Der Landkreis hat einen neuartigen Blitzer angeschafft. Schnelle Autofahrer merken künftig nicht mehr sofort, wenn sie erwischt werden.

Stade. 16 Tote, 140 Schwerverletzte und etwa 1000 Verletzte - das ist die Bilanz der Verkehrsunfälle im Landkreis Stade für das Jahr 2010. Der größte Teil dieser traurigen Zahlen geht laut Landrat Michael Roesberg auf das Konto von Rasern. "Diese erschreckenden Zahlen sind Grund genug, die Geschwindigkeit auf den Straßen im Landkreis zu kontrollieren", sagt der Landrat. Und diese Kontrollen sollen nun besser und zuverlässiger werden.

Mit neuer Technik will der Landkreis den Verkehrssündern künftig zuleibe rücken. Das Verkehrsamt hat jetzt einen neuen Überwachungswagen mitsamt einer digitalen Lasermessanlage vom Typ "Leivtec XV3" erhalten. Der graublaue VW-Caddy, der den in die Jahre gekommenen Opel Zafira ablösen soll, hat den Kreis 20 000 Euro gekostet. In ihm wird das Überwachungsgerät künftig verstaut. Die neue Messanlage kostet, inklusive Personalschulung und Software, 45 00 Euro und ist damit laut Verkehrsamtsleiter Thomas Sick nicht teurer als bisherige Geschwindigkeitsüberwachungsgeräte.

"Der größte Vorteil gegenüber der herkömmlichen Infrarot-Technik besteht darin, dass die neuen Geräte deutlich zuverlässiger sind. Sie sind gerichtssicher", so Sick. Der Sicherheitsnachweis für die alte Technik wurde zunehmend komplizierter vor Gericht. Gewiefte Anwälte hätten immer neue Schlupflöcher gesucht, um einen Bußgeldbescheid oder den Einzug des Führerscheins ihrer Mandanten vor Gericht abzuwenden. Das werde nun nicht mehr möglich sein. "Die Technik hat sich vier Jahre lang in anderen Landkreisen bewährt und sie wird auch hier gute Dienste leisten", sagt Sick.

Doch noch ein anderer Aspekt wird anders sein als bisher: Der neue Blitzer blitzt nicht. Er kann tagsüber dank der modernen Technik auch ohne ein zusätzliches Blitzlicht die Autofahrer einwandfrei fotografieren. Die Autofahrer merken somit nicht, ob sie wegen zu schnellen Fahrens geblitzt wurden oder nicht. Das erfahren sie erst später, wenn ein Anhörungsbogen per Post zu Hause eintrudelt.

Die in dem Apparat benutzte Technik ähnelt der einer digitalen Spiegelreflexkamera. Ein Objektiv wird je nach Lichtsituation passend eingestellt, den Rest erledigen der Bildsensor und die zugehörige Software fast von alleine. Nur nachts werde künftig noch ein zusätzlicher Blitz benötigt. "Der Ausschuss ist mit der neuen Technik viel geringer als früher", sagt der Verkehrsamtsleiter. Dass auf digitale Technik umgestellt wird, hat aber nicht nur damit zu tun, sondern auch mit der Tatsache, dass für die klassischen Infrarot-Kameras bald keine Filme mehr hergestellt würden. Von daher sei laut Sick die technische Umrüstung ohnehin nur eine Frage der Zeit gewesen.

Die neue Anlage kann innerhalb von zehn Minuten auf- und abgebaut werden. Sie kann in gefährlichen Kurven und auch vor Schulen gezielt eingesetzt werden, da eine komplizierte Einmessung des Gerätes entfällt und die kleine Radaranlage abseits des Wagens aufgestellt werden kann. "Das konnten wir mit der alten Technik nicht, deshalb war eine Geschwindigkeitsüberwachung vor Gebäuden wie Schulen früher immer ein Problem für uns", sagt Thomas Sick.

Der Landrat betont, dass es dem Kreis nicht darum gehe, mit den Radaranlagen eine Abzocke zu betreiben. "Es geht uns darum, Raser zu stoppen und das geht leider nur mit Geschwindigkeitsüberwachungen", sagt Roesberg. So wie etwa in Bokel.

Dort wurde ein Autofahrer geblitzt, der mit 160 statt den erlaubten 60 km/h unterwegs war. Laut dem Verkehrsamt gebe es jede Woche mindestens einen Fahrer, der innerorts mit 100 Kilometern pro Stunde erwischt werde. "Wir registrieren mehr als 5000 Schnellfahrer im Monat, das ist zuviel. Ich bin nach wie vor über die teils irrsinnige Raserei im Landkreis erschrocken", sagt Roesberg. Die Dunkelziffer der Raser - sie ist um ein Vielfaches höher, denn die beiden mobilen Blitzer des Kreises haben lediglich 530 000 Fahrzeuge im Jahr 2010 gemessen - ein Bruchteil dessen, was tagtäglich über die Straßen des Kreises fährt.

19 000 Geschwindigkeitsverstöße wurden mit den mobilen Blitzern festgestellt und 15 000 Verwarngelder wegen überhöhter Geschwindigkeit (bis 20 km/h über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit) ausgesprochen. Dazu kamen 4000 Bußgelder (mehr als 20 km/h zu schnell) und 400 Fahrverbote. Gegen 200 Fahrverbote wurde Einspruch eingelegt. 700 000 Euro Buß- und Verwarngelder (2009: 600 000 Euro) wurden verhängt.

An den zehn stationären Blitzern wurden elf Millionen Autos gemessen. 36 000 Mal hat es dabei geblitzt. Hier gab es 26 500 Verwarngelder, 9500 Bußgelder und 700 Fahrverbote. Gegen 400 Verbote wurde Einspruch eingelegt. Die Buß- und Verwarngelder betrugen 1,6 Millionen Euro.