Kreis Pinneberg. Wie Prüfer Jens Wallenstein das Weihnachtsgebäck untersucht, und warum sich Elmshorner Berufsschüler für den Test interessieren.

Mit dem Winter beginnt in Deutschland auch die Christstollen-Saison. Damit die Qualität dieser weihnachtlichen Backwaren gewährt bleibt, unterziehen sich alljährlich Bäckereien aus dem Kreis Pinneberg einer Stollenprüfung durch das Deutsche Brotinstitut. Jetzt war es wieder soweit: Vier Bäcker aus dem Kreis hatten insgesamt 15 Stollen für den ultimativen Stollen-Test, der erstmalig in der Beruflichen Schule Elmshorn stattfand. Auch die Bäckerlehrlinge der Schule durften einen eigenen Stollen testen lassen.

Das „Gebäck der Götter“, wie Stollen auch genannt werden, gilt als eine der anspruchsvollsten Backwaren und ist durchaus ein Vorzeigeprodukt der Handwerksbäcker. Anders als bei Industriestollen, die im Supermarkt erhältlich sind und ein halbes Jahr im Voraus maschinell mit umfangreichen Zutatenlisten und Zusatzstoffen gefertigt werden, werden händisch hergestellte Stollen mit wenigen Zutaten und viel Sorgfalt produziert.

Die Stollenprüfung ist eine fachliche Rückmeldung an den Bäcker

Das spiegelt sich auch im Preis wider, sagt Stollenprüfer Jens Wallenstein. „Stollen kosten in vielen Bäckereien mittlerweile mehr als 20 Euro pro Kilo. Dann sollte auch die Qualität stimmen.“ Wallenstein ist zum ersten Mal im Kreis Pinneberg unterwegs, aber keinesfalls unerfahren. Er ist nicht nur gelernter Bäcker und Konditor, sondern auch seit über zehn Jahren als Prüfer für Backwaren tätig. Eigentlich ist Wallenstein mittlerweile Berufsschullehrer, prüft aber dennoch in ganz Deutschland Brot und Backwaren – auch aus der Industrie.

Die Stollenprüfung ist für ihn immer etwas ganz Besonderes, sagt Wallenstein, dem vor allem eins wichtig ist: „Die Stollenprüfung ist rein fachlich.“ Viele Stollen seien zum Beispiel nicht ganz durchgebacken – ähnlich wie beim Hamburger Franzbrötchen. „Das ist zwar technisch gesehen ein Fehler, aber bei Kunden durchaus beliebt.“ Die Bäcker, die am Test teilnehmen, wollen – und bekommen – eine fachliche Einschätzung ihrer Arbeit.

Christstollen werden mit allen Sinnen von außen nach innen getestet

Wallenstein testet die Stollen blind, ohne die dazugehörige Bäckerei zu kennen. Außerdem trinkt er zwischen den Geschmacksproben etwas Tee, um den Geschmack der vorangegangenen Backwerke zu neutralisieren. Dann geht er von außen nach innen vor. Zunächst werden äußerliche Aspekte wie der Geruch, die Form, die Konsistenz der Oberfläche, das Aussehen und, wenn vorhanden, die Glasur unter die Lupe genommen. „Ich versuche, jeden meiner Sinne einzusetzen“, erklärt Wallenstein das sorgfältige Prüfverfahren.

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Hohe Auszeichnungen für vier Bäcker aus dem Kreis Pinneberg

Ergebnisse werden digital vermerkt, bevor es an das Innenleben der Stollen geht. Hierfür wird der geprüfte Stollen in der Mitte aufgeschnitten, um die Struktur im Teig, das Krumenbild oder etwaige Fettschichten, für die es Abzüge gibt, zu entdecken. Schon hier lässt sich erkennen, ob der Christstollen zu kurz oder zu lang gebacken wurde. Zuletzt kommt natürlich die Geschmacksprobe, bei der Wallenstein nach besonderen Aromen und Würzungen sucht. Dann kann beurteilt werden, welche Punktzahl der Stollen von 100 möglichen Punkten, die als einzige Bewertung einem „sehr gut“ entsprechen, erhält.

Einen besonderen Anreiz für die Bäckereien gibt es auch: Erhält ein Stollen die Bewertung „sehr gut“ drei Jahre in Folge, gibt es für den Betrieb ein „goldenes“ Zertifikat. Die vier teilnehmenden Bäckereien Dwenger aus Pinneberg, Sass aus Barmstedt, Hackradt aus Wedel und Eggers aus Moorrege haben offensichtlich mit ihren Stollen überzeugen können. Acht der Stollen wurden mit einem „sehr gut“, also ohne jegliche Abzüge, und sechs mit einem „gut“ ausgezeichnet. Nur ein Stollen wurde nicht prämiert.

Doch es gab noch einen weiteren Stollen, der getestet wurde: Die Berufsschüler der Beruflichen Schule Elmshorn schickten selbst einen Butterstollen ins Rennen – obwohl sie, als Auszubildende im ersten Lehrjahr, erst einige Monate Erfahrung haben und der Christstollen normalerweise erst deutlich später im Lehrplan vorkommt. Dennoch durften sich die Schüler, die der Stollenprüfung beiwohnten, freuen. Ihr Stollen wurde mit „gut“ prämiert.

Praktische Erfahrung für Berufsschüler steht im Mittelpunkt

Schon den ganzen Vormittag sorgten die Bäckereilehrlinge in der Berufsschule für Trubel. Denn sie verteilten bereits zuvor Probierstollen an ihre Mitschüler, was für großen Andrang bei der Stollenprüfung sorgte.

Außerdem kam ein weiteres Back-Projekt der Schüler zum Einsatz. Im Rahmen der Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ erstellten sie einen symbolischen Scheck zu einer gemeinsamen Spendenaktion für Traumatherapie, der von den Auszubildenden im Bäckereifachverkauf präsentiert wurde.

Auszubildende aus dem Bäckereifachverkauf engagieren sich für die Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ mit einem symbolischen Scheck.
Auszubildende aus dem Bäckereifachverkauf engagieren sich für die Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ mit einem symbolischen Scheck. © HA | Nis Pflüger

„Diese praktischen Aktionen helfen den Schülern, Spaß an ihrer Arbeit zu vermitteln“, sagt Bernd Schauerte, der Lehrer an der Berufsschule ist. Die Erfahrung und natürlich auch die Auszeichnung für den Stollen der Schüler sei sicherlich ein großer Anreiz, auch einmal ein „goldenes“ Zertifikat zu erhalten.

Die Ergebnisse dieser und anderer Tests sind auf der Webseite des Deutschen Brotinstituts einzusehen.