Das Modellprojekt kostenlose Notfallbetreuung für berufstätige Eltern startet in Ahrensburg, Bad Oldesloe und Reinbek.

Ahrensburg. Was tun, wenn das Kind morgens plötzlich Magendrücken hat und nicht in die Schule will? Viele berufstätige Eltern haben dann nur noch die Wahl zwischen zwei unbefriedigenden Möglichkeiten: entweder zu Hause bleiben und dem Arbeitgeber absagen oder zur Arbeit fahren und dem Kind absagen - indem man es dennoch in die Schule bringt. So oder so bleibt das Gefühl zurück, etwas falsch gemacht zu haben. Wenn die Stormarner Firmen alles richtig machen, dürfte dieses Gefühl bald der Vergangenheit angehören. Noch im Frühjahr soll es, wenn es nach Plan läuft, in den drei großen Städten Ahrensburg, Bad Oldesloe und Reinbek eine für die Eltern kostenlose Kinder-Notfallbetreuung geben.

Initiator ist das Wissensnetz Nord, ein Zusammenschluss der staatlichen Wirtschaftsfördergesellschaften in Hamburg und Schleswig-Holstein sowie den Randkreisen. Stormarn hat dabei die Vorreiterrolle übernommen. Funktioniert die Notfallbetreuung hier, soll sie auch in den anderen Randkreisen und in Hamburg eingeführt werden.

Birte Kruse-Gobrecht hat in Stormarn die Aufgabe übernommen, den neuen Elternservice zu organisieren. Die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises hat eine Halbtagsstelle. Nebenbei arbeitet sie als selbstständige Beraterin. In dieser Funktion hat sie die Vorarbeit zum Start des neuen Angebots bereits geleistet. Für Dienstag, 31. Januar, ist die Gründungskonferenz anberaumt.

Dann werden auch die ersten "Mitspieler" bekannt gegeben: Firmen, die sich an dem Modellprojekt beteiligen. "Es soll sich ausschließlich über Unternehmen finanzieren", sagt Kruse-Gobrecht. Im Blick hat sie vor allem kleine und mittelständische Firmen. "Für die lohnt sich ein Betriebskindergarten nicht", sagt sie. Gerade für die kleineren Firmen sei es aber von Nachteil, wenn ein wichtiger Mitarbeiter wegen eines Problems mit dem Kind plötzlich und überraschend ausfalle. "Da gibt es häufig niemanden, der ein ähnliches Wissen hat und für den Kollegen einspringen kann", so Kruse-Gobrecht.

Am Tag eines entscheidenden Meetings könne ein Ausfall dazu führen, dass sich wichtige Entscheidungen um Monate verzögern würden. Die Frage ist also: "Was kostet es das Unternehmen, wenn ein Mitarbeiter nicht arbeiten kann? Und was kostet es, in einer solchen Situation eine Problemlösung in Form der Notfallbetreuung parat zu haben?"

Kruse-Gobrecht findet, dass mit dem Service die Wettbewerbsfähigkeit und die Mitarbeiterzufriedenheit verbessert werden können. In Zeiten einer weiter sinkenden Arbeitslosenquote und einer verstärkten Konkurrenz um Fachkräfte sei ein solches Betreuungsangebot etwas, mit dem eine Firma punkten könne.

Das Modellprojekt nutzt Erfahrungen, die im Emsland gemacht wurden. Dort gibt es schon sein längerem eine Notfallbetreuung. Sie wird von einer Stiftung getragen. Firmen zahlen dort etwa zehn Euro pro Mitarbeiter und Jahr. In Stormarn weicht die Organisationsform etwas ab, weil hier ein anderes Stiftungsrecht als in Niedersachsen gilt. Zunächst soll eine gemeinnützige GmbH gegründet werden, danach kommt eine Förderstiftung hinzu. Welche Kosten auf die Firmen zukommen, kann noch nicht präzise gesagt werden. Sicher ist, dass sich die finanzielle Beteiligung wie beim Emsländer Modell an der Zahl der Mitarbeiter bemisst.

Die Notfall-GmbH wird Tagespflegepersonen fest einstellen. Sie sollen drei Stützpunkte in Stormarn haben. Bei Bedarf kommen sie zu den Mitarbeitern nach Hause, um dort die Kinder zu betreuen. Das gilt zunächst nur bei Notfällen. Später soll das Projekt ausgeweitet werden. Die Hilfe könnte auch dann genutzt werden, wenn die Öffnungszeiten im Kindergarten von den Arbeitszeiten abweichen. "Wenn das Meeting in der Firma plötzlich länger dauert, weil Probleme aufgetaucht sind, dann brauchen wir jemanden, der den Sohn abholt und auf ihn aufpasst", nennt Kruse-Gobrecht ein Beispiel. Bei kleinen Kindern (bis drei Jahre) sei es möglicherweise sinnvoll, sie in solchen Fällen in der Firma zu betreuen. "Dafür müsste dort ein Raum eingerichtet werden", sagt sie. "Mama oder Papa könnten dann zwischendurch kurz nach dem Kind gucken und sich davon überzeugen, dass alles in Ordnung ist."

Die Kinderbetreuer sollen sich zunächst in den beteiligten Unternehmen vorstellen. "Selbstverständlich muss es auch eine Eingewöhnungszeit geben, wenn sie dann tatsächlich zum Einsatz kommen", sagt Kruse-Gobrecht. Also: Mutter oder Vater, Betreuer und Kind müssen schon ein bisschen Zeit gemeinsam verbringen, bevor die Arbeit in der Firma aufgenommen werden kann - leicht verspätet, aber ohne das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben.