Ein Blankeneser Bestatter baut im Gewerbepark ein Zentrum mit kleinen und großen Räumen, um Abschied nehmen zu können.

Schenefeld. Ausgerechnet in Schenefeld, der Stadt ohne Friedhof, soll ein Trauerzentrum entstehen, das im Kreis Pinneberg und in Hamburg ohne Vorbild ist. Das in Blankenese ansässige Beerdigungsinstitut Seemann & Söhne wird am Dannenkamp 70 einen Gebäudekomplex errichten, der den Angehörigen neue Wege für den Abschied von den Verstorbenen ebnet.

Die Lage mitten im Gewerbegebiet ist aus Sicht des Inhabers Nils Seemann optimal. "Hier im Gewerbepark herrscht eine himmlische Ruhe. Das ist wie eine Kuschelecke, in der man sich ungestört frei entfalten kann", sagt der Bestatter, der in vierter Generation das Familienunternehmen führt.

Die Räume können sogar über mehrere Tage gemietet werden

Die Bauarbeiten haben bereits begonnen. Bis Oktober soll die Anlage auf dem 4900 Quadratmeter großen Grundstück fertiggestellt sein. Zum Trauerzentrum mit 990 Quadratmetern Nutzfläche werden eine Trauerfeierhalle mit Platz für bis zu 120 Personen sowie ein zweigeschossiger Verwaltungstrakt mit einem Café gehören. Seine besondere Bewandtnis hat es mit drei separaten Abschiedsräumen: Diese Einrichtungen, jeweils mit Platz für 40 Besucher, sollen es den Angehörigen ermöglichen, ganz individuell und persönlich ihre Zeit mit den Verstorbenen zu verbringen.

"Die Räume können gemietet werden, die Familien bekommen einen Schlüssel und können sich, wenn es gewünscht wird, sogar mehrere Tage Zeit lassen", beschreibt Seemann-Prokurist Michael Schütt das Angebot. Wie auch die große Trauerhalle können die Abschiedsräume rund um die Uhr benutzt werden. Zweck des Angebots ist es nach Worten von Nils Seemann, den Trauernden ohne Zeitdruck oder pingelige Terminvorgaben die Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Dies sei anders als bei vielen großen städtischen Friedhöfen.

"Wir sind offen für alle Religionen, aber auch für Menschen, die keine seelsorgerische Betreuung wünschen", umreißt der Bestatter das Spektrum. Wer es möchte, kann auch um Mitternacht in den Abschiedsräumen eine Aussegnung gestalten lassen oder dort im Kreise der Familie feiern. Lediglich sonntags ist Ruhetag. Der Fantasie sind bei den Ritualen keine Grenzen gesetzt. Bei Bedarf stehen in den Abschiedsräumen und in der Trauerhalle technische Möglichkeiten zur Verfügung, um beispielsweise besondere musikalische Wünsche zu verwirklichen oder mit Fotos oder Filmen aus dem Leben des Verstorbenen Abschied zu nehmen. Natürlich gehört auch eine elektronische Orgel zur Ausstattung. Selbst auf den ersten Blick ungewöhnliche Anliegen, wie ein Bemalen des Sarges, werden erfüllt.

Im Café können die Trauernden vor und nach der Feier oder dem persönlichen Abschied zusammenkommen. Dort wird es ein Angebot an heißen und kalten Getränken, Backwaren sowie kalten und heißen Snacks geben. Später soll in einem zweiten Bauabschnitt eine große Cafeteria entstehen, die auch über einen Außenbereich und einen Kinderspielplatz verfügt.

Geplant sind auch Vorträge über Erbrecht und Bestattungsrituale

Die Umgebung des Trauerzentrums soll gärtnerisch ansprechend gestaltet werden, verspricht Nils Seemann. Für die Besucher gibt es 40 Parkplätze, darunter einen Teil als überdachte Carports. Seemann plant, ergänzend auch Informationsveranstaltungen zu Themen wie Bestattungswesen, Erbrecht und Versorgung organisieren. Außerdem soll es Angebote für Trauerbegleitung geben.

Ursprünglich wollte Seemann, dessen Institut den gesamten Hamburger Raum und auch den Kreis Pinneberg betreut, unweit seines Firmensitzes in Blankenese sein Trauerzentrum bauen. Doch es gab heftigen Widerstand in der Nachbarschaft. Auch die Bezirksverwaltung sowie weitere Behörden der Stadt waren nicht gewillt, Seemann bei der Betriebserweiterung zu helfen. Als der Bestatter in Schenefeld anfragte, wurde er dagegen mit offenen Armen empfangen. Nils Seemann schwärmt von der freundlichen Behandlung im Rathaus und der Hilfsbereitschaft von Bürgermeisterin Christiane Küchenhof. Auch die Baugenehmigungsbehörde des Kreises Pinneberg hätte sich sehr kooperativ und unbürokratisch verhalten.