Politiker sind sich einig, dass die Stadt mehr Gewerbesteuereinnahmen braucht. Ob die Einwohnerzahl steigen soll, daran scheiden sich die Geister.

Pinneberg . Das Thema Finanzen hat in den vergangenen Monaten die Politik in der Stadt Pinneberg bestimmt. Nachdem die Kreisstadt den unrühmlichen Ruf als "Pleitestadt" bekommen hatte und sich gar als Griechenland Schleswig-Holsteins bezeichnen lassen musste, schlüpfte sie Ende 2012 unter den sogenannten Rettungsschirm des Landes. Das bedeutet, dass die Stadt, die Verbindlichkeiten von annähernd 100 Millionen Euro drücken, auf Jahre gesehen große Investitionen mit dem Land als Vertragspartner abstimmen muss.

Da fragt sich der Wahlbürger: Geht es weiter nur ums Sparen? Haben die Ortspolitiker nicht alle Handlungsspielräume verloren? "Nee, das ist nicht richtig", antwortet Natalina Boenigk, Vorsitzende und Spitzenkandidatin der Pinneberger CDU. "Wir gestalten noch eine Menge, auch wenn wir alle gerne mehr Gestaltungsfreiheiten hätten." Die Bürgervorsteherin ruft alle Wahlberechtigten auf, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen: "Wer nicht wählt, darf hinterher nicht meckern."

Die beiden großen Fraktionen CDU und SPD, die seit geraumer Zeit in zentralen Fragen gemeinsame Sache machen und Ende 2012 gemeinsam und erfolgreich die parteilose Urte Steinberg ins Rennen um den Bürgermeisterposten geschickt hatten, sind sich einig: Pinneberg muss mehr Gewebebetriebe ansiedeln, um mit mehr Gewerbesteuereinnahmen seine Finanzen zu verbessern. "Wir brauchen das Geld vor allem, um es in unsere Schulen zu stecken", sagt CDU-Politikerin Boenigk.

Neue Betriebe, vor allem aber bis zu 250 neue Wohneinheiten sollen auf dem Gelände der früheren Eggerstedt-Kaserne im Stadtteil Quellental entstehen. CDU und SPD hatten dafür gestimmt, dass die finanziell klamme Stadt Pinneberg den Kauf des Bundeswehr-Geländes im Alleingang stemmt, um die Flächen nunmehr zu entwickeln und zu vermarkten. "Der Druck auf den Wohnungsmarkt in der Region wird noch zunehmen, das können wir nicht wegdiskutieren", sagt die CDU-Vorsitzende. Im Wahlprogramm heißt es, die Stadt brauche den Zuzug junger Familien. Priorität haben für die CDU in den kommenden Jahren die Wirtschaftsförderung und eben die weitere Haushaltskonsolidierung.

Die SPD will nach den Worten ihrer Fraktionsvorsitzenden Angela Traboldt weiter nach breiten Mehrheiten bei zentralen Fragen suchen. "Die Leute wollen keine kleinkarierte Parteipolitik, sondern Lösungen für unsere Probleme", so die Sozialdemokratin. Auf der Agenda der Genossen steht das Thema Bildung ganz oben. Auch bei der Schaffung von Kinder-Betreuungsplätzen müsse die Stadt noch nachlegen, sagt Traboldt. Wie es im Wahlprogramm der Partei heißt, könne der durch demographischen Wandel verursachte Verlust an Einwohnern nur durch ausreichende Zuwanderung ausgeglichen werde. Die SPD will die jetzige Zahl von etwas mehr als 42.000 Einwohnern stabilisieren, will unbedingt auch bezahlbaren Wohnraum anbieten können. Der Bau der bis zu 250 Wohneinheiten auf dem Kasernengelände solle nur zeitlich gestaffelt realisiert werden.

Grüne & Unabhängige wollen im Zweifelsfall auf neue Wohngebiete zugunsten von Gewerbeansiedlungen verzichten. Wie Manfred Stache und Ingo Worm im Gespräch mit dem Abendblatt sagten, könne die angepeilte Einwohnerzahl von 43.000 auch ohne größere Neubaugebiete gehalten werden. "Die Angst, dass die Stadt schrumpft, haben wir nicht", so Stache. Die Grünen sind generell gegen eine weitere Versiegelung von Flächen. Dort, wo bereits Versiegelung stattgefunden habe, gebe man Gewerbeansiedlungen Priorität, so Worm. Joachim Dreher, Fraktionschef von Grünen & Unabhängigen, warnte jüngst im Rat davor, dass die Stadt eben doch die Verschuldung vorantreibe. Zentraler Kritikpunkt: die Kosten für den Bau der Westumgehung, die von Grünen & Unabhängigen stets abgelehnt worden war. Dreher sprach von Beton- und Prestigeprojekten der beiden großen Fraktionen.

Die FDP ist sehr wohl für die Westumgehung, lehnt aber die von SPD und CDU beschlossene Verlagerung des Sonnabend-Marktes in die Innenstadt ab. Der Fraktionsvorsitzende der Liberalen, Werner Mende, erlebt den bisherigen Wahlkampf als "sehr lokal eingefärbt". Die weitere Stadtentwicklung müsse detailliert betrachtet werden. Mehr als 43.000 Einwohner wolle die FDP für Pinneberg nicht, so Mende. Die Partei ist mit Blick auf den Haushalt gegen die Umgestaltung des Drosteivorplatzes und des Bahnhofsumfelds.

Die Bürgernahen um den Fraktionsvorsitzenden Uwe Lange sehen sich voll als Opposition. Sie wollen sich vor allem dafür einsetzen, die Bürger vor zusätzlichen Kosten und erhöhten Gebühren zu bewahren. Die Bürgernahen sind gegen eine großflächige Wohnbebauung auf dem Kasernengelände. Auch sie wollen eine Verlagerung des Sonnabendmarktes in die City noch verhindern. Vorgeschlagen wird, einen Kultur- und Sportförderfonds auf Stadtebene zu schaffen.