Das Arbeitspensum von Ines Strehlau aus Halstenbek liegt wöchentlich bei 60 bis 70 Stunden

Der Kampf um eine Verkehrsberuhigung brachte Ines Strehlau 1998 in die Politik. „Meine Kinder mussten auf dem Weg zum Kindergarten den Luruper Weg überqueren, und da rasten ständig Autos vorbei“, erinnert sich die Halstenbekerin. Die dreifache Mutter kämpfte erfolgreich für einen Zebrastreifen – und ließ sich nebenbei von den Grünen „anwerben“. Der Weg führte über den Orts- und später den Fraktionsvorsitz bis in den Landtag, dem die Lehrerin seit 2009 als Vollzeitpolitikerin angehört.

Der Landtag nimmt im politischen System die Rolle der Legislative ein. Er beschließt also Gesetze, die in Schleswig-Holstein Gültigkeit haben und für alle Kommunen des Landes maßgebend sind. Seine Hauptzuständigkeiten liegen in den Bereichen Bildung, Kultur, Bau- und Raumordnung, Brandschutz sowie Innenpolitik, die anderen Bereiche unterliegen der Gesetzgebung des Bundes. „Mein Vorteil ist, dass ich auch die kommunale Seite bestens kenne. Auf diese Weise weiß ich, was Entscheidungen in Kiel auf Seiten der Gemeinden auslösen“, sagt sie. Beispielsweise das neue Finanzausgleichsgesetz, das reiche Kommunen zur Kasse bittet, während klamme Städte und Gemeinde Hilfsgelder erhalten.

Nach ihrem Eintritt bei den Grünen („Ich war schon immer grüne Sympathisantin“) übernahm sie den Ortsvorsitz und als bürgerliches Mitglied einen Sitz im Schulausschuss. Nach der Kommunalwahl 2003 zog Ines Strehlau in den Gemeinderat ein und übernahm den Fraktionsvorsitz. Den gab sie 2009 nach der Wahl in den Landtag auf, das Mandat im Gemeinderat nicht. „Auf diese Weise kann ich Themen aus der Gemeinde mit nach Kiel nehmen“, sagt sie. Die Doppelbelastung störe sie nicht.

Ihren Job im Schuldienst muss die Lehrerin seit dem Einzug in den Landtag ruhen lassen. „Dass ich mal Berufspolitikerin werde, war nicht geplant.“ Die heute 54-Jährige hatte in Halstenbek am viel beachteten pädagogischen Konzept der Grund- und Gemeinschaftsschule mitgearbeitet und sich auf diese Weise als Fachfrau für Bildungspolitik bei den Grünen etabliert. „Ich bin dann gefragt worden, ob ich nicht für ein Landtagsmandat kandidieren möchte.“

Ines Strehlau bewarb sich erfolgreich um einen der vier Landtagswahlkreise im Kreis Pinneberg. „Dass wir einen Wahlkreis direkt gewinnen, soweit sind wir noch nicht“, sagt die Grüne. Damals verfügte die Ökopartei in Schleswig-Holstein über vier Abgeordnete im Landtag. Die Zahl konnte bei der Wahl 2009 verdreifacht werden – und der Platz elf auf der Landesliste reichte für den Einzug der Halstenbekerin. Seit der Neuwahl 2012 stellen die Grünen zehn Mandatsträger. Und auch hier reichte ihr Listenplatz elf, weil zwei vor ihr platzierte Parteikollegen auf ihr Landtagsmandat zu Gunsten eines Ministeramtes verzichteten.

Der Landtag tagt elf Mal im Jahr, jeweils drei Tage lang. Häufig steht die Halstenbekerin bei Parlamentsdebatten am Rednerpult, hält dort Grundsatzreden oder bringt Anträge ihrer Fraktion ein. „Das meiste wird aber in den vorbereitenden Ausschusssitzungen erledigt“, erläutert Ines Strehlau. Sie gehört dem Bildungs- sowie dem Innen- und Rechtsausschuss an. Letzterer tagt einmal wöchentlich, weil über ihn alle Gesetzesvorlagen laufen. Einmal in der Woche treffen sich auch die Parlamentarier der Grünen zur Fraktionssitzung. Dienstag, Mittwoch und Donnerstag nimmt sie in Kiel an Sitzungen teil, Montag und Freitag gehören der Vor- und Nachbereitung und der Informationsbeschaffung. „Ich bin ganz viel im Land unterwegs, um mir die Meinung von Fachleuten anzuhören.“ So ist die Grüne in ihrer Fraktion für das Feuerwehrwesen zuständig und besuchte kürzlich die Kreisfeuerwehrzentrale Tornesch-Ahrenlohe, um sich mit Kreiswehrführer Bernd Affeldt über das geplante neue Brandschutzgesetz auszutauschen. Hauptzuständigkeitsbereich der Politikerin ist die berufliche Bildung, wo sie daran arbeitet, die Berufsorientierung in den Schulen zu verbessern. Zudem ist sie in der Fraktion Ansprechpartnerin für kommunale Anliegen.

Dem Landtag obliegt auch die Wahl des Ministerpräsidenten. Seit 2012 heißt er Torsten Albig und kommt von der SPD. Mitgewählt hat ihn auch Ines Strehlau, deren Partei gemeinsam mit der SPD und der dänischen Minderheit (SSW) eine Koalition bildet. „Wir haben unter den Koalitionären einen hohen Abstimmungsbedarf, damit unsere Ein-Stimmen-Mehrheit steht.“ Die Arbeit innerhalb der Regierung klappe gut – und mache Spaß. „Es ist natürlich gut, wenn man mitgestalten kann. Wenn man einen Antrag schreibt und weiß, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit auch beschlossen wird.“

Die Tätigkeit in der Landespolitik ist laut Strehlau sehr arbeitsintensiv. „Ich arbeite 60 bis 70 Stunden in der Woche. Das muss man sich vorher klar machen und sicherstellen, dass die Familie mitspielt.“ Bei Ines Strehlau klappt das gut. So gut, dass sie auch ihr Engagement in der Kommunalpolitik weiter ausüben kann. Das kostet nochmals geschätzte fünf bis zehn Stunden pro Woche. Gut investierte Zeit, sagt Strehlau. „In der Kommunalpolitik kann man die Lebensbedingungen vor Ort aktiv mitgestalten. Es ist schade, dass sich dafür so wenige engagieren.“

Die Grüne wird es weiterhin. Wenn ihre Zeit im Landtag irgendwann enden sollte, kann sie zurück in den Schuldienst. „Persönliche Unabhängigkeit ist für mich wichtig. Ich habe immer gerne unterrichtet und kein Problem damit, wieder in die Schule zurückzukehren.“

Alle Folgen der Serie finden Sie im Internet unter www.abendblatt.de/serie