Kieler Landesamt will Ahrensburger Rathaus unter Denkmalschutz stellen. Abendblatt-Leser diskutieren kontrovers über das Vorhaben.

Ahrensburg. Das schleswig-holsteinische Landesamt für Denkmalpflege will das Ahrensburger Rathaus nach Möglichkeit noch in diesem Jahr unter Denkmalschutz stellen (wir berichteten). Das 1970 eingeweihte Gebäude mit seiner Betonfassade sei ein Kulturdenkmal, das für die Epoche der Nachkriegszeit - die "Bonner Republik" - stehe. Die Architektur sei mit der des "Langen Eugen" vergleichbar: In dem Hochhaus residierten einst die Bundestagsabgeordneten in der damaligen Hauptstadt Bonn. Zudem sei die Bedeutung des Rathauses für Ahrensburg ähnlich groß wie die des Schlosses.

Bei Kommunalpolitikern ist das Vorhaben allerdings durchaus umstritten. Einige Stadtverordnete befürchten, dass die anstehende Sanierung mit Denkmalschutzauflagen deutlich teurer werden könnte als vorgesehen. Außerdem wären ein Abriss und Neubau des Verwaltungsgebäudes an anderer Stelle auch langfristig vom Tisch.

In Anlehnung an die berühmte "Fettecke" von Joseph Beuys - ein Hausmeister hatte das fünf Kilogramm schwere Butterstück von einer Decke der Düsseldorfer Kunstakademie 1986 einfach entfernt - fragen sich unsere Leser: Ist das Kunst oder kann das weg?

Nicht alles zerstören

Das Rathaus sollte Denkmalschutz erhalten. Warum will man alles zerstören, was einmal eine Epoche ausmachte. Aus der Römerzeit finden wir auch heute noch Ruinen und sind begeistert! Man hat in Ahrensburg viel zu viel abgerissen, wenn ich so an die vergangenen 50 Jahre denke. Auch eine Sanierung mit Kunststofffenstern wäre eine Schande. Es gibt nichts besseres als Fenster aus Teakholz. Das sagt ein Tischlermeister. Auch der Besitzer der Alten Kate hätte dort wohl lieber ein Wohnhaus gebaut, welches finanziell attraktiver wäre. Aber geht es alles nur noch um das liebe Geld?

Uwe Rüter

Time goes by

Als Bewohner Lütjensees komme ich häufiger nach Ahrensburg und auf den Marktplatz vor dem Rathaus. Oft genug habe ich mir die Frage gestellt, warum dieser hässliche Klotz nicht längst durch ein attraktives und schöneres Gebäude ersetzt worden ist. Siebzigerjahre-Architektur in allen Ehren, aber: Times goes by. In erster Linie werden die Kosten das Hindernis gewesen sein. Mit ein wenig Kreativität in Richtung Weitervermietung von Büros, Geschäften, Parkgaragen innerhalb dieses neuen Gebäudes werden sich die Finanzierungskosten um einiges reduzieren lassen. Insofern mein Wunsch: das Gebäude durch ein zeitgemäßes und für die Stadt Ahrensburg in jeder Hinsicht nützliches Äquivalent ersetzen. Wenn das Abrissunternehmen schon mal dabei ist, könnte der Muschelläufer ja gleich auch entsorgt werden.

Heiko Wolfes

Geld nicht rausschmeißen

Das ist ein hässlicher Klotz! Aber unter Denkmalschutz stellen oder gleich abreißen - was für eine Frage. Vielleicht verfügt die Stadt Ahrensburg ja über so viel Geld, um es mit vollen Händen wieder rauszuschmeißen!

Margret Grüter

Authentisch und funktionell

Wir sind 1975 nach Ahrensburg gezogen. Aus einer Stadt, die ein grottenhässliches Rathaus hat bauen lassen. Neoklassizistisch. Das Ahrensburger Rathaus hingegen hat den Baustil seiner Zeit, um 1970 herum, ist authentisch. Außerdem ist es sehr funktionell. In einem Wettbewerb hat man sich für diesen Entwurf entschieden. Warum sollte man sich heute dagegen entscheiden? Der neue Stadtkern von Ahrensburg ist lebendig, wird gern auch von Menschen aus den umliegenden Ortschaften zum Shoppen aufgesucht, gute Parkmöglichkeiten unterirdisch im Stadtkern, Ahrensburg ist selbstbewusst. Das Lebensgefühl hat sich für uns in Ahrensburg seit 1975 ständig gesteigert. Manfred Samusch ist die Straße vor dem Gebäude gewidmet. Darin hat er lange gewirkt und sich für seine Stadt eingesetzt. Wenn das mit der Brandschutzsanierung zu machen ist, bin ich unbedingt dafür, das Gebäude in seinem Stil beizubehalten. Es ist lebendiger Zeuge eines sich vorteilhaft entwickelnden Stadtkerns. Und die Verkehrsprobleme wird man eines Tages auch noch in den Griff bekommen. Nord- und Südtangente kommen in den Masterplan. Na also, geht doch.

Volkmar Rosink

Noch 50 Jahre abwarten

Diese Architektur entsprach schon in den 60er- und 70er-Jahren nicht meinem Geschmack, daran hat sich bis heute nichts geändert. Ich finde sie kalt und ungemütlich. Wenn das Rathaus unter Denkmalschutz stehen würde, wären Renovierungs-, Erhaltungs-, Modernisierungsarbeiten trotzdem nötig. Dann immer das Denkmalschutzamt fragen? Das könnte mit erhöhten Kosten verbunden sein. Zur Alternative Abriss und Neubau möchte ich Bedenken anmelden. Bei der Betrachtung der Abbildungen von Neubauvorhaben im Immobilienteil und beim Blick auf die Architektur der HafenCity in Hamburg liegt die Vermutung nahe, dass der zur Zeit vorherrschende Architekturtrend dem der 60er- und 70er-Jahre sehr ähnlich ist. Es würde also wieder ein ähnliches Bauwerk am Rathausplatz stehen. Was kostet dieses dann? Vorschlag: das bestehende Bauwerk erhalten, ohne Denkmalschutz. Und in circa 50 Jahren, wenn sicherlich ein anderer Architekturtrend vorherrscht, kann man ja noch einmal über Denkmalschutz nachdenken. Dann hat das Gebäude durch die langen Jahre seines Bestehens, anders als ein sicherlich ähnlicher Neubau, eher eine Chance, dass die Ahrensburger einem Denkmalschutz zustimmen.

Dörte Hansen, Elmenhorst

Abrissbirne empfehlen

Geld ist nicht da, sonst würde ich die Abrissbirne für diesen hässlichen Klotz empfehlen. Wobei mir noch einfällt, dass das Teil gut zum Rathausplatz passt. Oder?

Frank Wohlfahrt

Stadt hat Besseres verdient

Das Rathaus und der Rathausplatz sind eine der hässlichsten Erscheinungen in unserer Schlossstadt. Und jetzt plötzlich wird das Rathaus auch noch als erhaltenswertes Gebäude eingestuft, um es vor dem Abriss zu bewahren und eine kostenintensive Sanierung zu rechtfertigen. Werden auch Hochhäuser aus der Zeit der 60er- und 70er-Jahre-Architektur zukünftig als geschütztes Denkmal eingestuft? Man muss sich fragen, warum das Landesamt für Denkmalpflege in der Vergangenheit viele schöne alte erhaltenswerte Häuser in Ahrensburg nicht vor dem Abriss bewahrt hat. Ersetzt wurden sie durch gesichtslose Neubauten, die heute unser Stadtbild prägen. Der bis heute standfeste Muschelmann aus Plastik in bester Lage ist das i-Tüpfelchen einer konzeptlosen Städtebaupolitik. Touristen, die sich zu uns verirren, kann man das nicht erklären. Bitte das Rathaus abreißen und neu bauen. Und der Rathausplatz braucht dringend ein Erscheinungsbild, das diese Stadt verdient hat. Wer bitte will sich denn in der Rathausumgebung wohlfühlen geschweige denn einmal länger aufhalten.

U. Nasgowitz, Ahrensburg

Hässlichster Bau im Norden

Meines Erachtens ist das Ahrensburger Rathaus das hässlichste Gebäude in ganz Norddeutschland. Ich kenne niemanden, der dieses Rathaus zu irgendeinem Zeitpunkt schön oder einigermaßen akzeptabel gefunden hat. Ich meine auch, es beurteilen zu können, denn ich wohne seit circa 1945 in Ahrensburg. Also, bitte, bitte abreißen. Solche Gelegenheit kommt nie wieder. Der Architekt Scheuermann war übrigens auch viele Jahre später noch immer von seinem Bauwerk überzeugt und meinte, er würde es immer wieder so bauen. Schlimm, wenn man dann überhaupt keine Einsicht hat.

Thomas M. Jahn, Ahrensburg