Von Stormarner Unternehmen gegründete Stiftung soll im Notfall oder in Ferien Tagesmütter stellen. Frauenbeauftragte leitet Pilotprojekt.

Bad Oldesloe. Der Kreis Stormarn soll zum Herbst dieses Jahres eine Notfallbetreuung für Kinder bekommen. Das Pilotprojekt soll dazu beitragen, dass die Firmen auch in Zukunft für qualifizierte Arbeitnehmer interessant sind. Birte Kruse-Gobrecht, die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises, betont, wie wichtig eine zuverlässige Kinderbetreuung für Eltern ist. Auch vielen Arbeitgebern sei dies inzwischen bewusst.

Und darum startet sie in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft das Projekt "Notfall-, Ferien- und Randzeitbetreuung". Als erster Schritt soll ein Tagesmütter-Stützpunkt eingerichtet werden, in dem Betreuerinnen auf Abruf verfügbar sind. Falls nötig, soll gewährleistet sein, dass innerhalb von zwei Stunden jemand für das Kind da ist - entweder zu Hause, im Unternehmen oder in einem Familienzentrum.

Dieses Projekt ist initiiert vom Wissensnetz Nord - Metropolregion Hamburg, einem Zusammenschluss der Wirtschaftsförderungsgesellschaften der Kreise Stormarn, Dithmarschen, Steinburg, Pinneberg, Segeberg, des Landes Schleswig-Holstein und der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung. Der Zusammenschluss soll die Wettbewerbsfähigkeit der ansässigen Unternehmen steigern. "Dass die Betriebe familienfreundlicher werden, ist ein wichtiger Schritt", sagt Kruse-Gobrecht. "Die Kommunen können den Bedarf nicht decken."

Im Oktober vergangenen Jahres sprachen auf einer Fachtagung in Bad Oldesloe Politiker, Verwaltungsexperten und Firmenchefs über Familienfreundlichkeit. "Bei der Tagung wurde das Emsländer Modell vorgestellt, daran orientiert sich auch der Aufbau der Notfallbetreuung in Stormarn." Das bedeutet: Die Unternehmen sollen die Kinderbetreuung für ihre Mitarbeiter finanzieren. "Wie auch beim Emsländer Modell soll eine Stiftung gegründet werden. Diese würde den organisatorischen Teil übernehmen - die Firmen müssten sich bei Betreuungsbedarf nur melden, die Umsetzung geben sie an die Stiftung ab", sagt Kruse-Gobrecht. Bislang sei die Resonanz durchweg positiv, viele Firmen seien sehr interessiert.

Im Emsland funktioniert das Projekt bereits: Das Stiftungskapital der vom Landkreis und dem Wirtschaftsverband Emsland gegründeten Emsländischen Stiftung Beruf und Familie, eine Million Euro, kommt von den Unternehmen. Zusätzlich zahlen die Firmen einen Beitrag, der sich nach der Mitarbeiterzahl richtet. "Ein Unternehmen mit 200 Angestellten zahlt dort pro Jahr 2000 Euro. Nicht-Stifter oder -Förderer zahlen mehr", sagt Kruse-Gobrecht.

Alle Seiten würden profitieren. "Für die Firmen ist wichtig, dass der Laden läuft. Für die Beschäftigten ist wichtig, dass die Kinder gut betreut werden", sagt Kruse-Gobrecht. Ein Beispiel: "Wenn der Mitarbeiter zu einer Schulung möchte und die organisierte Kinderbetreuung krank wird, springt die Notfallbetreuung ein - der Mitarbeiter muss die Schulung nicht ausfallen lassen." Wie viele Stellen besetzt werden, kann Kruse-Gobrecht noch nicht sagen. Es soll aber sowohl fest angestellte als auch freiberufliche Betreuer geben. Damit die Eltern wissen, von wem ihre Kinder betreut werden, sollen die Tagesmütter in die Firmen gehen, um sich vorzustellen.

Neben ihrer Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte ist Birte Kruse-Gobrecht auch Projektleiterin. "Als Gleichstellungsbeauftragte bin ich für das Thema sensibilisiert, aber die Umsetzung geht über den Rahmen einer Gleichstellungsbeauftragten hinaus", sagt sie. Im Frühjahr bewarb sie sich dann als freie Beraterin für die Projektleitung. "Zusätzlich zu meiner Mediationsausbildung habe ich einen guten Überblick über die bereits bestehenden Strukturen im Kreis. Die sollen vom Projekt ja auch genutzt und ergänzt werden", sagt sie.

Im Emsland seien alle Tagesbetreuungsstützpunkte an Familienzentren angedockt. In Stormarn scheint zunächst die Zusammenarbeit mit der Oase (Oldesloer alternative soziale Einrichtung) wahrscheinlich. "Wir sind konzeptionell sehr eng im Gespräch", sagt Kruse-Gobrecht. Über den Sommer soll nun das Detailkonzept erstellt und mit Unternehmen, Tagesmüttern und möglichen Trägern gesprochen werden. Im Herbst soll es die ersten Notfallbetreuungsangebote geben, das Gesamtprojekt soll ein Jahr später umgesetzt sein.