Zwischen Tat und Prozess vergehen oft sechs Monate. Ein Gespräch mit Stormarner Jugendrichtern über den Bestseller von Kirsten Heisig.

Ahrensburg. "Wenn wir nicht rasch und konsequent handeln, wenn wir unsere Rechts- und Werteordnung nicht entschlossen durchsetzen, werden wir den Kampf gegen die Jugendkriminalität verlieren." Das ist ein Zitat aus der Feder der Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig, veröffentlicht in ihrem Buch "Das Ende der Geduld". Es sind Worte gleich einem Vermächtnis: Heisig hat sich Ende Juni, drei Wochen vor der Veröffentlichung des 200-seitigen Werks, das Leben genommen. Sie, die an Deutschlands größtem Amtsgericht Berlin-Tiergarten unter anderem für den Problemstadtteil Neukölln zuständig war, schreibt, immer brutalere Attacken Jugendlicher ohne jegliche Hemmschwellen seien ein Problem in Deutschland.

Sie beschreibt Karrieren von Intensivtätern, die sie Yilmaz oder Hussein nennt und deren Namen schon verdeutlichten: Die meisten der bei der Berliner Staatsanwaltschaft registrierten Intensivtäter haben ihrer Einschätzung nach einen Migrationshintergrund. Heisig fordert schnelles, konsequentes Durchgreifen der Justiz und plädiert für eine Vernetzung von Gerichten, Schulen und Jugendämtern.

Ob es nun ein gutes Buch ist oder nicht - es ist ein Bestseller, fast ständig vergriffen. Vielleicht hat der rätselhafte Freitod der Juristin die Leser neugierig gemacht. Die Regionalausgabe Stormarn des Hamburger Abendblattes hat zwei Exemplare ergattert und zwei Stormarner Jugendrichter gebeten, das Buch zu lesen und zum Anlass zu nehmen, über ihre Arbeit zu sprechen.

110 Minuten. So viel Zeit gibt der Dienstherr Ulf Thiele, 51, Richter in Ahrensburg, und Ute Schulze Hillert, 37, Richterin in Reinbek, um eine durchschnittliche Jugendstrafsache abzuwickeln. 110 Minuten von der ersten Akteneinsicht bis zur Rechtsbehelfsbelehrung nach dem Urteil. Oft vergehen von der Straftat bis zu einem Urteil sechs Monate. Das sei zu lange, kritisieren beide, die der Berliner Kollegin in diesem Punkt beipflichten. Sanktionen müssten schnell folgen. Ansonsten machen beide klar: Stormarn ist nicht Berlin-Neukölln.

Zusammengezählt verhandeln beide rund 350-mal im Jahr. Wie stellt sich Jugendkriminalität in Stormarn dar? Zwei ganz persönliche Einschätzungen.