Ein Verein setzt sich für die Aufnahme des Landstrichs auf die Liste der Unesco ein. In dem Antrag geht es um die besondere Siedlungskultur.

Jork/Steinkirchen. Die Altländer Äpfel sind das Markenzeichen der Region. Geht es nach dem Willen vieler Anwohner, sollen sie eines Tages mit dem besonderen Qualitätsmerkmal versehen sein, aus einer Landschaft zu stammen, die von der Unesco zum Weltkulturerbe ernannt wurde. Und zwarin einer ganz neuen Kategorie: der sogenannten Dynamischen Kulturlandschaft.

Für das große Ziel setzt sich die Gruppe mit dem langen Titel "Verein zur Anerkennung des Alten Landes zum Welterbe der Unesco" ein. Das Engagement hat auch wirtschaftliche Hintergründe, wie die Vereinsvorsitzende Kerstin Hintz erklärt: "Wir könnten unser Obst dann auf einem höheren Niveau vermarkten. Und auch für die weitere Entwicklung des Alten Landes als Urlaubsgebiet wäre eine Aufnahme ins Weltkulturerbe beste Voraussetzung."

Rund 50 Vereinsmitglieder engagieren sich, um das komplizierte Anerkennungsverfahren zu bewältigen. "Das Alte Land wurde wegen seiner herausragenden Bedeutung für die europäische serielle Hollerkolonisation für das Verfahren angemeldet", sagt Hintz. Dabei seien nicht einzelne historische Häuser das wesentliche Kriterium, sondern die gesamte Entwicklung der maritimen Landschaft an der Elbe mit ihren Obsthöfen, Kirchen, Orgeln und geschichtsträchtigen Orten.

Die Hollerkolonisation begann um das Jahr 1130 bei Hollern. Nach zehn Jahren war die Landschaft bis zur Lühe als "Erste Meile" bevölkert. Zwischen den Jahren 1196 und 1197 kolonisierten die Holländer die "Zweite Meile" bis zur Este. Bis 1230 war auch die "Dritte Meile" urbar gemacht.

Mit Deichen und Gräben, die im Alten Land Wettern und Fleete heißen, wurde das Land systematisch erschlossen. Holländische Siedler brachten notwendige Wasserbautechniken mit, die sie selbst schon im eigenen Land erfolgreich angewandt hatten. Das Land wurde mit parallel gezogenen Gräben entwässert, die heute noch typisch für das Alte Land sind.

Die Voraussetzungen zur Aufnahme als Weltkulturerbe sind dank noch vieler erhaltener Altländer Siedlungsstrukturen Erfolg versprechend, so Hintz. Natürlich habe man in den 70er-Jahren, dem Zeitgeist gemäß und weil man es sich "leisten konnte", Altes entfernt und stattdessen moderne Häuser gebaut. "Vielleicht war es vor 30 Jahren vielen Altländern nicht bewusst, welche Werte sie hatten. Man merkt erst, was es für Kostbarkeiten waren, wenn sie verloren sind", sagt Kerstin Hintz. Sie betont: "Heute erkennt man, dass es falsch war, und geht sensibler mit der Altländer Baukultur um." So gebe in den meisten Gemeinden Gestaltungssatzungen, die ausgewählte Kernzonen und historische Bereiche besser schützen.

Gleichwohl gehe es bei der Bewerbung um den Welterbe-Titel nicht primär um verlorene historische Hofanlagen oder klotzige Architektur aus den 70er- und 80er-Jahren. Schließlich bewerbe man sich in jener neuen Kategorie "Dynamische Kulturlandschaft", die Bewegungen und Veränderungen einschließe und erlaube. "Die Altländer Bauern sind auf wirtschaftliche Erträge im Obstbau angewiesen, er trägt, pflegt und prägt den Kulturraum. Um auch in Zukunft rentabel zu bestehen, müssen Veränderungen auch auf historischen Obsthöfen zugelassen werden", argumentiert Hintz. Ob moderne Kühlhäuser oder Veränderungen beim Apfelanbau, all das sei zum Erhalt der Altländer Obstbaukultur notwendig. Man müsse Neues möglichst harmonisch einfügen.

Das Alte Land, sagt Hintz, sei kein monumentales Kulturerbe wie der Kölner Dom oder die Fachwerkhäuser in Quedlinburg. "Die Region lebt als dynamische Kulturlandschaft. Dem tragen die Anträge für eine Aufnahme ins Weltkulturerbe Rechnung."

Die Anträge werden zunächst an die Kultusministerkonferenz des Landes Niedersachsen gestellt, dann wird ein Nominierungsdossier erarbeitet, das in Paris beim internationalen Komitee für Kulturlandschaft und Baudenkmale der Unesco eingereicht wird. Zurzeit erstellt eine Arbeitsgruppe eine "Länderübergreifende Kulturlandschaftsanalyse Altes Land". Denn das Alte Land ist, wie auch Gebiete in Polen, in einen europäischen Prozess der Hollerkolonisation eingeschlossen, der von den Niederlanden ausging. Gemeinsam mit anderen Regionen, so Kerstin Hintz, strebe man nun für alle diese Gebiete eine Aufnahme als gesamteuropäisches Kulturerbe bei der Unesco an.