Größte Übung aller Zeiten: 500 Einsatzkräfte probten am Sonnabend auf der Elbe zwischen Glückstadt und Wedel für den Katastrophenfall.

Kollmar/Wedel. Großalarm auf der Elbe zwischen Glückstadt und Wedel: Vor Stadersand sind ein Containerschiff und ein Frachter kollidiert - und 500 Tonnen ausgelaufenes Öl haben den Fluss sowie viele Ufer- und Strandbereiche verschmutzt. Dieses Szenario, mit dem sich am Sonnabend 500 Einsatzkräfte von 14 Feuerwehren und zehn Ortsgruppen des Technischen Hilfswerk (THW) konfrontiert sahen, gehörte zum Glück nur zu einer Übung.

"Es handelt sich um die größte Übung dieser Art, die wir jemals in Schleswig-Holstein gemacht haben", sagte Johannes Oelerich, Direktor des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN). Zehn Monate lang hatten LKN-Mitarbeiter das Szenario ausgearbeitet, das sich in der Realität genauso ereignen könnte.

"Die Elbe ist ein ökologisch besonders wertvoller Lebensraum. Wenn dort Öl in größeren Mengen aus einem Schiff austritt, wird es durch die Gezeiten schnell auf mehreren Kilometern verteilt", sagt Oelerich weiter. Wichtig sei, es besonders schnell aufzunehmen, um irreparable Schäden für das Ökosystem zu vermeiden.

In einem Ernstfall stehen die Helfer vor vielen Herausforderungen: Entlang des Flusses gibt es unterschiedliche Landschaftsformen wie Naturschutzgebiete, Schlickwatt, Sandstrände sowie Uferbefestigungen wie etwa Deiche. Die Elbe ist viel befahren, sie verfügt über viele Nebenflüsse und über tückische Strömungen, die das Ausbringen von Ölsperren erschweren. Oelereich: "Die Helfer müssen wissen, wie sie mit all dem umgehen sollen. Deshalb üben wir."

Die Probe aufs Exempel fand unter prominenter Beobachtung statt. Umweltminister Robert Habeck (Grüne) schaute den Einsatzkräften nicht nur über die Schulter, er packte auch selbst mit an. In weißem Ganzkörperschutzanzug, zudem ausgestattet mit Brille, Mundschutz und Gummihandschuhen, schaufelte er am Strand von Kollmar (Kreis Steinburg) Ölreste in bereitstehende Eimer. Als Ölersatz diente übrigens Torf, das am Strand verstreut worden war.

Anschließend kletterte der Minister in einen Hubschrauber, um sich aus der Luft ein Bild über den Einsatz auf dem Wasser zu machen. Vor Kollmar zogen zwei LKN-Schiffe eine mobile Ölsperre hinter sich her, ein Boot der Küstenwache sowie die Lüttmoor - sie ist quasi ein schwimmendes Tankschiff - nahmen das verschmutzte Wasser auf. Zur Simulation der Umweltkatastrophe dienten in diesem Fall sieben Kubikmeter Popcorn.

Als Nächstes landete der Hubschrauber auf der zum Kreis Pinneberg gehörenden Elbinsel Pagensand. Dort übte die Tiereinsatzgruppe des THW Tönning den Umgang mit verölten Wassertieren. "Früher haben wir mit Holzstöcken geübt, wobei schwarz für verölt und weiß für nicht verölt stand", sagte Thomas Langmaack, Fachbereichsleiter beim LKN für Schadstoffunfallbekämpfung. Inzwischen sei die Landesbehörde im Besitz von mehreren Tonnen Plastikvögeln. Minister Habeck machte sich mit Eifer daran, die Imitate zu reinigen. Der Besucher aus Kiel ließ es sich auch nicht nehmen, mit einem Speedboot eine rasante Tour über die Elbe zu unternehmen und mit dem neuen Geländefahrzeug "Polaris" den Deich zu befahren.

An der Hetlinger Schanze (Kreis Pinneberg) bauten die Helfer eine mobile Baustraße auf, damit das schwere Gerät zum Einsatzort gebracht werden konnte. Dort wurde, ebenso wie in Kollmar, die Strandreinigung geübt. Wie ein Wattbereich am effektivsten vom Öl befreit werden kann, testeten die Einsatzkräfte in Wedel aus. 500 Helfer - das ist die personelle Obergrenze, die im Ernstfall bei Ölunfällen in Schleswig-Holstein zur Verfügung steht. "Unsere logistischen Möglichkeiten sind begrenzt. Wir steuern das über den Faktor Zeit", sagt Langmaack weiter. So werde eine kleinere Schadenslage in wenigen Tagen abgearbeitet. Ein größerer Fall könne die Helfer bis zu zwei Wochen beschäftigen.

Ein Probeeinsatz im Kreis Pinneberg musste am Sonnabend erfolglos abgebrochen werden: Geplant war, das Dwarsloch - ein kleiner Nebenarm der Elbe - mit einer mobilen Ölsperre zu schützen. Die Strömung war jedoch zu stark, sodass die beiden Schiffe die mehr als 100 Meter breite Sperre nicht in Position halten konnten und daher abdrehen mussten.

LKN-Direktor Oelerich sieht im Erkennen solcher Probleme den Sinn einer Übung. Und sein höchster Vorgesetzter stimmt zu. "Schiffsunfälle sind eine reale Gefahr. Wir tun gut daran, uns auf den Ernstfall vorzubereiten, um unsere Umwelt schützen zu können", sagte Habeck. Der Minister zeigte sich beeindruckt vom Engagement der Helfer, die aus allen Teilen Schleswig-Holsteins angereist waren. Habeck: "Hoffentlich passiert so etwas bei uns nie." Aber wenn es doch dazu kommt, so der Minister weiter, sei das Land gerüstet.