Der Schenefelder Knochenmarkspender Jan Kleesattel ruft seine Mitmenschen zur morgigen Typisierung für Toni in Haseldorf auf.

Schenefeld/Haseldorf. Jan Kleesattel ist kein Mann der großen Worte. Aber einer der anpackt, wenn es darauf ankommt. So wie im Mai dieses Jahres. Da ging der Schenefelder Familienvater für drei Tage ins Universitätskrankenhaus Eppendorf. Eineinhalb Stunden dauerte die Operation. Unter Vollnarkose ließ sich der 47-Jährige 1,3 Liter Knochenmark aus dem Beckenbereich entnehmen. Freiwillig legte sich der kaufmännische Angestellte unters Messer. Freiwillig nahm er die Risiken einer Operation auf sich. Denn Kleesattel ist nicht krank, sondern einer von 2,7 Millionen registrierten deutschen Stammzellspendern.

Vor 18 Jahren ließ er sich im Zuge einer Blutabnahme gleich auch typisieren. Seitdem hat er nie wieder etwas von der Knochenmarkspenderdatei gehört. "Wir haben uns schon gefragt, ob er wirklich registriert ist", erzählt seine Frau Katja. Doch dann klingelte vor einigen Monaten das Telefon der vierköpfigen Familie. Mitten im Urlaub. Ob er noch bereit sei, Stammzellen zu spenden, wurde er gefragt. Denn er kam als passender Spender für eine an Krebs erkrankte Frau in den USA in Frage. Kleesattel zögerte nicht: Er war bereit.

Heute sieht man von dem Eingriff nur noch vier Punkte auf dem Rücken. "Nichts, was einen nennenswert entstellen würde", sagt Kleesattel. Er möchte anderen Mut machen, die zögern sich registrieren zu lassen, weil sie den Eingriff fürchten. "Ich habe mich nach der Operation nur etwas matschig gefühlt. So als wäre ich einen Marathon gelaufen." Schmerzen habe er nicht gehabt. Die Kosten wurden von der DKMS übernommen, er wurde eine Woche krankgeschrieben. Alles ganz problemlos, wie er sagt. "Das war wirklich kein großes Ding. Das würde ich lieber noch einmal machen, statt zum Zahnarzt zu gehen. Das tut mehr weh."

+++ Spenden: So geht's! +++

Seine Frau sieht das etwas anders. Sie hatte Angst um ihn. Sie hätte sich gewünscht, dass es auch mit dem einfacheren Verfahren gegangen wäre. Dabei werden die Stammzellen per Bluttransfusion entnommen. Keine Operation, nur vier Tage Medikamente nehmen. Doch das ließ der Zustand der erkrankten Frau aus den USA nicht zu. Trotz ihrer Sorgen stand es niemals zur Debatte, ob er überhaupt das Knochenmark spenden solle. "Es könnte doch jederzeit einen von uns treffen oder jemanden, den wir kennen", sagt die 48-Jährige.

"Es geht Toni so mittelgut. Es wird Zeit, dass es voran geht und wir einen Spender finden" - Dr. Susanne Faas-Ramm

Auf einen Stammzellspender hofft auch Toni. Das Mädchen aus Haseldorf ist an der schweren Form von Leukämie erkrankt. Wie berichtet, versucht das ganze Dorf Toni zu helfen. Nachbarn und Freunde haben eine große Typisierungsaktion gestartet. An diesem Sonnabend in der Zeit von 10 bis 16 Uhr können sich Freiwillige in der Haseldorfer Turnhalle, Kamperrege 1, registrieren lassen. "Patienten von mir gehen durch die Straßen und sammeln Geld für die Aktion. Und es haben sich so viele Helfer gemeldet, dass wir damit zwei Aktionen hätten bestücken können", erzählt Dr. Susanne Faas-Ramm, Hausärztin von Toni.

Die Hilfsbereitschaft ist enorm. 20.000 Euro sind bereits auf das Spendenkonto eingegangen. Und es kommt noch mehr. Aus den Einnahmen der Benefizveranstaltung "Appen musiziert" fließen 5000 Euro in die Finanzierung der Typisierung. "Tonia muss leben, und wir werden alles dafür tun", erklärt Initiator Rolf Heidenberger, der sich sicher ist, dass ein Spender gefunden wird. Muss er auch bald, wie Faas-Ramm, deutlich macht: "Es geht Toni so mittelgut. Es wird Zeit, dass es voran geht und wir einen Spender finden." Zumindest durfte Toni für ein paar Tage aus dem Krankenhaus und zu Hause bei ihrer Familie sein.

Das Schicksal der kranken Schülerin berührte auch Katja Kleesattel. "Es könnte unsere Tochter sein", sagt sie. Merret ist 15 Jahre alt. Genauso wie Toni. "Wenn jemand hört, wie unkompliziert auch die mögliche Operation ist, motiviert ihn das vielleicht hinzugehen", erklärt Katja Kleesattel ihr Anliegen. Die Familie weiß, wie es sich anfühlt, auf die Spendebereitschaft anderer angewiesen zu sein. Die Geburt ihres Sohnes Frederik verlief kompliziert. Er kam zu früh, hatte Gehirnblutungen, die Ärzte rangen um sein Leben. Ohne Bluttransfusion wäre er gestorben. Seitdem spendet Jan Kleesattel alle acht Wochen Blut. Nur derzeit darf er es nicht. Sechs Monate lang muss er nach der Knochenmarkspende pausieren. Ob er mit seiner Hilfsbereitschaft das Leben der 58-jährigen Frau retten konnte, erfährt er in einem Monat.