Kreis Pinneberg ist bei der Förderung Schlusslicht im Land. Drostei-Fürsprecher Niels Jonas warnt vor Kürzungen und kämpft für die Kultur.

Kreis Pinneberg. Überall gibt der Rotstift als Taktstock die Melodie beim Streichkonzert an. Der Kreis ebenso wie die Stadt Pinneberg diskutieren "Giftlisten". Kreis und Stadt müssen Sparvorgaben erreichen, wollen sie unter den sogenannten Rettungsschirm des Landes Schleswig-Holstein schlüpfen. Der Pinneberger Niels Jonas warnt im Zuge der Spardebatte eindringlich davor, die öffentliche Kulturförderung weiter herunterzufahren. "Kultur gibt Halt in stürmischen Zeiten. Wir dürfen sie nicht kaputtsparen. Sie ist keine Beliebigkeit, sondern eine Grundlage für friedliches Zusammenleben", sagt Jonas, der zum Vorstand des Fördervereins Landdrostei Pinneberg gehört.

Im Vormonat hatte die Kreisverwaltung eine Liste mit 280 Spar- und Streichvorschlägen vorlegt. Darin enthalten: Einsparungen bei den Kulturausgaben von bis zu 400 000 Euro. Sozialdemokrat Jonas, 69, der während seiner beruflichen Karriere unter anderem den Planungsstab im Hamburger Rathaus unter Oberbürgermeister Hans-Ulrich Klose und später die Magdeburger Staatskanzlei unter Ministerpräsident Reinhard Höppner geleitet hatte, verweist darauf, dass der Kreis landesweit in Sachen Kulturförderung an letzter Stelle liegt. "Im Haushalt 2012 belaufen sich die Kulturausgaben auf 1,06 Millionen Euro bei Gesamtaufwendungen von mehr als 329,4 Millionen Euro. Das sind weniger als 0,3 Prozent. Als Richtwert in Deutschland gilt ein Prozent für die Kultur", sagt Jonas.

Darauf, dass der Landesrechnungshof die geringen Ausgaben des Kreises für Kultur angeführt habe, bezieht sich auch CDU-Politikerin Kerstin Seyfert. Die Vorsitzende des Kreisausschusses für Schule und Kultur sagt: "Niemand im Bereich Kultur muss sich Sorgen um weitere Streichungen machen." Der Landesrechnungshof habe bestätigt, dass auf dem Gebiet Kultur bereits erhebliche Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung geleistet worden seien.

Nicht nur auf Kreisebene stehen Kürzungen bei der Kultur zur Debatte. Auf einer Liste von Einsparungsmöglichkeiten der Stadt Pinneberg finden sich 480 000 Euro, die die Kreisstadt durch den Verzicht auf Kulturförderung und Zuwendungen an Musik- und Volkshochschule weniger ausgeben könnte. 10 000 Euro weniger pro Jahr könnten an Stadtmuseum und Landdrostei fließen, wenn der Rat zustimmt.

In der Gemeinde Halstenbek hatten jüngst CDU und Grüne im Ausschuss für Soziales, Kultur und Sport beschlossen, dem Kulturkreis Halstenbek keinen Zuschuss von 2000 Euro zu gewähren. "Die Politiker loben unsere Arbeit, trotzdem werden die Zuschüsse komplett gekürzt", sagte die Vorsitzende des Vereins, Tamara Böhning. Vor sechs Jahren hatte der Kulturkreis noch einen Zuschuss von 8000 Euro bekommen. "Ich mache mir Sorgen um die Kulturarbeit", sagt der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Christoph Bittner. Die Genossen wollen während der Haushaltsberatungen beantragen, den Kulturkreis doch weiter zu unterstützen.

Claus von Carnap-Bornheim, Direktor des Landesmuseums Schloss Gottorf, hatte jüngst in einem Zeitungsbeitrag von einer Depression gesprochen, die in der Kulturszene Schleswig-Holsteins wegen der kontinuierlich schlechter werdenden finanziellen Bedingungen herrsche. Im Frühling hatten bundesweit mehr als 50 namhafte Künstler wie Iris Berben und Wim Wenders einen Appell zur Verteidigung der Kultur gestartet und vor einem Kahlschlag gewarnt.

Für den Förderverein Landdrostei forderte der Vorstand bei Landrat Oliver Stolz ein, den bis 2013 laufenden Budgetvertrag in bisherigem finanziellem Umfang um weitere vier Jahre zu verlängern. 2017 wird der 250. Geburtstag der Landdrostei gefeiert. Niels Jonas ("Kultur ist Voraussetzung für eine prosperierende Gesellschaft") sagt, der Zuschuss für die Landdrostei betrage jährlich 130 000 Euro, vor allem für bereits erheblich reduzierte Personalkosten. Weiteren Kürzungen gingen zu Lasten des Kulturangebotes. Am Ende mache es keinen Sinn, Personal zu bezahlen, es aber gleichzeitig zu bremsen, indem für Veranstaltungen nicht genügend Geld zur Verfügung stehe.

Wie aber soll nach Ansicht des ehemaligen Verwaltungsprofis der Schuldenberg abgebaut werden? Jonas: "Es reicht nicht aus, sich allein die freiwilligen Leistungen kritisch anzusehen. Das finanzarme Schleswig-Holstein leistet sich auf kommunaler Ebene mit dem Nebeneinander von Gemeinde-, Ämter- und Kreisverwaltung einen finanziellen Luxus. Mittelfristig muss es das Ziel sein, einen kostenträchtigen Verwaltungskörper ganz einzusparen."