Der 1970 eingeweihte Verwaltungssitz hat “besonderen kulturellen Wert“. Kieler Behörde liefert jetzt Gründe für den Erhalt.

Ahrensburg. Das Rathaus - für viele Ahrensburger ist es wenig mehr als ein schmuckloser Betonklotz, eher eine Bausünde als ein Grund zum Stolz. Ganz anders die Sicht des Landesamtes für Denkmalpflege in Kiel: Es wird das 1970 eingeweihte Gebäude voraussichtlich unter Denkmalschutz stellen, wohl noch in diesem Jahr. Für diese Entscheidung ist keine Zustimmung aus Ahrensburg notwendig - allerdings hätte die Stadt Möglichkeiten, sich später zu widersetzen, etwa mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht. Die Denkmalschützer betonen, dass sie mit der Stadt zusammenarbeiten wollen.

Astrid Hansen, die zuständige Mitarbeiterin des Amtes, warb jetzt vor den Mitgliedern des Bauausschusses für ihre Sichtweise, nach der das Haus ein "Kulturdenkmal" ist. Ihr Vortrag zeigte Wirkung - mehrere Politiker sagten anschließend, dass sie ihre Meinung über das Gebäude geändert haben.

Was ist so schützenswert und besonders an dem Werk des Ahrensburger Architekten Karl-Heinz Scheuermann, das einst für die Summe von 5,8 Millionen Mark errichtet wurde?

Laut Astrid Hansen steht es für die Epoche der Nachkriegszeit, die "Bonner Republik". Anders als andere Rathäuser in der Region sei es aber seit seinem Bau kaum verändert worden - und es habe "baulich eine besondere Qualität". Seine Architektur habe "schon in den 70er-Jahren bundesweit Beachtung gefunden". Sie sei mit der des "Langen Eugens" vergleichbar - jenes Hochhauses von Architekt Egon Eiermann, das einst in Bonn für die Bundestagsabgeordneten errichtet wurde und das heute ein geschütztes Baudenkmal ist. Zudem seien beim Ahrensburger Rathaus besondere Materialien wie Marmor und Teak-Holz verwendet worden, die Kiesel an der Fassade stammten aus Italien.

Darüber hinaus nehme das Rathaus eine spezielle Rolle in der Geschichte Ahrensburgs ein - ähnlich wie das Schloss. Das betonte Astrid Hansen mehrfach. "Das Haus erzählt von der rasanten Veränderung Ahrensburgs nach dem Zweiten Weltkrieg - so, wie das Schloss von einer bestimmten Epoche erzählt." Anders als das Schloss aber, das für Pracht, aber auch für Leibeigenschaft stehe, sei das Rathaus ein "Ausdruck des sich entwickelnden demokratischen Selbstbewusstseins" in der Stadt. Das drücke sich auch in der Architektur aus. "Das Foyer ist repräsentativ, aber Licht und Luft spielen auch eine große Rolle. Es ist eine herrschaftliche Architektur, die aber kein Obrigkeitsgefühl erzeugt", sagte Astrid Hansen. Das sei "eine Geste für den Bürger, nicht gegen ihn".

Hansen betonte, dass die Ahrensburger auf das Rathaus bei dessen Einweihung stolz gewesen seien. Sie zitierte aus der Eröffnungsrede des damaligen Bürgermeisters Manfred Samusch, der hoffte, dass das Gebäude noch in mehr als 100 Jahren von Stadtverordneten genutzt werde. Experten hätten das Gebäude damals als "Anfang der Stadt vorn morgen" gewertet.

Und heute? Astrid Hansen ging auch darauf ein, dass das Gebäude längst nicht bei allen Bürgern beliebt ist. Sie sagte aber: "Ich gehe davon aus, dass auch die Liebe der Ahrensburger zum Schloss nicht immer gleich stark war." Zu den Befürchtungen, ein denkmalgeschütztes Haus werde wegen neuer Auflagen teuer für die Stadt, sagte sie: "Die Brandschutzsanierung wird das zumindest nicht verteuern. Bei der energetischen Sanierung kann ich die Stadt beraten, welche Fördermöglichkeiten infrage kommen." Erstere Maßnahme steht in den Jahren 2013 bis 2015 an, sie soll 2,65 Millionen Euro kosten. Das Rathaus soll auch eine neue Außentreppe bekommen, mitsamt einer Verkleidung. Dazu Astrid Hansen: "Es wird sicherlich eine gute Lösung geben, die mit dem Denkmalschutz vereinbar ist."

In Sachen energetische Sanierung gibt es noch keinen Zeitplan in Ahrensburg. Auch Astrid Hansen konnte noch keinen Termin nennen, wann das Rathaus unter Denkmalschutz gestellt werden wird. Sie sagte aber: "Das soll natürlich noch in diesem Jahr sein."

Aus Sicht der Denkmalschützerin sollte der Antrag dazu von der Stadt selbst kommen. Aufseiten der Politik ist die Sympathie dafür gestiegen: "Ich gestehe, dass ich früher zu denen gehörte, die das Gebäude am liebsten sprengen würden. Diese Meinung werde ich jetzt revidieren", sagte der Ausschuss-Vorsitzende Jörg Hansen (Grüne). Ähnlich Anna Hengstler (CDU): Meine Bereitschaft, das Ansinnen des Denkmalamtes zu unterstützen, ist größer geworden". Uwe Grassau (WAB) sagte: "Aus meiner Sicht ist das Gebäude nicht unbedingt erhaltenswert." Er verstehe aber auch das Ansinnen, das Rathaus für spätere Generationen zu erhalten.