Dieter Kanzelmeyer erhält Unterstützung für seine Forderung, die Deutsche Bank müsse zerschlagen werden

Stade. Stades Sparkassenvorstand Dieter Kanzelmeyer erhält Rückendeckung für seine öffentlich geäußerte Kritik an der Deutschen Bank und den von der EU geplanten Maßnahmen zur Bankenregulierung. Mehrere Politiker und Bankenmanager aus dem Landkreis Stade erklärten gegenüber dem Abendblatt, dass die Kritik Kanzelmeyers vollkommen gerechtfertigt sei. Der Chef der Sparkasse Stade-Altes Land hatte kritisiert, dass die Sparkassen und Genossenschaftsbanken nach den Plänen der EU für die finanziellen Verfehlungen der Privatbanken künftig mit geradestehen sollen. Er hatte in diesem Zusammenhang eine Zerschlagung von großen Finanzinstituten wie der Deutschen Bank gefordert.

"Ich kann voll unterschreiben, was Dieter Kanzelmeyer gesagt hat", sagt Hans-Hinrich Koppelmann, Vorstandschef der Volksbank Geest. Er sagt, er sehe wie Ex-IWF-Chefökonom Simon Johnson in dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Josef Ackermann, einen der "gefährlichsten Bankenmanager der Welt" und bezeichnet dessen Geschäfte als hoch riskant. "Für den Bankenmarkt wäre es gut, wenn die Deutsche Bank in die Schranken gewiesen wird und weniger politischen und wirtschaftlichen Einfluss hätte." Auch Michael Carstens vom Vorstand der Kreissparkasse Stade findet die Kritik gerechtfertigt. "Im Grunde hat Herr Kanzelmeyer recht. Ob die Bank aber zerschlagen werden muss, bezweifle ich ein wenig. Es gibt auch andere Optionen als eine Zerschlagung, wie etwa ein Aufsplitten solch großer Banken."

Ähnlich sieht es Hans Jarck, Bürgermeister der Samtgemeinde Lühe, die an der Sparkasse Stade-Altes Land beteiligt ist. "Ich kann Herrn Kanzelmeyer nur beipflichten und seine Forderung, Großbanken zu zerschlagen, in gewisser Weise verstehen. Die Krise wurde ja nicht von den Sparkassen hervorgerufen. Dass diese jetzt für die Fehler der Großbanken geradestehen sollen, ist nicht in Ordnung", sagt Jarck.

Auch Dirk Kraska, Erster Stadtrat der Hansestadt Stade, kann den Ärger über die Privatbanken und den EU-Fonds nachvollziehen. Das eigentliche Problem sieht er aber nicht in der Existenz der Deutschen Bank, sondern in der mangelhaften Sichtweise der EU. "Die hat eine unpraktikable Lösung präsentiert, indem sie alle Kreditinstitute in einen Topf geworfen hat. Dass sich die Sparkassen und Genossenschaftsbanken nun beschweren, ist da nur verständlich", so Kraska.

Jörg Drexler, Prokurist der Volksbank Stade-Cuxhaven, und Andreas Sommer, Sprecher der Sparkasse Harburg-Buxtehude, sehen die Sache differenzierter. Sie halten das bisherige Drei-Säulen-System des deutschen Finanzmarktes aus Sparkassen und Genossenschaftsbanken als erster Säule und Privatbanken und Landesbanken als zweiter und dritter Säule weiterhin für sinnvoll. "Das System hat sich trotz der Finanzkrise grundsätzlich bewährt", sagt Drexler. Die Großbanken hätten eine Bedeutung für den Markt, gerade wenn es um die Finanzierung von Großprojekten gehe.

Das sieht erwartungsgemäß auch die von Kanzelmeyer so heftig kritisierte Deutsche Bank so. "Gerade für die exportorientierte Hamburger Wirtschaft ist eine international tätige Bank wichtig, welche die rund um den Globus erfolgreich tätigen deutschen Unternehmen angemessen begleiten kann", sagt Anke Veil, Pressesprecherin der Deutschen Bank. Kanzelmeyers Forderung nach einer Zerschlagung der Deutschen Bank wollte sie gegenüber dem Abendblatt aber nicht weiter kommentieren.

Laut Drexler und Sommer stelle sich trotz des Bedarfes großer Privatbanken generell die Frage, ob der Steuerzahler für die Verfehlungen der Großbanken geradestehen sollten. Sie sind dagegen, die Sparkassen und Volksbanken heranzuziehen, um die Fehlspekulationen der Großbanken auszugleichen. "Was da geplant ist, ist ein Schröpfen bei denen, die noch Geld haben, das sie seriös und umsichtig erwirtschaftet haben. Das geht nicht", so Drexler.

Es dürfe auch nicht sein, dass ein Institut als wirtschaftlich zu groß angesehen wird, als dass es definitiv gerettet werden müsse. "Wenn sich eine Bank verspekuliert, dann muss sie damit leben und der Markt muss das alleine regeln." Es dürfe keine Freibriefe für Misswirtschaft geben, auch nicht etwa in Form von Rettungsfonds, die die Nicht-Privatbanken schultern sollen. Das sei moralisch falsch.

"Wir haben bei den Genossenschaftsbanken seit 80 Jahren einen eigenen Rettungsschirm, der funktioniert. Wir stehen für unsere Arbeit gerade. Wenn nun Angela Merkel und die EU uns das Geld entziehen, ist das nicht nachvollziehbar. Uns fehlt dieses Geld dann, um Projekte in der Region zu finanzieren. Das ist eine Riesensauerei", so Drexler. Kreissparkassenvorstand Carstens sieht es ähnlich. "Pro Jahr eine halbe Million Euro abdrücken zu müssen, das schmerzt. Am Ende müssen die Verbraucher die Zeche zahlen."

Den Sinn der von der EU anvisierten Rücklagenbildung bezweifelt auch Koppelmann: "Wir kommen im Bankenbereich allmählich zu monopolistischen Strukturen. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken halten noch dagegen, aber die Lage wird brisanter". Die Deutsche Bank habe etwa die Postbank gekauft. "Das war bestimmt nicht deren letzter Deal", so der Volksbank-Chef. Sollte die Deutsche Bank einmal kollabieren, würde das Geld der geplanten EU-Einlagensicherung nicht ansatzweise reichen, um die Deutsche Bank zu retten, da diese derzeit nur über vier Prozent Eigenkapital verfüge.

Rückendeckung bekommt Sparkassenchef Kanzelmeyer übrigens auch von ungewohnter politischer Seite: Der Stader Linken-Politiker Benjamin Koch-Böhnke lobt den Sparkassenvorstand für seinen "Mut" und sagt, er würde sich auch von anderen eine "ähnliche Weitsicht" wünschen.