Die Schenefelder Gewerbetreibende verzweifeln. Sie haben bereits schon seit einem Monat keinen Strom, weil der Vermieter mit E.on streitet.

Schenefeld. "Ich kann nachts nicht mehr schlafen. Das macht mich richtig kaputt." Margarete Grabowsky ist eine starke Frau. Doch nach den Strapazen der vergangenen Wochen ist die 68-Jährige am Ende ihrer Kräfte angelangt. Die Schenefelderin steht in ihrem Stöberstübchen. In dem Laden am Kiebitzweg ist es kalt und dunkel. Dabei sollte das Geschäft mit der Weihnachtsdeko brummen. Doch seitdem Versorger E.on vor mehr als einem Monat den Strom abdrehte, muss der Laden geschlossen bleiben. Zu gefährlich ist es, sich in dem Dämmerlicht um die vollen Verkaufstische zu schlängeln, wie Grabowsky weiß. Sie reibt sich das Knie, das sie sich aufgeschlagen hat. Wann sie wieder aufmachen kann? Sie weiß es nicht. Die Schenefelderin ist ratlos und verzweifelt. So wie viele der betroffenen Gewerbetreibenden, die in dem stromlosen Gebäudekomplex ansässig sind. Sie alle haben jeden Monat ihre Stromabschläge bezahlt. Allerdings nicht direkt an die E.on Hanse Vertrieb, sondern an die Verwaltungsgesellschaft des Immobilieneigentümers Max-Dieter Altmann. Genau der hat sich mit dem Energielieferanten überworfen. Seit Monaten schwelt der Streit um unbezahlte Rechnungen. Es geht um eine Summe im sechsstelligen Bereich. Altmann vertritt den Standpunkt, dass er nie einen Vertrag mit dem Energieriesen unterschrieben hat. E.on dagegen verweist darauf, dass seit Jahren Strom geliefert und abgenommen wird. Das käme einem Vertrag gleich. Versuche, sich zu einigen, eine Ratenzahlung zu vereinbaren, scheiterten. Der Streit wird jetzt vor Gericht geklärt. Am 27. November reichte E.on Klage gegen Altmann ein, wie Unternehmenssprecher Roland Schilhab bestätigte. "Wir gehen davon aus, dass sich das Verfahren hinziehen wird."

Eine Hiobsbotschaft für Grabowsky und die anderen sechs betroffenen Unternehmer, die in dem riesigen Gewerbekomplex in unmittelbarer Nachbarschaft zum Schenefelder Stadtzentrum ihren Sitz haben. Eine Druckerei, zwei Malerbetriebe, ein Trockenbauer, ein gemeinnütziger Verein, der dort Secondhandware lagert, sowie ein Forschungsinstitut sind seit dem ersten Oktober vom Netz abgeschnitten. Zwar haben sich einige Mieter mit einer provisorischen Notversorgung erst einmal selbst geholfen, aber die Zeit drängt. Der Winter und damit die frostigen Temperaturen sind gekommen. Karsten Drebelow, der mit seiner Frau die gleichnamige Druckerei in dem Gewerbekomplex seit zwei Jahren betreibt, hat Angst, dass die Leitungen platzen. Ohne Strom keine Heizung - ohne Heizung der nächste Wasserschaden. Drebelow kennt das schon. Im Februar dieses Jahres fiel in dem Gebäude einen Tag lang die Heizung aus. Über Nacht wurde es eisig, am Morgen wieder warm. Die Leitung gab nach. Als Drebelow seine Druckerei betrat, strömte das Wasser aus der Decke. "Es war, als würde man in der Dusche stehen." Acht Wochen lang war der Betrieb lahmgelegt. Jetzt improvisiert er schon wieder. Seine Drucker laufen dank Notstrom, den er selbst organisierte. Doch für die Beleuchtung im WC reicht es nicht. Der Gang zur fensterlosen Toilette wird zum Abenteuer. Drebelow greift zur knallroten Taschenlampe, die er von dem Versorger geschenkt bekommen hat.

Im Gegensatz zu seinem Vermieter kam der E.on-Vertriebler vorbei, um den Kontakt zu suchen. "Wenn man bei der Verwaltungsgesellschaft anruft, wird einem jedes Mal etwas anderes erzählt, wenn man überhaupt jemanden erreicht," kritisiert der Schenefelder. Er ist sauer. Er hat sich einen Anwalt genommen. Grabowsky auch. Passiert ist trotzdem nichts.

Gebäudeeigentümer Max-Dieter Altmann verweist auf seine Verwaltungsgesellschaft. Er selbst wisse nichts von offenen Rechnungen. E.on hält dagegen. Er hätte bei den Gesprächen mit am Tisch gesessen, sagt Schilhab.

"Der lässt uns am langen Arm verhungern", sagt Grabowsky. Sie weint, will nur noch ihre Sachen packen und gehen, obwohl sie viel Geld in ihr Stöberstübchen investiert hat. Es war ihr Projekt für die Zeit nach dem Beruf als Verkäuferin auf dem Großmarkt. Die leidenschaftliche Flohmarktgängerin wollte im Kontakt mit Leuten bleiben.

Zwei Streithähne, leidende Unternehmer. Ein Kompromiss müsste her. Doch auch Christiane Küchenhof sieht keine Vermittlungschancen. "Es ist wirklich bitter für die Mieter. Aber es handelt sich um eine private Angelegenheit. Da kann ich nichts machen", sagt die Schenefelder Bürgermeisterin. Allerdings bietet sie Hilfe für die Gewerbetreibenden an, die jetzt nach alternativen Mietflächen suchen. Küchenhof: "Es gibt Möglichkeiten im Bereich Gewerbe. Die Unternehmer können sich gern bei uns melden. Wir haben einen guten Überblick und vermitteln an Ansprechpartner."