sturm , vertreten durch seinen Berater Roland Bebak und die Anwälte Sebastian Cording und Lukke Mörschner, wurde nicht gesprochen. Nach der ersten mündlichen Anhörung setzte der Vorsitzende Richter Otto die nächste Anhörung für den 6. Juli an. Allerdings stellte Otto bereits in Aussicht, dass er ein jederzeitiges Kündigungsrecht nach Paragraph 627 BGB bei Profiboxern nicht für anwendbar hält. Dieser Paragraph räumt einem zur Dienstleistung Verpflichteten in einem dauernden Dienstverhältnis ohne feste Bezüge jederzeit ein Kündigungsrecht ein, sollte das Vertrauen zum Vertragspartner gestört sein.

Universum hatte angekündigt, für den Fall eines jederzeitigen Kündigungsrechts seiner Boxer den Stall zu schließen. Auch der Sauerland-Stall aus Berlin hatte weitreichende Konsequenzen für diesen Fall befürchtet, da ein kontinuierlicher Aufbau von Sportlern nicht mehr möglich wäre, sollten diese jederzeit kündigen können. Nachdem das Landgericht Kleve Mitte März im ähnlich gelagerten Rechtsstreit zwischen Universum und Mittelgewichtler Koren Gevor Paragraph 627 für anwendbar erklärt hatte, war dieser Fall als möglicher Präzedenzfall angesehen worden. Gevor hat allerdings mittlerweile seine Klage zurückgezogen, ist zu Universum zurückgekehrt und hat öffentlich behauptet, immer fair behandelt worden zu sein. Ob Richter Otto in seinem Urteil diesen Fall berücksichtigen würde, ist unklar. Seine Andeutungen jedoch waren klar. Eine Revolution muss das Profiboxen in Deutschland demnach nicht fürchten.

Allerdings könnte Sturm, der wegen einer Urlaubsreise nicht selbst anwesend war, was der Richter ausdrücklich bemängelte, einen wichtigen Teilsieg verbuchen. Denn Otto stellte auch klar, dass er die einseitige Option zur Verlängerung des zum 19. November 2009 ausgelaufenen Dreijahresvertrags um weitere drei Jahre, die Universum geltend gemacht hatte und die Sturm per Feststellungsklage für unwirksam erklären lassen will, möglicherweise als sittenwidrig ansieht. Das würde, sollte das Urteil Ottos so ausfallen, wie seine Andeutungen schließen ließen, Sturm zum freien Mann erklären. Er könnte wie geplant mit seiner Plus One Promotion als freier Unternehmer seine Kämpfe ab sofort in Eigenregie veranstalten.

Da das Landgerichtsurteil vom Verlierer mit Sicherheit angefochten werden würde und ein rechtskräftiges Urteil deshalb frühestens für 2011 erwartet werden könnte, ermutigte Richter Otto beide Parteien zur Schließung eines Vergleichs. Sein Vorschlag: Sturm zahlt an Universum eine Ablösesumme, möglicherweise in der Höhe des siebenstelligen Handgelds, das er für seine vorzeitige Vertragsverlängerung im November 2006 erhalten haben soll. Zusätzlich könnte Universum finanziell zu einem auszuhandelnden Prozentsatz oder per Fixsumme an Sturms nächsten Kämpfen beteiligt werden. Beide Seiten zeigten sich diesem Vorschlag nicht abgeneigt, da die finanziellen Forderungen jedoch immens auseinanderklaffen dürften, ist mit einem Vergleich kaum zu rechnen. Sturms PR-Manager Manfred Meier stellte bereits klar, dass man nicht bereit sei, eine siebenstellige Gesamtsumme zu zahlen.

Eins ist auch ohne ein rechtskräftiges Urteil klar. Felix Sturm wird nie wieder unter dem Banner der Universum Box-Promotion kämpfen. Die Zukunft des 1984 gegründeten Hamburger Traditionsunternehmens bleibt offen. Die Verhandlungen mit einem Nachfolger für TV-Partner ZDF, der den am 31..Juli auslaufenden Vertrag, der Universum seit 2002 jährlich 20 Millionen Euro gebracht haben soll, nicht verlängert, stocken. Auch, weil durch die unklare Vertragssituation zwischen Promoter und Boxer keine Planungssicherheit gegeben ist. „Es passiert, dass mir Verantwortliche von Sendern sagen, dass wir ja gar nicht wüssten, ob unsere Verträge mit den Sportlern noch gelten. Auch deshalb sind wir an einer schnellen Einigung interessiert“, sagte Kohl vor dem Landgericht.