Die Pläne des Verbandes II. Meile stehen auf der Kippe. Buxtehuder SPD und CDU sind erschrocken, andere setzen jedoch auf Neuanfang.

Buxtehude. Die eine Hälfte der Buxtehuder Politiker reagiert mit Unverständnis auf die neue Situation beim Hochwasserschutz in Buxtehude, die andere Hälfte sieht sich in ihren schon immer geäußerten Bedenken bestätigt und hofft nun auf einen kompletten Neuanfang. Gemeinsam ist allen, dass sie von den Bedenken, die der Deichverband der Zweiten Meile Alten Landes jetzt geäußert hat, überrascht wurden und erst einmal abwarten müssen, wie die Meilversammlung am 6. Oktober endgültig entscheidet. Dass die Stadt Buxtehude als Vorhabenträger in die Bresche springt, schließen alle Parteien im Vorfeld kategorisch aus.

In der vergangenen Woche hatte Friedrich Tönjes, technischer Berater des Deichverbands, bei einer Versammlung der Bürgerinitiative "Hochwasserschutz für Buxtehude" berichtet, dass bei den Mitgliedern des Deichverbands große Verunsicherung herrsche. Zum einen, weil die Pflicht zum Deichbau für den Verband gar nicht besteht, und zum anderen, weil zunächst offen war, wer für mögliche Schadensersatzforderungen der Este-Anlieger aufkommen muss. Das niedersächsische Umweltministerium und der Landkreis Stade haben jetzt erklärt, dass der Deichverband selbst aus juristischer Sicht für Entschädigungen zuständig wäre. Aus diesem Grunde will der Verband nun abwägen, ob er dieses Risiko eingehen will und das Planfeststellungsverfahren überhaupt einleitet.

Für die SPD ist dieses Verhalten unverständlich. "Schadensersatzforderungen sind in den vergangenen 50 Jahren noch nie vorgekommen", sagt die zukünftige SPD-Fraktionsvorsitzende Astrid Bade. Warum also jetzt auf einmal diese Panik? Sie vermutet, dass von irgendeiner Seite gezielt Unsicherheiten gestreut werden, aus welchen Gründen auch immer. Sie hoffe, dass es im Deichverband starke Befürworter der Maßnahmen gebe.

Ihr Fraktionskollege Horst Subei findet noch deutlichere Worte. Die Zuständigkeitsregelung sei bisher unstrittig gewesen und er begreife nicht, warum der Deichverband nun so zögerlich taktiere. Die derzeitige Beschlusslage sei eindeutig. Der Stadtrat habe bei seiner Sitzung Ende Februar beschlossen, dass der Deichverband das Planfeststellungsverfahren einleite. "Die Maßnahmen dulden hinsichtlich des fehlenden Überschwemmungsschutzes innerhalb des Stadtgebiets keinen Aufschub", erklärt Subei. Deshalb sei die Meilversammlung aufgefordert, den Beschluss zur Planfeststellung "ohne Wenn und Aber zu tätigen".

+++ Rückschlag für Deichbauprojekt +++

+++ 5,8 Millionen für den Deichbau +++

Das sieht Arnhild Biesenbach, Vorsitzende der CDU-Fraktion, genauso. "Ich befürchte, dass viel kaputtgeredet worden ist", sagt sie. Die Mitglieder des Deichverbands hätten vermutlich gedacht, wenn ihnen so viel Gegenwind entgegenschlage - in Form der Bürgerinitiative Este und ihrer politischen Unterstützer FDP, Grüne und Linke - sollten die Buxtehuder ihren Kram doch alleine machen. Sie hoffe inständig, dass der Deichverband sich doch für das Planfeststellungsverfahren entscheide.

Gerade das wollen die Deichbaugegner verhindern, weshalb sie aufgrund der jetzigen Entwicklung in gewisser Hinsicht neue Hoffnung schöpfen. "Auf die Frage der Schadensersatzforderungen haben wir schon immer verwiesen", sagt Fraktionsvorsitzender Rudolf Fischer. Wenn der Deichverband das Planfeststellungsverfahren nun doch einleite, würden die Klagen auf jeden Fall kommen. Deshalb sei es ein Irrglaube, dass mit dem Deichverband ein schneller Hochwasserschutz für Buxtehude realisiert werden könne.

Seine Partei favorisiere nach wie vor die Renaturierung der Este und werde dem neuen Rat den Antrag vorlegen, die Pläne der TU Harburg in die Tat umzusetzen. Diese Pläne besagen unter anderen, dass Deiche verzichtbar sind, wenn im Ober- und Unterlauf der Este Stauflächen geschaffen werden. Fischer weiß, dass auch dieses Vorhaben mit Schadensersatzforderungen verbunden wäre. Er ist sich aber sicher, dass sie anders ausfallen würden und die Renaturierung etwa für manche Landwirte sogar mit Vorteilen für die Ackerflächen verbunden wäre.

"Man muss die Este als Ganzes sehen", gibt Michael Lemke die bisherige deichbaukritische Position der Grünen wieder. Anscheinend sei der Deichverband in sich gegangen, wenn er jetzt das Planfeststellungsverfahren in Frage stelle. Um einen nachhaltigen Hochwasserschutz zu realisieren, sollte sich Buxtehude lieber auf ein Este-Gesamtkonzept mit den Nachbarlandkreisen einigen und sich dabei an den Planungskosten beteiligen. Dieser Meinung schließen sich die Linken an. Die Deiche wären sowieso nur eine zu kurz gedachte Lösung gewesen. Wenn sich jetzt schon alles verschiebe, könne man auch gleich die große Lösung ansteuern, sagt Ratsherr Klemens Kowalski.

Bürgermeister Jürgen Badur war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Eckhard Dittmer, technischer Betriebsleiter der Stadtwerke, zeigt sich von der neuen Lage überrascht, will aber erst den 6. Oktober abwarten. Theoretisch komme Buxtehude als Vorhabenträger sicherlich in Frage, sagt er. Nur müsste die Stadt dann bei technischen und formalen Fragen wieder bei Null anfangen.