Öffentliche Förderung zahlt sich um ein Vielfaches aus. Strahlkraft von Veranstaltungen wie “East meets West“ in Haseldorf reicht weit über die Region hinaus

Die Absicht Ihrer Zeitung, die Kultur im Kreis Pinneberg stärker abzubilden, ist sehr zu begrüßen. In einer Zeit, in welcher der Stellenwert der Kultur zwar hoch gelobt und als Standortfaktor auch für die Wirtschaft beschrieben wird, führt dieser Sektor in der Politik meist ein Nischendasein. Der "homme de lettres" war schon zu Zeiten eines Carlo Schmid die Ausnahme, und einen André Malraux konnte man sich hierzulande kaum vorstellen. Die Kulturpolitiker sind manchmal zu bedauern, vor allem in der Kommunalpolitik.

Die geizigen Schweizer haben es Mitte der 80er Jahre vorgemacht. Sie kennen keine nationale Kunstförderung. Diese ist auf Kantone und Städte beschränkt. Der Stadt Zürich war das eigentlich zu viel: Brotlose Kunst, mit öffentlichen Geldern gefördert. Man gab eine Untersuchung in Auftrag, und dieser damals weltweit einzigartige Kulturbericht förderte Erstaunliches zu Tage: Jeder für die Kultur ausgegebene Franken war gut investiert, und ein Vielfaches kehrte in die Stadtkasse zurück, auf Umwegen und meist nicht an der Ausgabestelle, was Politiker, die ihren Blick nur auf ihr jeweiliges Fachgebiet lenkten, erst einmal begreifen mussten.

Seitdem gab es einige Kulturberichte auch in Bundesländern wie Schleswig-Holstein und Hamburg. Man hat den Eindruck, dass sie Einmal-Aktionen blieben und nicht fortgeschrieben werden. Ganz im Gegenteil zu Zürich, das diesen Kulturbericht als Markenzeichen der eigenen Politik stolz über die Jahre weiter entwickelte.

Ich habe diesen Gedanken beim letzten "Runden Tisch der Kulturschaffenden" eingebracht und der Wunsch nach einem Kulturbericht als Bestandsaufnahme wurde an den Kreistag weiter geleitet. Die Kulturförderung des Kreises hört sich mit rund 200 000 Euro gewaltig an, ist sie aber nicht, wenn man sie unter dem Gesichtspunkt des Zürcher Vorbildes betrachtet. Natürlich ist es zu verstehen, wenn sich beim Landkreis der Blick auf Städte und Gemeinden richtet, die sich ganz aus der Kulturförderung zurückziehen. Man will nicht als Auffanggeldquelle einspringen. Dem entspringt aber eine neuerliche abstruse Sparmaßnahme, die beispielsweise jede Förderung eines Events an eine finanzielle Beteiligung des Aufführungsortes koppeln will. Damit zieht sich der Kreis auf die Position eines Sekundärfinanziers zurück und setzt keine eigenen Akzente bei Veranstaltungen, deren Wirkung weit über den Ort der Aufführung hinausstrahlen.

Ein Beispiel ist das von mir in 2005 mitbegründete Japanisch-Deutsche Freundschaftskonzert "East meets West" in Haseldorf, das dieses Jahr zum 8. Mal stattfinden soll und dem veranstalteten Mäzen jedes Jahr einen fünfstelligen Betrag in hohem Bereich kostet. Für eine verhältnismäßig kleine Beteiligung sollte das kleine Dorf einen mindestens ebenso hohen Betrag beisteuern, was die Amtskasse nicht trägt. Nun ist das "East meets West" ein auf der Welt einmaliges künstlerisches Projekt. Eine derartige Mischung von europäischer Klassik und modernen japanischen Kompositionen gibt es als wiederholtes Konzerterlebnis sonst nirgendwo, wie uns das japanische Generalkonsulat beizeiten versicherte.

Haseldorf wurde in Japans Musikszene mit einem Schlag bekannt.

Ein Aushängeschild für den Kreis, was wenigen hier bewusst ist. In drei Jahren fand zudem ein japanisch-deutsches Familienkonzert statt, das die Kosten für den Veranstalter jedes Mal verdoppelte und zu einer eindrucksvollen Begegnung zwischen deutschen und japanischen Kindern und Familien führte. Über Einnahmen konnte sich das "East meets West" bisher nicht refinanzieren. Der Import moderner japanischer Musik ist im Vergleich zu China und Südkorea noch im Anfangsstadium. Das Publikum reagierte im letzten Herbst in der Großen Laeiszhalle mit Ovationen auf die Werke von Tokuhide Nimii, dessen Werke zuvor in Haseldorf aufgeführt wurden und der extra aus Tokio angereist war. In Haseldorf selbst verhalfen wir der Landesregierung aus Kiel mit diesem durchfinanzierten Konzert im letzten Jahr aus einer Verlegenheit. Man konnte im Jahr des 150jährigen Jubiläums des japanisch deutschen Freundschaftsvertrages dann den anreisenden japanischen Diplomaten eine musikalische Referenzveranstaltung des Bundeslandes bieten. Es besteht die Möglichkeit, das "East meets West" ab 2013 mit einer stärkeren Beteiligung Japans fortzuentwickeln. Die Anträge in Tokio bedürfen einer langen Vorlaufszeit. In diesem Jahr steht das "East meets West" ohne die mehr symbolische Beteiligung des Landkreises auf der Kippe.

Es wäre schade, wenn Schleswig-Holstein und der Kreis dieses internationale Aushängeschild einer Kulturbrücke verlieren, auch wenn das Projekt hier bei manchen in seiner internationalen Dimension noch nicht bekannt ist. Haseldorf am 7. September 2012 wieder mit den Fahnen Japans beflaggt zu sehen, das ist jede Anstrengung wert.