Das Abendblatt stellt die Kandidaten für die Wahl zum Stormarner Sportler des Jahres 2012 vor. Heute: Heiko Kröger vom Sailing Team Germany.

Ammersbek. "Pulp Fiction" ist einer der Filme, die sich Heiko Kröger immer wieder gern anschaut. Was nicht unbedingt darin begründet sein muss, dass der Ammersbeker Segler am gleichen Tag wie Quentin Tarantino, dem Regisseur des Filmes, Geburtstag hat. Erfolge feiert der 46 Jahre alte Stormarner ebenfalls gern und oft, wenn auch in einer komplett anderen Sparte als der amerikanische Filmemacher. Bei den Paralympics in diesem Jahr segelte Heiko Kröger vor der englischen Küste in der Klasse 2,4mR auf den zweiten Platz und gewann nach der Goldmedaille im Jahr 2000 in Sydney zum zweiten Mal Edelmetall.

Kröger, der ursprünglich aus Kiel stammt und seit 2009 im Kreis Stormarn lebt, arbeitet seit drei Jahren für das Sailing Team Germany. Der Diplom-Kaufmann ist dort für den Behindertensport zuständig. Während es in seiner Firma keinerlei Unterschiede zwischen behinderten und nicht behinderten Sportlern gibt, prangert Kröger die Ungleichbehandlung in Deutschland an. "Die Gleichstellung von olympischen und paralympischen Sportlern ist trotz der UN-Konvention von 2009 in unserem Land noch nicht erreicht", sagt er.

"Ich frage mich bei den Fördermaßnahmen immer, welche Beweggründe eine Gleichstellung verhindern. Solange keine logisch plausiblen Gründe vorliegen, muss ich von einem Nicht-Wollen ausgehen. Dann sollte das aber auch offen ausgesprochen werden", sagt der Ammersbeker, dem von Geburt an der linke Unterarm fehlt.

Der 46-Jährige nimmt aber auch die Verbände in die Verantwortung. "In Deutschland ist der Behindertensport nicht in die jeweiligen Sportfachverbände eingegliedert, sondern in den Behindertensportverband. Diese Strukturen scheinen für alle Zeiten in Stein gemeißelt."

2001 wurde Heiko Kröger sogar Weltmeister bei den Nichtbehinderten - für viele eine Sensation. Nicht so für den Ammersbeker. "In meiner Bootsklasse ist der Kopf entscheidend, nicht so sehr die Physis", sagt Kröger, der in seinem 2,4er komplett im Rumpf des Bootes versinkt und nur mit dem Kopf herausragt. "Es ist praktisch das einzige Sportgerät der Welt, das einem Behinderten die gleichen Chancen wie einem Nichtbehinderten bietet." Alles an dem gut vier Meter langen und rund 260 Kilogramm schweren Kielboot lässt sich auf eine Behinderung umgestalten.

Das üblicherweise mit einem Fußpedal gesteuerte Boot kann ebenso über einen Handgriff manövriert werden. "Ich segele häufiger mit meinem norwegischen Freund Bjørnar Erikstadt zusammen, der deutlich schwerer an Armen und Beinen gehandicapt ist. Er ist ein hervorragender Segler, gegen den ich meist nicht den Hauch einer Chance habe", sagt Kröger, der es auch nicht möchte, dass behinderte Sportler von den Medien in den Himmel gelobt werden. "Wir wollen alle nur ganz normal behandelt werden."

Da seine Lebensgefährtin Katharina Doranth als praktizierende Kinderzahnärztin ebenfalls voll in das Berufsleben eingespannt ist, ist sich Kröger des zeitaufwendigen Hobbys und der damit verbundenen Mehrbelastung für Frau und vier Kinder voll bewusst. Er sagt: "Die Silbermedaille habe nicht ich allein gewonnen, sondern zusammen mit allen, die mich die ganze Zeit über tatkräftig unterstützt haben."