Branchenmix, Freundlichkeit und Beratungskompetenz - nach dem Aus eines alteingesessenen Musikgeschäfts haben wir den Test gemacht.

Ahrensburg. Music Corner schließt, Einzelhändler beklagen hohe Mieten, Kunden hohe Parkgebühren. Um die kleinen Fachgeschäfte in der Innenstadt vor der Konkurrenz "auf der grünen Wiese" zu schützen, beauftragte die Politik unlängst sogar einen Gutachter damit, ein Einzelhandelskonzept zu erstellen. Das Abendblatt wollte herausfinden, wie gut Ahrensburg als Einkaufsstadt tatsächlich aufgestellt ist und hat anhand einer fiktiven Einkaufsliste das Shoppingangebot in der Innenstadt getestet.

Die Tour beginnt auf dem Rathausplatz, in anderen Städten oft Zentrum des Einzelhandels. In Ahrensburg ist der Rathausmarkt zwar an den meisten Tagen schlichter Parkplatz, als Startpunkt jedoch dennoch nicht ungeeignet, wie ein Blick auf die Liste beweist. Dort steht prominent an erster Stelle: Geschenk für einen Kindergeburtstag. Es darf jedoch nicht irgendein Geschenk sein. Gesucht wird ein sogenanntes Filly-Pferd. Bei Mädchen sind die kleinen Ponys seit geraumer Zeit der Renner. Aber ob sich die Angestellten des Spielwarengeschäft Ollefant, das im Schaufenster seines Geschäftes direkt am Rathausplatz mit Holzspielartikeln wirbt, ebenfalls für die glänzenden Mähnen von Prinzessin Crystal und Miracle Fairy begeistern können?

"Wir haben auch Fillys im Sortiment", bestätigt Nikolas Tschirch und sucht sofort hilfsbereit das neue Modell heraus. Die Betonung liegt allerdings auf dem "auch", denn: "Eigentlich liegt unser Hauptaugenmerk auf Holzspielzeug", sagt Tschirch. In Ahrensburg sei das Geschäft der einzige Spielwarenhändler. "Spielzeug wirft nicht mehr viel Gewinn ab", sagt Tschirch. "Auch in Hamburg gibt es kaum noch Fachgeschäfte." Die freundliche Beratung und das Angebot sprechen jedoch für den Laden.

Ein guter Start, die Suche nach dem zweiten Punkt auf der Einkaufsliste gestaltet sich jedoch schon schwieriger. Wo gibt es das neue iPad mini? Die Elektronikabteilung im Kaufhaus Nessler ist im Einzelhandeltest keine Option. World of Phone heißt der kleine Laden an der Manhagener Allee, dessen Inhaber Sven Reese unwissenden Einkäufern höflich nahe legt, nach diesem Modell lieber später noch einmal zu fragen, denn: "Das iPad mini ist noch gar nicht auf dem Markt." Sobald das der Fall sei, könnten Kunden es aber selbstverständlich bei ihm erhalten.

Er sei seit "ewigen Zeiten" Kunde bei World of Phone, sagt Wolfgang Schmalzl, der gerade mit seiner Tochter den Laden besucht. "Hier werden wir super beraten und bekommen auch alles, was es beim Großhändler gibt", sagt der Ahrensburger. In Sachen iPad mini war der Tag zwar nur ein Teilerfolg. Das ist allerdings nicht der Geschäftsstruktur in Ahrensburg geschuldet.

Für den nächsten Einkaufswunsch, einen Tennisschläger, ist die Manhagener Allee schon die richtige Adresse. Aber auch wer das nicht weiß, kann in Ahrensburg praktisch überall Passanten und Ladeninhaber nach einem Sportfachgeschäft fragen und wird an Sport Motschnigg verwiesen. "Ich habe hier selbst 1978 meinen zweiten Tennisschläger gekauft", sagt der heutige Inhaber Florian Palm.

Die einfachen Zeiten seien mittlerweile jedoch vorbei. "Unser größter Konkurrent ist der Online-Handel", sagt Palm. Dabei könne das Internet gerade im Sport keine persönliche Beratung ersetzen. "Da geht es um die Gesundheit. Wer mit dem falschen Schläger spielt, bekommt einen Tennisarm. Die falschen Laufschuhe sorgen für Knieprobleme", so der Inhaber. Zudem müsse man sich darüber im Klaren sein, dass Fachgeschäfte langfristig auch Arbeitsplätze und Renten sicherten.

Die Lage entscheidet: Hunde- fachgeschäft zieht nach Bargteheide

Eines wird im Laufe des Tages immer deutlicher: Nicht die großen Ketten, sondern vielmehr das Internet bereitet den Einzelhändlern Probleme. Viele klagen über Kunden, die sich erst ausführlich beraten lassen, um dann die Ware online zu bestellen.

Noch ist das Angebot an Fachgeschäften in Ahrensburg jedoch relativ gut. Die nächsten zwei Posten, eine Laubharke und eine Hundeleine, erledigen sich beinahe von selbst. Beim Hinaustreten aus Sport Motschnigg fällt Einkäufern sofort der gegenüberliegende Eisenwarenhändler Kretzschmann ins Auge.

Im Schaufenster und vor der Tür stehen Gartengeräte. "Dafür haben wir in Ahrensburg quasi ein Monopol", sagt Inhaber Klaus Lehmann, der vor 46 Jahren seine Ausbildung in dem Laden begann. "Kretzschmann hat vor 88 Jahren eröffnet und ist eines der ältesten Geschäfte in Ahrensburg." Die großen Baumärkte hätten den reinen Eisenwarenhandel jedoch irgendwann verdrängt. "Seitdem verkaufen wir auch Fahrräder", sagt Lehmann.

Direkt nebenan verkauft Nicole Klosterkötter Hundeleinen. "Wir führen vor allem Zubehör für den Hundesport", sagt die Inhaberin von Dogs Work. Das Geschäft lohne sich in Ahrensburg jedoch kaum. "Die Lage ist nicht optimal", sagt Nicole Klosterkötter. Deshalb zieht das Geschäft Anfang des kommenden Jahres nach Bargteheide um.

Bis dahin ist es anscheinend in der Innenstadt aber noch einfacher, Artikel für Hunde als für Kinder zu finden. Zumindest, was Schuhe angeht. Ein Geschäft ist nirgendwo zu sehen, auch gibt es für Ortsunkundige keine Übersicht, wo in der Innenstadt was zu finden ist.

Aber auch wer sich in Ahrensburg auskennt, sucht vergeblich nach Kinderschuhen. "In Ahrensburg gibt es kein solches Geschäft mehr", sagt Gaby Simon, die in der Awo Kinderkiste arbeitet. In dem versteckt liegenden Secondhand-Laden am Heinz-Beusen-Stieg gibt es gebrauchte Kinderschuhe. Im April hat das Geschäft eröffnet, 16 ehrenamtliche Mitarbeiter kümmern sich um den Verkauf. "Der Erfolg hat uns Recht gegeben", sagt Gaby Simon. Um neue Kinderschuhe zu kaufen, fährt sie selbst nach Schmalenbeck. "In den kleinen Läden bekommt man Beratung und die Füße werden vermessen. Das ist bei Kinderschuhen ganz wichtig."

Nach längerer Suche sind also auch Kinderschuhe in Ahrensburg erhältlich, allerdings gebraucht und dementsprechend in geringerer Auswahl. Ob es genauso schwierig ist, Männerbekleidung zu finden? Auf die Frage, welches Geschäft Krawatten verkaufe, kann eine Passantin Antwort geben: Herms Exclusive Herrenmode, der Eckladen an der Großen Straße, ist vielen Ahrensburgern bekannt.

"Das Geschäft gibt es schon seit 40 Jahren", sagt Inhaberin Ute Cuhls. Inzwischen verkauft sie allerdings auch Damenmode, geliefert unter anderem aus Paris. "Das reine Herrenmodengeschäft lohnt sich mehr", sagt Cuhls. Viele der Kunden von früher seien mittlerweile zu alt geworden. "Und die jungen Leute kaufen lieber im Internet."

Wie schon an der Manhagener Allee ist auch jetzt das nächste gesuchte Geschäft nicht weit. Weihnachtsdeko soll es sein, möglichst originell und hochwertig. Das Schaufenster von Alegria an der Rathausstraße ist gefüllt mit großen Weihnachtssternen, fein gearbeiteten Schnitzereien und bemalten Räuchermännchen. Vor allem die Holzkunst aus dem Erzgebirge sei nach wie vor sehr gefragt, sagt Inhaberin Christine Ernst. Auch, weil einige der Produkte sich mit der Zeit wandelten und etwa die Gesichter moderner gestaltet würden. "Andere Figuren bleiben ganz traditionell. Für diese Art von Dekoration muss man sonst nach Hamburg fahren", sagt Ernst.

Bei einem Blick in die Hagener Alle wird schnell deutlich, dass hier der nächste Punkt auf der Einkaufsliste abgehakt werden kann. Gleich zwei Buchhandlungen gibt es hier. Gabriele Niebuhr, Inhaberin der Buchhandlung Stojan, holt den Reiseführer für Istanbul aus dem Regal. "Den haben wir vorrätig. Sonst könnten wir ihn aber auch schnell bestellen", sagt sie freundlich.

Nur noch ein Posten steht auf der Einkaufsliste, gesucht wird eine Glühbirne für den Kühlschrank. Und: eine fachkundige Beratung für Laien. "Die haben wir in matt und klar", sagt Christian Giersdorf und sucht zügig die richtige Glühbirne heraus.

Clasen & Co an der Hamburger Straße hatte ein Passant empfohlen. "Wir haben alles von der kleinen Sicherung bis hin zu Großelektro", sagt Giersdorf. Einzige Ausnahme sei sogenannte braune Ware, also Unterhaltungselektronik. "Früher waren solche Geräte meist braun. Daher der Name", sagt Giersdorf. Diese Erläuterung gibt es übrigens gratis zu der Glühbirne.

Hinter allen zehn Punkten auf der Liste steht am Ende des Tages ein Haken. Fazit: In Ahrensburg kann man eigentlich alles beim Fachhändler kaufen. Einzig für Kinderschuhe muss man auf eines der Kettengeschäfte zurückgreifen oder außerhalb Ahrensburgs einkaufen. Alle anderen Geschäfte sind in unmittelbarer Nähe des Rondeels zu finden. Deutlich wurde bei dem Test jedoch auch eines: Viele Kunden möchten eine fachkundige und freundliche Beratung in Anspruch nehmen, aber offenbar längst nicht alle sind sich dabei ihrer Mitverantwortung bewusst.