Der Rat will mit Plänen des Deichverbandes in ein Planfeststellungsverfahren gehen. Bürgermeister Jürgen Badur sieht noch Informationsbedarf.

Buxtehude. Der Hochwasserschutz für die Stadt Buxtehude sorgt weiterhin für Gesprächsstoff. Der Stadtrat hat auf seiner jüngsten Sitzung eine Lösung gesucht, um den Hochwasserschutz rechtlich abgesichert angehen zu können. Der Entwurf der Verwaltung wurde aber prompt von CDU und SPD verändert, sehr zum Missfallen von FDP, Grünen und Linkspartei. Sie sehen in dem nun abgesegneten Beschluss eine Mogelpackung.

Bürgermeister Jürgen Badur hatte einen Entwurf vorgelegt, der keine genaue Festlegung der Stadt für die weiteren Planungen vorsah. Der Verwaltungschef erklärte, er wolle ergebnisoffen und nicht zwingend mit den Unterlagen des Deichverbandes in das Planfeststellungsverfahren gehen. Dies sei sinnvoll, um rechtlich nicht angreifbar zu sein. Badur argumentierte, dass es sehr wohl sein könne, dass die Stadt anders als der Verband beim Hochwasserschutz planen müsse, daher sei es nicht ratsam, sich frühzeitig auf die Deichverbandspläne festzulegen.

Die Grünen und die FDP begrüßten das ergebnisoffene Vorgehen. Sie wollten der Vorlage zustimmen. "Wir wollen den Schutz der Stadt auf möglichst breite Schultern legen und uns viele Optionen offenhalten. Wenn das in der Vorlage so drin ist und nicht nur Deiche fest eingeplant sind, können wir der Vorlage zustimmen", sagt Grünen-Fraktionschef Michael Lemke. Doch gegen Badurs Entwurf opponierten CDU, SPD und FWG/BBG. Hans-Uwe Hansen argumentierte, dass der Bürgermeister nicht einfach die Vorlage nach seinem Gutdünken ändern könne. Die Abmachung zwischen SPD, CDU und FWG/BBG sei gewesen, mit den Unterlagen des Deichverbandes II. Meile in das Planfeststellungsverfahren zu gehen, denn mit "irgendetwas muss man in das Planfeststellungsverfahren gehen".

Das sieht Badur anders. Die Stadt müsse nicht mit den Plänen des Deichverbandes, die den Bau von Deichen und Spundwänden in der Innenstadt vorsehen, in das Planfeststellungsverfahren gehen sondern alle Optionen gleichberechtigt prüfen. "Wir laufen Gefahr, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun. Es geht darum, zunächst die Kompetenz bei der Stadt zu verorten. Wir müssen verhindern, formale Fehler zu begehen, damit uns nicht nachher alles um die Ohren gehauen wird", sagte Badur.

Wo die Kompetenz überhaupt liegt, ist für die Stadtverwaltung immer noch unklar. Da ein erster Briefwechsel zwischen Badur und dem ehemaligen Niedersächsischen Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) in Unverständnis und ergebnisloser Kommunikation endete, hat sich Badur inzwischen direkt an Ministerpräsident David McAllister (CDU) gewandt. Von ihm erhofft sich der Verwaltungschef nun eine "grundsätzliche Klärung und Übermittlung der verbindlichen Rechtsauffassung" der Landesregierung, damit die Stadt endlich weiß, was sie tun darf und muss und was nicht in ihren Kompetenzbereich fällt.

+++ Hochwasserschutz an der Este bleibt begrenzt +++

Der Verwaltungschef fragt, ob Buxtehude überhaupt eine rechtliche Kompetenz besitzt, auf ihrem Stadtgebiet Maßnahmen für den Küstenschutz als freiwillige Aufgabe wahrzunehmen. Nach Auffassung Badurs sind Küstenschutzmaßnahmen eindeutig Aufgaben von Bund und Ländern, "aber nicht vorrangig der Stadt Buxtehude". Da eine Kompetenz Buxtehudes nicht grundsätzlich gegeben sei, dürfte es sich "bei der Übernahme der Planung und Errichtung von Küstenschutzbauten um eine freiwillige Aufgabe der Stadt handeln", so Badur in seinem Schreiben.

Zudem möchte der Bürgermeister erfahren, wie sich Küstenschutz- und Hochwasserschutzmaßnahmen für die Landesregierung voneinander abgrenzen. "Ausgangspunkt für diese Frage ist die Feststellung, dass in der vorangegangenen Diskussion, insbesondere auch im zitierten Schreiben des Herrn Ministers Sander, die Begriffe wechselnd und teilweise synonym verwendet wurden", schreibt Badur. Aus seiner Sicht sei eine klare Unterscheidung aber im Hinblick auf die Zuständigkeiten, Kompetenzen und die Finanzierung erforderlich. Daher sollte auch klar dargelegt werden, bis wohin es sich bei Deichbauten entlang der Este um Maßnahmen des Küstenschutzes handle. Badur geht davon aus, dass alle Deichbauten bis hinauf zum Granini-Wehr unter den Küstenschutz fallen und in diesem Fall auch vollständig vom Land Niedersachsen finanziert würden.

Unklar sei bislang auch, woraus sich eine konkrete Zuständigkeit der Stadt für Hochwasserschutz-Maßnahmen ergebe, da es sich ja bei den Maßnahmen sowohl um Hochwasser- als auch Küstenschutzmaßnahmen handle. Sander habe in einem Schreiben vom 16. Dezember ausgeführt, dass die Zuständigkeit für den Hochwasserschutz besiedelter Gebiete "grundsätzlich im Rahmen der allgemeinen Daseinsvorsorge bei der Stadt Buxtehude" befände. Eine solche Zuständigkeit könne laut Badur aber nur dann begründet sein, wenn es "keine anderweitige Zuständigkeitsregelung gibt".

Da die Maßnahmen für Buxtehude auch Auswirkungen auf den Kreis Harburg und die Stadt Hamburg hätten, stelle sich zudem die Frage, ob es sich überhaupt noch um lokal verortete Maßnahmen handle oder um überregionale, die dann außerhalb des Kompetenzbereiches der Stadt lägen.

Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichtes in Lüneburg seien in Gebieten ohne Deichverbände die Gemeinden für den Hochwasserschutz zuständig. "Hieraus lässt sich der Umkehrschluss ableiten, dass in Bereichen, in denen Deichverbände bestehen, diese auch originär zuständig sind", schreibt Buxtehudes Bürgermeister. Aus seiner Sicht spreche daher "einiges dafür, dass der Deichverband" sowohl für die Maßnahmen des Hochwasserschutzes als auch für die Maßnahmen des Küstenschutzes in seinem Verbandsbereich zu ständig sei und eben nicht die Stadt Buxtehude - auch wenn sich der Deichverband um seine Aufgaben drücke.

+++ Estehochwasser wird den Landkreis beschäftigen +++

Um aufzuzeigen, dass der Deichverband zuständig sei und sich aus der Verantwortung stehle, führt der Verwaltungschef als Beispiel den Flecken Horneburg an. Dort hat derselbe Deichverband der II. Meile Altes Land, nachdem bei Horneburg Aue und Lühe 2002 über die Ufer traten, das Planfeststellungsverfahren für neue Deichbauten beantragt und auch umgesetzt. "Insofern erschließt sich nicht, warum in Horneburg die jeweiligen Deichverbände die Aufgabe des Neubaus von Hochwasserschutzdeichen wahrnehmen, wenn nach der Aussage des Herrn Minister Sander der Hochwasserschutz im Rahmen der Daseinsvorsorge eine Aufgabe der Kommunen sein soll", argumentiert Badur.

Er erklärt zugleich, dass Buxtehude nur dann die Maßnahmen übernehmen werde, wenn "verbindlich sichergestellt und zugesagt" sei, dass eine Förderung der Schutzmaßnahmen inklusive auftretender Schadenersatzansprüche von Anliegern vollständig mit Mitteln des Küstenschutzes erfolgen werde. "In Anbetracht der insgesamt angespannten Haushaltslage wäre die Übernahme einer neuen und zusätzlichen freiwilligen Aufgabe nicht möglich", so Badur.

Die Bürgerinitiative Este, die sich für einen ökologischen Hochwasserschutz einsetzt, begrüßt das Vorgehen Badurs und kritisiert den Stadtrat für seine Entscheidung, mit den Plänen des Deichverbandes in ein Planfeststellungsverfahren zu gehen. Badur habe erkannt, dass ein Planfeststellungsverfahren mit den Unterlagen den Deichverbandes zum Scheitern verurteilt sei, heißt es in eine Stellungnahme der BI. Eine Ausrichtung einseitig auf Maßnahmen innerhalb des Stadtgebietes verstoße gegen die Grundsätze des Wasserhaushaltsrechts.

Die BI ist überzeugt, dass der eigentliche Grund für den Rückzug des Deichverbandes der sei, dass der Verband erkannt habe, dass er sich mit der Begrenzung der Maßnahmen auf das Stadtgebiet vollkommen verrannt habe. "Dies wird nicht eingeräumt, weil man sonst begründen müsste, weshalb man für eine ungeeignete Planung erhebliche Steuermittel unnütz aufgewendet hat", so die Initiative. Von daher sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Rat nun die "gescheiterten Pläne" aufgreife. Es sei unbegreiflich, weshalb die Stadt die denkbar schlechteste Lösung für die Stadt verfolge, die zudem das Stadtbild verschandeln würde.