Heike Vollmers und Henning Münnecke haben die Grünen verlassen. Die Parteibücher waren ihnen beruflich im Weg.

Stade/Buxtehude. Die Grünen sind auf dem besten Wege, eine echte Volkspartei zu werden. Besonders im Landkreis Stade: Denn dort laufen der Ökopartei, ganz wie den sogenannten großen Parteien SPD und CDU, zurzeit die Mitglieder davon. Während die Genossen und die Christdemokraten allerdings leise und stetig immer weniger werden, sind es bei den Grünen eher die Rücktritte einzelner, prominenter Mitglieder, die ihnen Kopfzerbrechen bereiten. Diese sind dafür umso medienwirksamer.

Der erste Schlag traf die Grünen im November des vergangenen Jahres, als das Stader Ratsmitglied Henning Münnecke aus der Partei austrat. Von der Grünen-Ratsfraktion wechselte er ins Lager der CDU. Münneckes Lebenspartnerin, die Buxtehuder Fraktionsvorsitzende Heike Vollmers, die auch ein Mandat im Kreistag hat, ist jetzt nachgezogen. Sie trat ebenfalls bei den Grünen aus, betont allerdings, dass sie fortan parteilos bleiben möchte.

Ob sie trotzdem weiterhin Mitglied der Grünen-Fraktionen im Stader Kreistag und im Buxtehuder Rat bleiben kann, ist zurzeit noch unklar. Sicher ist jedoch, dass Heike Vollmers ihre politische Karriere im Herbst vorerst beenden wird: "Ich werde bei der kommenden Kommunalwahl nicht mehr antreten", sagte die Politikerin gegenüber dem Abendblatt.

Die Motive der 42-Jährigen, ihrer Partei nach sieben Jahren Mitgliedschaft den Rücken zu kehren, sind ähnlich wie jene Münneckes, der nach immerhin 20 Jahren Mitgliedschaft hinwarf. Vollmers sagt, sie habe sich an den wirtschaftspolitischen Positionen ihrer Partei gestört, die sie heute "etwas schwierig" nennt. Ähnlich hatte Münnecke seinen Rücktritt begründet, der unter anderem die ablehnende Haltung seiner Partei zur Autobahn 26 nicht teilte. Nach Aussage der beiden haben es wirtschaftsnahe Positionen auch im Jahr 2011 noch nicht immer leicht in der Partei. Teilweise gehe es um "rein ideologischen Naturschutz", so Heike Vollmers.

Das Zerwürfnis der beiden mit ihrer Partei hat eine besondere, persönliche Komponente. Beide haben sich vor sechs Jahren über die Parteiarbeit kennen gelernt. Eine langsame Entfremdung von den Grünen empfanden sie beide. "Es waren gemeinsame Überlegungen, die zu unseren Rücktritten führen", sagt Heike Vollmers. Doch damit meint sie nicht nur politische, sondern auch finanzielle Überlegungen. Denn sowohl Heike Vollmers als auch Henning Münnecke sind als freiberufliche Unternehmensberater tätig. Das grüne Parteibuch habe ihnen ihre Berufe teilweise erschwert, sagen sie beide. Und beide räumen ein, dass diese Tatsache einer der Gründe war, die Grünen zu verlassen.

"Es ist in unserem Job nicht förderlich, Grüner zu sein. Einigen Unternehmen ist das egal, aber bei anderen hat man dann gleich einen Stempel", sagt Henning Münnecke, der sich aber beeilt zu sagen, dass dieses Problem "nur ein Randaspekt" bei seinem Austritt gewesen sei. Heike Vollmers möchte das Problem eher als einen "Gewissenkonflikt" verstanden wissen: "Ich war teilweise in einem Zwiespalt, weil das, was ich bei meiner Arbeit vertreten habe, im Widerspruch zur Linie der Partei stand. Jetzt habe ich es da einfacher."

Doch nicht nur in der Wirtschaft mangelte es teilweise offenbar an Toleranz gegenüber der politischen Arbeit. Umgekehrt lief es genauso, wie Heike Vollmers berichtet. Für Befremden habe besonders ihre Mitgliedschaft in der MIT, der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU, gesorgt. "Das kam bei den Grünen gar nicht gut an", so Vollmers. Vonseiten des Stader CDU-Kreisgeschäftsführers Torsten Lüchau heißt es hingegen, es sei "in Ordnung", wenn MIT-Mitglieder ein anderes Parteibuch haben.

Haben Münnecke und Vollmers also letztlich opportunistisch gehandelt und das hinderliche Parteibuch für bessere Geschäfte sausen lassen? Ulrich Hemke, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag, hat zumindest für Heike Vollmers Verständnis. Als Parteimitglied der Grünen gebe es sicherlich berufliche Hemmnisse in der Wirtschaft, sagt Hemke.

Unerwarteten Beistand bekommt Vollmers auch von der Linkspartei. Deren Buxtehuder Ratsmitglied Klemens Kowalski findet ihre Entscheidung "nicht opportunistisch, sondern ehrlich." Denn das Problem, mit ihrer Parteimitgliedschaft berufliche Nachteile zu haben, würden auch viele Mitglieder der Linken kennen. "Vielleicht ist Heike Vollmers eher ein Opfer, als sie sich eingestehen möchte", sagt Kowalski.

Weit weniger verständnisvoll wird Vollmers' Entscheidung allerdings bei den Buxtehuder Grünen aufgenommen. "Tief enttäuscht" ist Vollmers' Fraktionskollege Michael Lemke, der ihre Entscheidung ein halbes Jahr vor den Kommunalwahlen "unfair" findet. Mit ihren Aussagen zur Wirtschaftskompetenz der Grünen würde sie der Partei schaden. Ob sie trotz des Ausscheidens aus der Partei noch Mitglied in der Buxtehuder Fraktion bleiben könne, werde in den nächsten Tagen entschieden. Lemke sagt aber auch, dass er selbst nicht Mitglied bleiben würde. Etwas entspannter sieht Ulrich Hemke die Lage: Er persönlich könne sich durchaus vorstellen, dass Vollmers auch weiterhin mit der Kreistags-Fraktion zusammenarbeitet. Die Entscheidung soll in den nächsten Tagen fallen.