Klein Offenseth-Sparrieshoop. Autos, Hunde und Katzen machen den Nachwuchs von Feldhasen oft zu Tierwaisen. Wildtierstation gibt den Babys eine Chance.

Im Januar haben die Feldhasen „Hochzeit“ gefeiert. In diesen Tagen erblickt ihr Nachwuchs das Licht der Welt. Doch der Straßenverkehr sowie wildernde Hunde und Katzen lassen manches Hasenbaby zu einem Waisen werden. „Wir bekommen im Jahr 40, 50 junge Hasen“, erzählt Christian Erdmann, Leiter der Wildtierstation Hamburg-Schleswig-Holstein, in Klein Offenseth-Sparrieshoop (Kreis Pinneberg). Zurzeit betreut der Hasen-Retter mit seinen Mitarbeitern fünf Häschen. „Ihre Mütter wurden überfahren“, sagt Tierpflegerin Marlies Früchtenicht. Einen Hasen in der Station hätten sie sogar per Kaiserschnitt geboren.

„Die Aufzucht junger Feldhasen ist sehr schwierig, sie sind sehr empfindlich“, erzählt Erdmann. Viermal am Tag und einmal in der Nacht eine kleine Spritze voll mit spezieller Ersatzmilch ins Mäulchen gespritzt, reiche nicht. Denn „draußen in der freien Natur haben sie auf der Wiese eine Kräuterapotheke“. Dort beginne der Nachwuchs bereits in der zweiten Lebenswoche, zusätzlich zur Muttermilch Kräuter zu fressen.

Helfer pflücken Kräuter für die Hasen

Um dem kleinen Häschen eine reale Überlebenschance zu geben, muss er auch in der Wildtierstation seine tägliche Kräuter-Rationen bekommen. Die pflücken Erdmann und seine Mitarbeiter auf einer zweieinhalb Hektar großen, stationseigenen Wiese. Morgens und nachmittags je einen Korb voll.

„Noch wächst nicht viel“, sagt er. So landen hauptsächlich Vogelmiere, Sauerampfer und Spitzwegerich in seinem braunen Weidenkorb. Keine große Auswahl für einen Feinschmecker wie den Hasen. Auf seinem Speiseplan stehen insgesamt 67 verschiedene Kräuter. „Der Hase weiß, was ihm bekommt.“

Das Füttern dauert oft nur ein, zwei Minuten

Die Hasenbabys leben in der Wildtierstation etwas abseits auf gewaschenem Sand unter einem stabilen Drahtgehege. Dort schlafen sie in flachen Mulden – der so genannten Sasse – gut abgeschirmt vor Füchsen, Mardern und Greifvögeln, wie Erdmann berichtet. „Da kommt auch keine Wanderratte ran.“ Das Füttern geht schnell, dauert meist nur ein, zwei Minuten. Danach wird der kleine Hase wieder sich selbst überlassen.

„So wie es die Mutter auch in der Natur macht“, erklärt Erdmann. Auch dort kümmert sich die Hasenmama nur kurz beim Säugen um ihren Nachwuchs. „Sie will nicht die Aufmerksamkeit hungriger Krähen oder Bussarde auf ihre Kindern lenken.“

Nach etwas drei Monaten wird das Hasenbaby ausgewildert

Um mögliche Feinde zu täuschen, nimmt sie auch nie den direkten Weg zu ihrer Sasse. Und ganz am Schluss macht sie einen großen Sprung hinein, um Feinden keine Duftspur zu hinterlassen. „Feldhasen können drei Meter weit und zwei Meter hoch springen“, weiß Eva Goris von der Deutschen Wildtier Stiftung.

Ausgewildert werde das Hasenbaby nach zwei bis drei Monaten, sagt Tierpflegerin Früchtenicht. Dann habe es ein Gewicht von rund 400 Gramm. „Das sind zwei große Hände voll“, sagt Erdmann. „Sie hoppeln immer ziemlich schnell weg. Kein Tschüss, und sie drehen sich auch nicht mehr um. Die sind froh, wenn sie uns nicht mehr sehen“, sagt er lachend.

In Schleswig-Holstein lebten im vergangenen Jahr statistisch 15,8 Feldhasen pro Quadratkilometer, wie Heiko Schmüser vom Landesjagdverband sagt. Das entspricht einem Gesamtbestand von knapp 250.000 Tieren. Zwischen Flensburg und Garmisch leben nach Angaben der Deutschen Wildtier Stiftung geschätzte drei Millionen Feldhasen.