Stormarn droht größte Firmenpleite seit Jahrzehnten. Gehen bei Jahnke die Lichter aus? Insolvenzverfahren wird eröffnet.

Trittau. Die traditionsreiche Möbel-Firma Jahnke steht vor dem Aus. Dem Insolvenzverwalter Gideon Böhm ist es bislang nicht gelungen, einen Käufer für den größten Trittauer Arbeitgeber zu finden. Damit sind 230 Arbeitsplätze in Gefahr. Ein Großteil der Beschäftigten wird nach Informationen der IG Metall schon vom kommenden Montag an keine Arbeit mehr haben. "Der Rest der Belegschaft wird dann die letzten Aufträge abarbeiten", sagt der Gewerkschaftssekretär Martin Geißler. "Findet sich kein Investor, ist Ende April wohl endgültig Schluss." "Gruselig" sei das, sagt Geißler. "Managementfehler" hätten das Desaster verursacht.

Der Insolvenzverwalter schreibt in einer Pressemitteilung: "Die Insolvenzmasse reicht nicht aus, um alle Löhne zu zahlen. Daher muss ein Teil der Belegschaft von der Arbeit freigestellt werden, sofern es nicht gelingt, eine Transfergesellschaft zu gründen." Das Insolvenzverfahren werde am 1. April eröffnet, so Böhm weiter.

Er will zusammen mit der Agentur für Arbeit möglichst rasch eine Transfergesellschaft für die Jahnke-Belegschaft gründen. "Aber bis zum 1. April ist das nicht zu schaffen", so Böhm in einem Gespräch mit der Stormarn-Ausgabe des Abendblatts. Wie viele der Mitarbeiter ab Montag "freigestellt" seien, könne er noch nicht sagen.

Sollte sich tatsächlich kein Investor mehr finden, stünde Stormarn vor der größten Firmenpleite seiner jüngeren Geschichte. Mit 230 Mitarbeitern zählt Jahnke zu den größeren Unternehmen im Kreis - es gibt hier nur 110 Betriebe mit mehr als 100 Arbeitskräften. In Trittau ist die Nachricht vom möglichen Ende des Familienunternehmens wie eine Bombe eingeschlagen. Bürgermeister Walter Nussel sagt: "Ich bin sehr überrascht über die aktuelle Entwicklung." Er wolle nun erst einmal Kontakt zum Insolvenzverwalter aufnehmen.

Das renommierte Unternehmen hat offenbar eine zu große Produktpalette gehabt. Zu viele verschiedene Musik-, Computer- und Büromöbel seien gefertigt worden, heißt es in der Branche. Letztlich habe Jahnke eine Kleinserienfertigung betrieben, Gewinn habe sich damit nicht machen lassen. Folge: Jahnke habe schon seit Jahren rote Zahlen geschrieben.

Die Firma ist das Werk von Alfred Jan Jahnke. 1966 hat er sie gegründet. Der heute 69-Jährige machte mit der Idee Furore, Drehgestelle für Sessel als TV-Ständer einzusetzen. Die Fernsehhersteller Nordmende und Blaupunkt wurden Großabnehmer dieser Ständer. Ihr Design prägte damals viele Wohnzimmer. Das ursprünglich in Hamburg beheimatete Unternehmen wuchs und wuchs, zog erst nach Barsbüttel, 1990 dann nach Trittau. In den besten Zeiten arbeiteten dort rund 500 Menschen, sogar über eine Erweiterung wurde nachgedacht.

Der Name Jahnke ist nicht zum ersten Mal in den Schlagzeilen zu finden. Vor zehn Jahren hatte Alfred Jan Jahnke versucht, das bekannte Hamburger Elektronikkaufhaus Brinkmann in der Spitalerstraße vor dem Konkurs zu retten. Der Gründer Ernst Brinkmann war Jahnkes Onkel. Der Rettungsversuch misslang. Im Juni 2002 schloss das Kaufhaus endgültig. Jahnke hatte bei der Firmenpleite nach eigenen Angaben einen zweistelligen Millionenbetrag verloren. Vielleicht war das der Anfang vom Ende - auch seines Lebenswerks. Der Gründer zog sich aus der Leitung des Trittauer Unternehmens zurück. Die Kinder übernahmen: Tanja Burmeister, 42, und Jan Jahnke, 40. Mit wenig Erfolg: Seit zwei Monaten hat der Insolvenzverwalter Gideon Böhm das Sagen in der Firma.

Er macht seine Sache offenbar gut. "Wir werden von ihm umfassend informiert", sagt Karin Andresen, die Vorsitzende des Betriebsrats. Sie hofft, dass es Böhm doch noch gelingt, einen Investor zu finden. Monika Schürmann, ebenfalls Mitglied des Betriebsrats, sagt: "Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich arbeite seit 17 Jahren bei Jahnke. Dass die Firma insolvent ist, tut mir nicht nur für mich und meinen Arbeitsplatz leid. Der Betrieb ist wie meine Familie. Ich verbringe hier mehr Zeit als mit meiner richtigen Familie. Das Betriebsklima ist jetzt dementsprechend schlecht. Wir schwanken zwischen Hoffnung und Verzweiflung."