Integration

In Stormarn ein neues Zuhause gefunden

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Juliane Minow
Omid Walizada ist Anlagenmechaniker bei der Firma Klenke  in Ahrensburg.

Omid Walizada ist Anlagenmechaniker bei der Firma Klenke in Ahrensburg.

Foto: Juliane Minow

Omid Walizada, Avin Mustafa und Reza Housseini kamen 2015 nach Deutschland. Mittlerweile sind sie erfolgreich ins Berufsleben gestartet.

Ahrensburg/Reinbek.  Sie mussten ihre Heimat zurücklassen und sich in einem fremden Land zurechtfinden: Was momentan unzählige Geflüchtete aus der Ukraine erleben, haben Omid Walizada, Avin Mustafa und Reza Housseini so ähnlich bereits vor knapp sieben Jahren durchgemacht. 2015 kamen sie aus Syrien, Afghanistan und dem Iran als Geflüchtete nach Deutschland. Seitdem ist viel passiert. Mittlerweile haben sie Schulabschlüsse absolviert und sind erfolgreich ins Berufsleben eingestiegen. Alle besuchten die Berufliche Schule des Kreises Stormarn in Ahrensburg und wurden von ihren Ausbildungsbetrieben übernommen.

Wer erfahren möchte, was Reza Housseini seit seiner Ankunft aus dem Iran schon alles erreicht hat, der muss ein bisschen bohren. Zurückhaltend ist der 23-Jährige, und vor allem: Sehr bescheiden. Dass er für seine hervorragenden Ausbildungsleistungen einen Preis der Erwin-Baer-Stiftung gewonnen hat, durch seine Schullaufbahn bis hin zum Fachabitur mühelos durchspaziert ist und in seinem Wohnort Bergedorf ehrenamtlich zwei Volleyballmannschaften trainiert, erfährt man erst, wenn man ganz genau nachfragt. Doch dann wird klar: Der Lebenslauf des Iraners kann sich sehen lassen.

Ein Ehepaar nahm Reza Housseini auf

Im Oktober 2015 kam Housseini ohne seine Familie nach Schleswig-Holstein. Er wohnte zunächst im Herzogtum Lauenburg, ging in Mölln zur Schule, lernte Deutsch. „Ich fand die Sprache leicht zu lernen, weil man viel so schreibt, wie man spricht“, sagt Housseini. Nur die grammatischen Geschlechter bereiten ihm manchmal Kopfschmerzen. Bevor er in seine eigene Wohnung zog, nahm ihn ein Ehepaar auf, das Söhne in seinem Alter hat. „Das half mir sehr dabei, Deutsch zu lernen“, sagt er.

Nach seinem ersten allgemeinbildenden Schulabschluss suchte er einen Ausbildungsplatz, wurde bei Edeka in Reinbek fündig. Er lernte den Beruf des Verkäufers, wurde dann Einzelhandelskaufmann. Nebenbei machte er noch sein Fachabitur. Für seine hervorragenden Ausbildungsleistungen wurde er mit einem Preis der Erwin-Baer-Stiftung ausgezeichnet. Im Moment braucht er eine Pause vom Lernen. Für die Zukunft kann er sich vorstellen, ein Studium im IT-Bereich aufzunehmen.

Volleyball und Feuerwehr als Hobbys gefunden

Doch zum Glück besteht das Leben nicht nur aus Lernen und Arbeiten: Im Volleyball fand Housseini seinen Lieblingssport. „Ich habe das schon als kleiner Junge im Iran gemacht“, sagt er. „Man springt, rennt und kann sich gut auspowern“, so der 23-Jährige, der bei der TSG Bergedorf spielt.

Was für Housseini Volleyball ist, ist für Omid Walizada die Feuerwehr. Der 22-Jährige kam mit 16 Jahren aus Afghanistan nach Deutschland. „Ich bin ohne meine Familie hier. Am Anfang war das schwierig. Ich hatte alles verloren und war in einer anderen Welt mit einer anderen Kultur und anderen Menschen. Damit musste ich erst einmal klarkommen. Aber wenn man will, kann man es schaffen“, so Walizada. Dankbar ist der Afghane für die Unterstützung, die er erfahren hat. Ein kinderloses Paar nahm in bei sich auf. Er lernte sie kennen, als er mit ihrem Hund spazieren ging. „Heute sind sie wie meine Eltern“, sagt er.

Omid Walizada möchte etwas zurückgeben

Seit 2018 ist er in seinem Wohnort bei der Freiwilligen Feuerwehr Klein Hansdorf/Timmerhorn aktiv, machte erst die Grundausbildung, dann eine Funkausbildung, hat sich kürzlich für die Ausbildung zum Atemschutzgeräteträger gemeldet. „Ich bin zur Feuerwehr gegangen, weil ich etwas zurückgeben möchte. Ich habe so viel bekommen. Das ist meine Art, Danke zu sagen,“, sagt Walizada. „Es macht viel Spaß, mit den Kameraden zusammen zu sein und Menschen zu helfen“, sagt er.

Wenn er nicht gerade für die Feuerwehr unterwegs ist, arbeitet er als Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik bei der Firma Kleinke. Diese Entscheidung kam nicht von ungefähr: „In meiner Heimat habe ich immer gefroren, weil es so kalt war. Deshalb habe ich mich für einen Beruf entschieden, bei dem ich es warm habe.“

Avin Mustafa ist medizinische Fachangestellte

Eine Sache jedenfalls hat er mit Avin Mustafa gemeinsam: Die Arbeit macht ihnen großen Spaß. Die Syrerin ist medizinische Fachangestellte bei der internistischen, kardiologischen und gastroenterologischen Gemeinschaftspraxis Dr. Färber in Ahrensburg. Sie kam mit ihrer Familie nach Deutschland. Eines ist ihr besonders wichtig zu sagen: „Ich bin allen Menschen, die mir in Deutschland geholfen haben, unglaublich dankbar.“ Ihr besonderer Dank gilt der Flüchtlingshelferin Karin Boß. Nicht nur privat, auch beruflich hat sie Unterstützung erfahren: „Die Ärzte in meiner Praxis sind super nett, haben mir viel Zeit gegeben, immer geholfen und alles erklärt, auch, wenn ich mehrmals nachfragen musste.“ Mustafa nimmt Telefongespräche entgegen, erklärt Magen- und Darmspiegelungen, nimmt Blut ab. „Es macht mir viel Spaß, Menschen zu helfen“, sagt sie.

Privat spielt Avin Mustafa Gitarre, machte einen Nähkurs und eine Jugendleiterausbildung. „Dadurch habe ich viele deutsche Freunde gefunden“, sagt die 22-Jährige. Mittlerweile steht die junge Frau auf eigenen Beinen, hat eine eigene Wohnung, macht gerade ihren Führerschein. Ein Auto, einen kleinen Golf, hat sie schon. Was ihr in Deutschland am meisten gefällt? „Dass ich sicher bin und frei meine Meinung sagen darf, ohne Angst haben zu müssen. Das gab es in meiner Heimat nicht.“

Auch wenn die Zeiten manchmal schwierig waren, fühlen alle drei sich in Deutschland mittlerweile so richtig zu Hause. Gut integriert sind sie schon. Damit das Ganze auch amtlich wird, haben sie Einbürgerungsanträge gestellt. Wenn alles gut läuft, sind sie in ein paar Monaten auch auf dem Papier ganz offiziell deutsche Staatsbürger.

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