Kiel. Daniel Günther zollte der Kanzlerin Respekt für die Rücknahme der Osterruhe, Minister Buchholz wirbt für “Modellprojekte“ nach Ostern.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) gegen Kritik wegen der Rücknahme der geplanten Corona-Osterruhe verteidigt. „Großen Respekt der Bundeskanzlerin gegenüber“, sagte Günther am Mittwoch im Landtag in Kiel.

Sie habe zwar die Verantwortung übernommen, der Fehler habe aber nicht auf einer alleinigen Entscheidung der Bundeskanzlerin beruht. „Ja, ich habe den auch mitgemacht“, sagte Günther. „Es war eine falsche Entscheidung, die wir getroffen haben und die wir heute korrigiert haben.“

Corona-Regeln für Geschäfte in Schleswig-Holstein

Günther warnte davor, sich angesichts des Rückziehers bei der Osterruhe zurückzulehnen und bei der Pandemie-Bekämpfung in Sicherheit zu wähnen. Die Corona-Pandemie lasse sich nur durch gemeinsames Vorgehen von Bund und Ländern eindämmen. Für die nächste Ministerpräsidentenkonferenz mahnte der CDU-Politiker aber eine vernünftigere Vorbereitung an. „Wir müssen das besser machen als bei dieser Konferenz.“

In Schleswig-Holstein blieben die Regeln in den kommenden Wochen in weiten Teilen wie sie jetzt sind, sagte Günther. Die neue Verordnung werde die Landesregierung bis 11. April befristen. Denn am 12. April wolle die Regierung Öffnungen der Außengastronomie in den Kreisen erlauben, die weniger als 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen aufweisen.

Einkaufen in Schleswig-Holstein ist in den Kreisen und kreisfreien Städten von Montag an abhängig vom jeweiligen Inzidenzwert unterschiedlich möglich. Die Geschäfte bleiben bei einer kreisweiten Inzidenz von unter 50 geöffnet, teilte die Landesregierung am Mittwochabend mit.

Terminshopping bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100

Das betreffe die Kreise und kreisfreien Städte Lübeck, Schleswig-Flensburg, Rendsburg-Eckernförde, Steinburg, Ostholstein, Nordfriesland und Plön sowie Kiel. Dabei kann für die ersten 800 Quadratmeter Verkaufsfläche zunächst ein Kunde je 10 Quadratmeter bedient werden, ab 800 Quadratmetern Fläche darf ein Kunde pro 20 Quadratmetern einkaufen.

Bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 dürfen Kunden die Geschäfte nur nach vorheriger Terminvereinbarung betreten. Das kann den Angaben zufolge auch auf Zuruf vor der Tür geschehen. Das betrifft laut Landesregierung die Kreise und kreisfreien Städte Flensburg, Segeberg, Pinneberg, Stormarn, Neumünster, Herzogtum-Lauenburg, Dithmarschen. Pro 20 Quadratmeter darf sich nur ein Kunde im Laden aufhalten, hieß es weiter. Die Kontaktdaten müssten erhoben werden. Die Entscheidungen über Öffnungen oder Verschärfungen werden im Wochenrhythmus getroffen, wie die Landesregierung mitteilte.

Durch "Modellprojekte" zu Öffnung auch im Bereich Tourismus

Zudem will Schleswig-Holstein nach Ostern sogenannte "Modellprojekte" in Gebieten mit niedrigen Corona-Infektionszahlen ausweisen. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) kündigte dafür m Landtag ein schnelles Bewerbungsverfahren an.

Es seien bestimmte Kriterien zu erfüllen, zum Beispiel im Hinblick auf elektronische Kontaktnachverfolgung und Testungen auf das Coronavirus. Die Bedingungen sollten bis Donnerstag den Kommunen übermittelt werden. "Wir wollen beweisen, dass Tourismus verantwortbar durchführbar ist", sagte Buchholz. Wo solche Regionen liegen könnten, ist noch offen: Denkbar sind zum Beispiel die nordfriesischen Inseln, im Gespräch waren am Dienstag aber auch bereits die gesamte Westküste und die Landeshauptstadt Kiel.

FDP-Minister will höhere und schnellere Staatshilifen

Die Einrichtung von zeitlich und regional begrenzten so genannten "Modellprojekten" ermöglichen die jüngsten Bund-Länder-Beschlüsse im Rahmen einer Sonderregelung. Für viele Betriebe im Tourismus gehe es mit dem Wegfall des Ostergeschäfts um das blanke Überleben, sagte Buchholz.

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Er zeigte sich enttäuscht, dass Bund und Länder den von Schleswig-Holstein und anderen Ländern angestrebten kontaktarmen Urlaub über Ostern im eigenen Land nicht ermöglicht haben. Es gehe darum, dem Tourismus eine Perspektive zu geben. Der Bund sollte die Überbrückungshilfe 3 um 30 Prozent aufstocken, sagte Buchholz.

Er warf SPD-Bundesfinanzminister Olaf Scholz vor, Hilfsprogramme zu erschweren. Die SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli nahm Scholz in Schutz und konterte, die Landesregierung könne sich beim Bund nicht durchsetzen. Scholz baue für Hilfen bürokratische Hürden auf, entgegnete der CDU-Abgeordnete Lukas Kilian. Scholz mache ebensowenig einen guten Job wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Kilian bescheinigte der Bundesregierung eine "desaströse Pandemiebewältigung".

Jamaika-Fraktionen: Tourismusbranche braucht Öffnungsperspektive

Neben einer zügigen und vielfach überfälligen Auszahlung der zugesagten Wirtschaftshilfen brauche die Tourismusbranche eine klare und verlässliche Öffnungsperspektive, heißt es in einem dann beschlossenen Antrag der Koalitionsfraktionen CDU, Grüne und FDP. Unter Berücksichtigung der bewährten Hygienekonzepte und der geplanten Schnelltests solle es eine besonnene Öffnung der Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe geben.

Die SPD brachte einen Antrag speziell zur Förderung des Tourismus im Binnenland ein. Dort war das Geschäft im vergangenen Jahr wegen der Corona-Pandemie noch massiver eingebrochen als an Nord- und Ostsee. "Der Wirtschaftsmotor Tourismus stottert", sagte die "SPD-Abgeordnete Regina Poersch. "Wir haben sieben Millionen Übernachtungen verloren."

SPD will Förderprogramm speziell für Landgasthöfe

Das größte Problem der Branche bestehe darin, dass die Häuser geschlossen sind und keinen Umsatz machen, sagte der CDU-Politiker Klaus Jensen. Die Branche sei sehr motiviert, nach Ostern wieder zu starten, sagte der Grüne Andreas Tietze. Annabell Krämer von der FDP nannte es unverhältnismäßig und eine Frechheit, den Menschen das Reisen zu verbieten. Der Tourismus sei nicht Treiber der Pandemie. Krämer plädierte für einen sofortigen Start des Tourismus.

Die SPD will den Binnenlandtourismus stärken und speziell auch Landgasthöfe vor dem Ruin bewahren. Für diese fordert die SPD ein spezielles Förderprogramm. Die Landgasthöfe leiden besonders unter der Pandemie, weil die für sie besonders wichtigen Familienfeiern und weitere Veranstaltungen ausfallen. Der SPD-Antrag wurde abgelehnt.

Die Corona-Lage in Schleswig-Holstein

In Schleswig-Holstein lag die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen mit 58,4 (Stand Dienstagabend) deutlich unter dem Bundesschnitt von 108,1 – allerdings waren aus Neumünster keine Infektionszahlen gemeldet worden. Am Montag hatte der Wert noch bei 60,2 gelegen.

Sechs Landkreise sowie die Städte Flensburg und Kiel verzeichnen eine Inzidenz von mehr als 50. Speziell auf den Inseln liegen die Infektionszahlen aber derzeit auf sehr niedrigem Niveau.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).