Mehrheit im Verband will keine Bewerbung bei der Unesco. Bürgermeister Rolf Lühmann hofft noch auf ein Einlenken

Jork/Steinkirchen. Äpfel sind das Markenzeichen des Alten Landes. Geht es nach dem Willen vieler Bürger der Region, soll eines Tages das besondere Gütesiegel "Welterbe Altes Land" zeigen, dass die Früchte aus einer Landschaft stammen, die von der Unesco zum Weltkulturerbe ernannt wurde. Und zwar in einer ganz neuen Kategorie: der sogenannten Dynamischen Kulturlandschaft.

Doch nun haben sich ausgerechnet die Apfelerzeuger, nämlich die Altländer Obstbauern, gegen eine Bewerbung um die Aufnahme auf die Welterbe-Liste der Unesco ausgesprochen. Das Votum fiel mit einer klaren Mehrheit von 39 zu 17 Stimmen auf der jüngsten Gebietsversammlung des Berufsverbandes der Altländer Obstbauern. Zahlreiche der 60 Teilnehmer brachten ihre Ablehnung und Sorgen um mögliche Nachteile einer Aufnahme in das Weltkulturerbe zum Ausdruck.

"Die Diskussionen um Pro und Contras Welterberbe waren sehr leidenschaftlich", sagt Bernd Eckhoff vom Landvolk Niedersachsen im Kreisbauernverband Stade. "Die Mehrheit der Obstbauern sieht im Welterbestatus keinen Vorteil für den Obstbau in der Region." Im Gegenteil, man wisse nicht, ob eine solche Entwicklung die Obstbauern langfristig in ein "Korsett" von Nachteilen pressen würde. Zudem müsse man nicht "auf jeden Zug aufspringen", so Eckhoff zum Tenor der Diskussionen.

Dies bestätigt der erneut als Vorstand der Altländer Obstbauern wiedergewählte Gerd Beckmann. "Wir brauchen kein zusätzliches Gremium, das uns möglicherweise noch mehr Vorschriften macht und unsere betriebliche Entscheidungsfreiheiten einschränkt." Der Hollerner Obstbauer sieht schon jetzt in den Gremien vor Ort und beim Landkreis zu viele Kleinstreitigkeiten, wenn es um die Kriterien einer Bewerbung um das Welterbe Altes Land geht. "Wir werden mit Äpfeln, die das Label Welterbe tragen nicht erfolgreicher sein, als bisher", sagt Beckmann.

Obstbauern, die neben der Obsterzeugung auch im Tourismus aktiv sind, Ferienwohnungen und Hofläden haben, sähen das anders, aber reine Obstproduzenten hätten mit dem Welterbe nichts am Hut.

"In der Frage gibt es zu viele Stimmen und zu viel Meinungsmache. Das fängt schon bei einfachen Baufragen an, oder beim Thema, wie breit die Abstände der Gräben sein sollen. Da hört man Stimmen, die nicht im Sinne des Weltkulturerbes sind. Wir haben die Sorge, dass wir Bauern bevormundet werden", sagt Beckmann.

Verein will sich von den Obstbauern nicht entmutigen lassen

Ganz anders sieht das Kerstin Hintz, Vorsitzende des "Vereins zur Anerkennung des Alten Landes zum Welterbe der Unesco". Seit 1999 setzt sie sich mit einem Heer von Mitstreitern für das große Ziel ein.

Das Engagement habe durchaus auch wirtschaftliche Hintergründe, so Hintz. "Wir könnten unser Obst dann auf einem höheren Niveau vermarkten. Und auch für die weitere Entwicklung des Alten Landes als Urlaubsgebiet wäre eine Aufnahme ins Weltkulturerbe die beste Voraussetzung." Rund 50 Vereinsmitglieder engagieren sich, um das komplizierte Anerkennungsverfahren zu bewältigen. Das Votum der Obstbauern bedauert Kerstin Hintz, zumal es derzeit nur darum ging, "den Weg der Bewerbung positiv zu begleiten", wie Kerstin Hintz sagt.

"Die Obstbauern aus der Hamburger Region, der Dritten Meile Altes Land unterstützen uns da mit ganz anderen Sichtweisen. Zudem besteht das Alte Land nicht nur aus Obstbauern. Gemeinsam mit Politikern wollen wir konsequent weiter an unserem Ziel festhalten", bekräftigt Hintz. Zudem sei sie nicht überrascht gewesen, da aus diesem Gremium des Kreisbauernverbandes wiederholt Ablehnung signalisiert wurde, so Hintz. "Damit zeigen diese Obstbauern, dass sie wenig Weitsichtigkeit haben, einfach nicht über den Tellerrand gucken", sagt die Altländerin. "Da wird eine Sache nach zehn Jahren des Verschiebens endlich auf die Tagesordnung gesetzt und schon im Kleinen erstickt."

Sie sieht sich auf dem Weg zu einer Bewerbung um das Welterbe Altes Land allerdings von Institutionen wie "Elbe Obst" oder dem Vorstand des Obstbauversuchsringes Jork unterstützt. "Es geht nicht gegen den Obstbau, sondern um Perspektiven für die Attraktivität unserer Region", betont sie.

Diesem Aspekt pflichtet auch Jorks Bürgermeister Rolf Lühmann bei: "Es ist wichtig zu erkennen, wo wir leben und was wir hier haben", sagt der Verwaltungschef. Die Ablehnung bedauert auch er: "Es ist sehr schade, dass jetzt so ein Abstimmungsergebnis im Raum steht. Ich bin sehr überrascht, dass die Stimmung gekippt ist. Wir hatten bislang viele positive Signale und ich hoffe, dass in dieser Sache noch nicht das letzte Wort gesprochen ist."

Lühmann will mit seinem Amtskollegen in der Samtgemeinde Lühe, Hans Jarck, jetzt das weitere Vorgehen abstimmen. Denn natürlich müssen die Menschen der Region voll dahinter stehen, solch ein Unterfangen zu stemmen", sagt Lühmann.