Neun Stormarner Betriebe bieten das bundesweit einmalige Modellprojekt an. Angestellte Eltern können ihre Kinder kostenlos betreuen lassen.

Bad Oldesloe. Heute geht es los: Neun Stormarner Arbeitgeber garantieren ihren Mitarbeitern ab sofort eine für sie kostenlose Notfallbetreuung ihrer Kinder zu Hause. Mit diesem Angebot der neu gegründeten Stiftung Beruf und Familie ist Stormarn bundesweit Vorreiter. Birte Kruse-Gobrecht, die Geschäftsführerin der Stiftung und zugleich Stormarns Gleichstellungsbeauftragte, sagte bei der Vorstellung des Projekts: "Immer mehr Firmen sehen die Notwendigkeit, Familien zu unterstützen."

Die Situation, in denen der Notfallbetreuer einspringt, ist relativ klar beschreibbar. Mutter oder Vater stellen morgens fest, dass es dem Sohn oder Tochter nicht gut geht oder dass die reguläre Kinderbetreuung ausfällt. Zugleich steht in der Firma ein wichtiger Termin an, es ist nicht daran zu denken, zu Hause zu bleiben. Sandra Wehrend von der Sparkasse Holstein sagt: "Wir haben unsere Mitarbeiter befragt. Ergebnis war, dass ihnen ein Betriebskindergarten nicht so wichtig ist. Ganz oben auf der Wunschliste steht die Notfallbetreuung."

+++ Jahrespauschale richtet sich nach Zahl der Mitarbeiter +++

Die neun Stormarner Arbeitgeber sichern sich mit der Vertragsunterzeichnung ein Angebot, das bundesweit einmalig ist. Es gilt für Kinder bis zu 14 Jahren. Die Betreuer stehen montags bis freitags von 6 bis 19 Uhr bereit. Die Stiftung garantiert, dass sie zwei Stunden nach Anruf der Eltern vor Ort oder, falls das gewünscht wird, in der Firma sind. Organisiert wird die Elternhilfe vom Mehrgenerationenhaus Oase in Bad Oldesloe. Das hat für diesen Zweck bereits drei Betreuer eingestellt. "Sie haben eine Festanstellung und arbeiten in Teilzeit", sagt Andrea Kefrig-Blase vom Vorstand der Vereins Oase. "Es sind qualifizierte Betreuer mit großer Praxiserfahrung."

Die Firmen sehen in dem Vertrag mit der Stiftung Beruf und Familie auch die Chance, ihre Wettbewerbschancen zu verbessern. Sabine Knüppel, Personalleiterin der Basler AG in Ahrensburg, sagt: "Wir haben viele Mitarbeitern mit Kindern. Ich sage immer: Der demografische Wandel ist an unserer Firma völlig vorbeigegangen. Diese Notfallbetreuung ist ein Pfund, mit dem man wuchern kann, wenn es darum geht, Fachkräfte zu finden."

+++ Kommentar: Sozialpolitik von unten +++

Bei Basler geht es um Fachleute für Kamerasysteme, die von Computern gesteuert werden. Bei Jentsch geht es um Fachleute für Pflanzen, die von Menschenhand großgezogen werden. Kai Jentsch, Chef der Bargteheider Gärtnerei, sagt: "Bei uns arbeiten viele Mütter, und die sind natürlich in Sorge, wenn mit den Kindern etwas nicht in Ordnung ist. Und sie haben ein ungutes Gefühl, wenn sie jemanden bitten müssen, die Betreuung zu übernehmen. Dieses ungute Gefühl wollen wir ihnen nehmen." Floristin Ulrike Ebsen freut sich über das Engagement ihres Arbeitsgebers. Sie hat zwei Kinder im Alter von sieben und neun Jahren. "Eine Notfallbetreuung ist eine ganz tolle Hilfe", sagt sie.

Jentsch findet, dass noch mehr Einzelhändler das neue Angebot der Stiftung nutzen sollten. "Im Einzelhandel arbeiten nun mal viele Teilzeitkräfte, und die sind meistens weiblich. Und viele von ihnen sind Mütter. Gerade in diesem Bereich wird also die Hilfe gebraucht."

Die Gründer der Stiftung haben aber noch mehr vor. Die Notfallbetreuung für Kinder berufstätiger Eltern soll nur der erste Schritt sein. Im zweiten Schritt geht es um die Ferienzeiten - also um den Zeitraum, in dem so manch ein Kindergarten schließt. Für die Eltern stellt sich die Frage: Wohin mit dem Sohn oder der Tochter? Auf diese Frage will die Stiftung eine Antwort geben. "Wir hoffen, zu den Herbstferien mit einem Betreuungsangebot starten zu können", sagt Birte Kruse-Gobrecht.

Ende dieses Jahres soll es dann auch Hilfen für Berufstätige geben, die zu Hause einen Angehörigen pflegen. Die Stiftung Beruf und Familie hat sich viel vorgenommen.