Das Landgericht Stade hat zwei Verfahren zusammengelegt und nun eine Fristverlängerung beantragt

Stade/Buxtehude. Der mit Spannung erwartete Drogenprozess am Stader Landgericht, der in Kürze hätte beginnen sollen, könnte vorerst für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt werden. Der Grund ist, dass die zuständige Strafkammer am Landgericht Stade zwei Verfahren verbunden hat, weil der Hauptzeuge ein und dieselbe Person ist. Damit sollte das Verfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Die Staatsanwaltschaft äußerte früh ihre Bedenken dagegen, konnte den Beschluss aber weder verhindern noch nachträglich angreifen. Und jetzt bekommt das Landgericht anscheinend ein Problem damit, vor Ablauf der Untersuchungshaftdauer der Angeklagten einen Termin für den Prozessbeginn zu finden. Unter anderem auch deshalb, weil wegen der Zusammenlegung ein Angeklagter einen neuen Verteidiger braucht.


Acht Angeklagte sitzen momentan in unterschiedlichen Gefängnissen

Im März dieses Jahres haben Polizei und Staatsanwaltschaft innerhalb von 36 Stunden zwei Drogenhändlerringe im Altländer Viertel in Stade gesprengt. Dabei wurden neun Verdächtige festgenommen, ein weiterer wurde im Juni gefasst. Doch die Gefangenen könnten bald wieder auf freiem Fuß sein, denn bis zum ersten Tag der Hauptverhandlung vor Gericht dürfen grundsätzlich nicht mehr als sechs Monate vergehen.

Momentan sitzen nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch acht der Angeklagten im Gefängnis, zwei wurden unter strengen Auflagen vorläufig entlassen. Alle Angeklagten sind bereits vor der Festnahme mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Einige wurden wegen Körperverletzung belangt, andere wegen Diebstahls und wiederum andere wegen unterschiedlicher Drogendelikte. Die Festnahmen erfolgten am 10. März und am 11. März dieses Jahres. Es bedarf keines Taschenrechners um zu wissen, dass schon bald die sechs Monate um sind, ohne dass der erste Prozesstag terminiert ist. Das hat das Landgericht (LG) Stade offenbar aber zu spät bemerkt.

Oberlandesgericht kann die Frist von sechs Monaten verlängern

Wie Landgerichts-Pressesprecherin Petra Baars auf Abendblatt-Nachfrage bestätigte, sind bereits Antragsunterlagen für eine Fristverlängerung auf dem Weg zum Oberlandesgericht (OLG) in Celle. Denn nach Paragraf 121 der Strafprozessordnung kann das Oberlandesgericht die Frist von sechs Monaten verlängern, "wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen".

Das OLG in Celle prüft jetzt zum einen, ob die Voraussetzungen für den Erlass des Haftbefehls auch weiterhin gelten. Zu diesen Voraussetzungen gehören beispielsweise der dringende Tatverdacht, die Haftgründe und die Verhältnismäßigkeit der Dauer der Untersuchungshaft mit Blick auf die zu erwartende Strafe. Zum anderen prüft das OLG aber auch, ob die Verfahrensverzögerung unvermeidbar war. Dabei werde der gesamte Verfahrensgang, das heißt jeder einzelne Schritt, betrachtet, so Katrin Rieke, stellvertretende Pressesprecherin des OLG Celle. Die Strafkammer des LG Stade um den Vorsitzenden Richter Rolf Armbrecht begründete den Antrag auf eine Fristverlängerung damit, dass in diesem Fall zwei Verfahren verbunden wurden.

Ursprünglich handelte es sich bei den beiden Großrazzien um zwei separate Verfahren, die von der Staatsanwaltschaft Stade auch so zur Anklage gebracht wurden. Weil in beiden Verfahren allerdings der gleiche Hauptbelastungszeuge auftritt, beschloss die zuständige Strafkammer des Landgerichts mit Wirkung zum 9. August, dass diese Verfahren verbunden werden. Darüber war die Staatsanwaltschaft nicht glücklich. "Wir haben uns gegen diese Verbindung ausgesprochen", sagt Kai Thomas Breas, Sprecher der Stader Staatsanwaltschaft. Schließlich hätte die Staatsanwaltschaft die beiden Verfahren schon während der Ermittlungen zusammenführen können, was sie aber, wie Breas mitteilt, bewusst nicht getan habe. Jetzt sind der Staatsanwaltschaft, trotz ihrer Bedenken, die Hände gebunden. "Wir hatten keine Möglichkeit, den Verbindungsbeschluss des Landgerichts anzugreifen", sagt Breas.

Für das Landgericht selbst wurde die Zusammenlegung auch zum Problem, weil ein Verteidiger in beiden Verfahren jeweils einen Mandaten vertrat. Nach der Zusammenlegung käme es aber zu einer sogenannten Mehrfachverteidigung. Die ist nicht zulässig. Deshalb muss nun ein weiterer Verteidiger bestimmt werden. Dieser wiederum benötigt Zeit, um sich in das komplexe Verfahren und die Akten einzuarbeiten. Ob diese Begründung ausreicht, um die Frist von sechs Monaten zu verlängern, entscheidet nun das OLG Celle. Die Staatsanwaltschaft Stade darf hierzu noch eine schriftliche Stellungnahme abgeben. "Wir hoffen, dass das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate für gerechtfertigt hält", sagt Breas.

Einen möglichen Vorwurf, dass die Unterlagen der beiden Verfahren nicht rechtzeitig beim Landgericht eingegangen sind, muss die Staatsanwaltschaft nicht befürchten. Die erste Anklage wurde am 28. Juni erhoben, am 1. Juli sind die Unterlagen nebst Beweismitteln beim Landgericht eingegangen. Die zweite Anklage wurde am 1. Juli erhoben, die Unterlagen sind am 6. Juli beim Gericht eingegangen.