Recherchen des NDR zeigen gravierende Hygienemängel in Zügen der Deutschen Bahn auf. Gerade in den ICEs soll die Keimbelastung hoch sein.

Berlin/Hamburg. Nun muss sich die Bahn auch noch mit Vorwürfen mangelnder Hygiene auseinandersetzen: Der Norddeutsche Rundfunk berichtete am Sonntag, es seien massenhaft Keime und Bakterien nicht nur in den Toilettenräumen, sondern auch auf den Sitzplätzen, Armlehnen und Türöffnern festgestellt worden. Die Bahn wies die Vorwürfe umgehend zurück und verwies auf ihr aufwendiges Reinigungsmanagement. Der Fahrplanwechsel der Bahn zum dritten Advent klappte immerhin «reibungslos» und wie geplant.

Der NDR berief sich auf einen Beitrag seines Verbraucher- und Wirtschaftsmagazins «Markt» (Montag, 20.15 Uhr, NDR). Mitarbeiter der Redaktion hätten stichprobenartig Hygieneproben im Intercity-Express (ICE), Intercity (IC), Regional-Express (RE) und in der Regionalbahn (RB) genommen – an Toilettenspülknöpfen, Wasserhähnen, Türklinken, Festhaltegriffen, Armlehnen, Türöffnern und Sitzplätzen. Dabei hätten 50 der 70 Proben «reichliches, viele Proben sogar massenhaftes Wachstum» von Bakterien und Keimen aufgewiesen.

Gerade die ICEs zeigten demnach in der Stichprobe eine besonders hohe Keimbelastung. «Was man hier so sieht, überzeugt einen nicht davon, dass dort gründlich geputzt wird», sagte Wolfgang Streit vom Institut für Mikrobiologie und Biotechnologie, Universität Hamburg laut NDR.

In einer Probe aus einem ICE nach Kiel habe das Labor sogar einen MRSA-Erreger gefunden: Staphylokokken, die resistent gegen viele Antibiotika und damit schwierig zu behandeln sind. «Es gab relativ viele Bakterien, im Polsterbereich, auf Armlehnen und auch auf Sitzflächen. Das kann zu Ansteckungen führen, geraten die über die Hände an die Schleimhäute», erklärte Susanne Huggett, leitende Ärztin Hygiene im Medilys Labor in Hamburg.

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Die Bahn erklärte, dass ihre Züge im Rahmen eines mehrstufigen Systems aufwendig sauber gehalten würden. Neben Tagesreinigungen gebe es Reinigungen während der Fahrt sowie darüber hinaus regelmäßige Grund- und Spezialreinigungen unter anderem für Decken, Fußböden, Glas und Teppiche. Das Reinigungssystem werde ständig überprüft.

Es gebe keinerlei Hinweise, dass bei Bahnreisen erhöhte Infektionsgefahr bestehe, hieß es. Grundsätzlich seien Keimbelastungen kein geeignetes Indiz für Sauberkeit. Der NDR habe der DB mitgeteilt, es seien bei der Untersuchung in erster Linie nicht krankmachende Keime gemessen worden. Fast alle Keime, die sich in der Umwelt befänden, seien für die Menschen im Normalfall nicht gefährlich.

Derweil stellte die Bahn die Fahrpläne um. «Alles hat reibungslos geklappt», sagte ein Unternehmenssprecher. Die Bahn habe werktags rund 27.000 Züge im Einsatz, davon 1.300 im Fernverkehr.

Für das Reisen mit der Bahn müssen Kunden mit Gültigkeit des neuen Fahrplans tiefer in die Tasche greifen. Im Fernverkehr kosten Tickets knapp vier Prozent, im Regionalverkehr knapp drei Prozent mehr. Das Unternehmen begründete die höheren Preise mit gestiegenen Personal- und Energiekosten.

(dapd/abendblatt.de)