Der 46-jährige Heiko Kröger belegt bei den Paralympics im Segeln vor der englischen Südküste den zweiten Platz hinter der Britin Lucas.

Ammersbek. Drei Stunden hockte Katharina Doranth mit Eltern und Schwiegereltern gestern zu Hause in Ammersbek aufgeregt vor dem Computer, dann kam die erlösende Nachricht: Ihr Lebensgefährte Heiko Kröger hat bei den Paralympics die Silbermedaille im Segeln gewonnen.

"Wir haben Blut und Wasser geschwitzt, hatten uns die Entscheidung eigentlich im Internet anschauen wollen", sagte Doranth. Doch wegen Flaute war die elfte und letzte Wettfahrt vor Weymouth an der englischen Südküste zunächst verschoben und dann schließlich ganz abgesagt worden. Damit blieb es bei der bisherigen Reihenfolge: Die Britin Helena Lucas (26 Punkte) gewann in der Klasse "2.4mR" vor Kröger (35) und dem Niederländer Thierry Schmitter (37). Für den 46-Jährigen war es bereits das zweite Edelmetall bei Paralympics. 2000 in Sydney hatte Kröger sogar Gold geholt, anschließend in Athen (2004) und Peking (2008) sich jeweils mit dem undankbaren vierten Platz begnügen müssen.

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"Diese Scharte habe ich jetzt ausgewetzt", jubelte der Ammersbeker, der zunächst sogar auf Goldkurs lag, ehe Lucas in der sechsten Wettfahrt an ihm vorbeizog. Ihr Sieg war keine Überraschung, sie ist Profi und kann sich wie einige andere Konkurrenten ganz auf den Segelsport konzentrieren. Kröger, der ursprünglich aus Kiel stammt und seit 2009 im Kreis lebt, arbeitet freiberuflich für das Sailing Team Germany. Der Diplom-Kaufmann ist dort für den Behindertenbereich zuständig.

Kröger fehlt von Geburt an der linke Unterarm. Weshalb, weiß er bis heute nicht. Im Alter von sechs Jahren begann er mit dem Segeln. Anfangs startete er auch gegen Menschen ohne Handicap. Als er 2001 bei den Nichtbehinderten sogar Weltmeister wurde, war das für viele eine Sensation - für ihn nicht. "In dieser Bootsklasse entscheidet nicht so sehr die Physis, sondern der Kopf", sagt Kröger.

Bei den 2.4ern versinkt der Segler komplett im Rumpf des Bootes, nur der Kopf ragt heraus. Durch Auftriebtanks ist das Boot unsinkbar, gesteuert wird es über Fußpedale. Kröger: "Alle Trimmeinrichtungen sind gut erreichbar und erfordern wenig Kraft - aber viel Fingerspitzengefühl." Für ihn ist es einfach die perfekte Bootsklasse und der Grund, weshalb er vor 14 Jahren in den Behindertensport wechselte. "Das 2.4mR wird leider oft unterschätzt", sagt er. "Weil es diese Bootsklasse nur im paralympischen Programm gibt, wird sie fälschlicherweise oft als Behindertenklasse eingestuft."

Schon morgen wird Kröger zu Hause erwartet - genau drei Wochen, nachdem ihn Familie und Freunde mit einem großen Gartenfest verabschiedet hatten. Der Shanty-Chor Bad Oldesloe sang damals: "Volldampf voraus".