Michael Jung gewinnt zwei Prüfungen bei Schenefelder Vielseitigkeit. Veranstalter trägt im nächsten Jahr wieder deutsche Meisterschaften aus.

Schenefeld. Das klappernde Geräusch ist unüberhörbar: Leopin, der 13 Jahre alte Wallach, ist mit der rechten Vorderhand gegen die oberste Stange gekommen. Sie fällt polternd hinunter auf den Rasen - vier Fehlerpunkte! Der Sieg ist gefährdet. Doch Michael Jung bleibt die Ruhe selbst. Der 30 Jahre alte Doppel-Olympiasieger aus Horb in Schwaben bleibt in der Folge fehlerfrei und gewinnt die CIC***-Prüfung bei der Schenefelder Vielseitigkeit mit 0,2 Punkten Vorsprung auf Gold-Kollegin Ingrid Klimke (Münster) mit Tabasco. Klimke wurde noch Dritte mit Escada.

Die Zuschauer auf der Reitanlage Klövensteen fragen sich: Ist dieser Mann unschlagbar? Der zweifache Goldmedaillengewinner von London hatte zuvor schon die CCI**-Prüfung für sich entschieden und mit Halunke und Rocana einen Doppelsieg gelandet.

Gleich hinter den Rails steht Hinrich Romeike und beobachtet aufmerksam die Szenerie. Der 49 Jahre alte Zahnarzt aus Nübbel bei Rendsburg hatte als Reiter seines Spitzenpferdes Marius bei Olympia 2008 in Hongkong ebenfalls zweimal Gold gewonnen und ist Vorbild für seinen Nachfolger. "Unschlagbar ist kein Sportler", sagt Romeike, der nach längerer Pause auf die Qualifikationsturniere für London verzichtet hatte, mit jungen Pferden aber einen neuen Anlauf unternehmen will. "Ich kenne Michael Jung gut. Er ist weltweit im Moment aber nur schwer zu bezwingen. Sonst wäre er nicht Welt- und Europameister."

Was zeichnet seinen Nachfolger aus? Hinrich Romeike überlegt nicht lange und erwidert: "Michael ist ein sehr guter Reiter. Er ist ein Allrounder, in der Dressur, im Gelände und im Springen nahezu ein Perfektionist. Er hat viel Spaß an der Sache, findet den richtigen Rhythmus und hat stets das richtige Tempogefühl. Das ist eine glückliche Konstellation." Die deutschen Buschreiter, in der britischen Hauptstadt auch mit Mannschaftsgold belohnt, sind in den vergangenen Jahren wie einst auch die Dressurreiter zur Nummer eins in der Welt aufgestiegen. Woran liegt das?

"Deutschland ist eine Pferdezuchtnation", sagt Hinrich Romeike. "Hier stänkert keiner gegen den anderen im Verband, hier ist Harmonie im System, Sport und Zucht gehen Hand in Hand. Alle ziehen an einem Strang. Die Vielseitigkeitsreiterei ist bei uns wieder zur Königsdisziplin geworden."

Über dieses Lob freut sich Hans Melzer (Putensen), der Leitende Bundestrainer: "Wir verstehen uns alle gut. Michael Jung der in seinen jungen Jahren schon als Vorbild gelten kann, reitet voran." Die Reiterkollegen des stets gut gelaunten Schwaben pflichten ihm bei. "Michael ist ein erstklassiger Reiter, von dem wir alle lernen können", sagt Ingrid Klimke.

Seit anderthalb Jahren arbeitet und reitet der Japaner Kenki Sato auf dem Reiterhof der Familie Jung. "Ich bin dort sehr gut aufgenommen worden und habe während dieser Zeit viel gelernt", sagt der talentierte Vielseitigkeitsreiter, dessen Pferd Chippieh in Schenefeld von seiner Frau betreut wurde. Als Vierter der CIC ***-Prüfung war Sato absolut zufrieden.

Das galt auch für Hinrich Groth, den Veranstalter der Schenefelder Vielseitigkeit. "Das Turnier war, das haben mir viele Leute gesagt, eine Werbung für unseren Sport", sagte er. "Das neue Konzept hat voll durchgeschlagen. Es gibt großen Bedarf für Nachwuchs-Spitzenpferde, die in den großen Sport noch hineinwachsen sollen. Das hat das Super-Nennungsergebnis gezeigt."

Hinrich Groth verkündete einen Tag nach dem von insgesamt 4000 Zuschauern besuchten Vielseitigkeits-Event eine gute Nachricht: "Wir bekommen die deutsche Meisterschaft, die zuletzt zweimal in Luhmühlen ausgetragen wurde, zurück." Zum gleichen Septembertermin im nächsten Jahr wird sich im Klövensteen die deutsche Spitzenklasse der Reiter treffen und um Titelehren streiten.

Es kommen aber, wie jetzt auch, zu der Drei-Sterne-Kurzprüfung, nicht die Superpferde der Reiter-Elite, sondern vorwiegend die besten Vierbeiner der "zweiten Garnitur". Der Ausschuss der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in Warendorf hatte sich einstimmig für Schenefeld als Austragungsort entschieden. "Ich habe drei Wochen überlegt, aber dann habe ich zugesagt", so Hinrich Groth.

Er freue sich jetzt schon auf den Start von Olympiasieger Michael Jung: "Er ist ein Ausnahmereiter. Er beherrscht alle drei Disziplinen, er hat gute Pferde, ein ausgezeichnetes Management, und er verfügt zusammen mit seinen Eltern über ein starkes, erfolgreiches Team."