Schleswig-Holstein könnte 2013 mit dem letzten Bauabschnitt beginnen, Niedersachsen liegt Jahre zurück. Einwände lähmen den Bau.

Kreis Pinneberg/Stade. Bereits 1936 hatte sich der erste Elbbrücken-Bauverein mit Sitz in Kollmar gegründet. Seit Anfang der 90er-Jahre kämpft der Förderkreis "Feste Unterelbequerung" für den Ausbau der Autobahn 20 und den Bau eines vierspurigen Straßentunnels zwischen Kollmar und Wischhafen. Während seiner jüngsten Mitgliederversammlung, an der Förderkreis-Mitglieder von beiden Elbseiten teilnahmen, machte der eingeladene Chefplaner aus Kiel, Ministerialrat Kurt Richter, den Unterstützern der festen Elbquerung Mut: Er sei sehr zuversichtlich, dass für die gesamte A 20 von Bad Segeberg bis einschließlich Tunnelanlage bei Glückstadt die Planfeststellung bis spätestens 2012 abgeschlossen sei. Die Bauarbeiten könnten dann abschnittsweise bereits im Jahr darauf beginnen.

Mehrere Hundert Einwände von Betroffenen haben in der Vergangenheit allerdings schon für erhebliche Verzögerungen im Rahmen der Planfeststellungsverfahren gesorgt. So wurde beispielsweise bei den Streckenabschnitten von der Autobahn 7 bis durch den nördlichen Bereich des Kreises Pinneberg bis zur Elbe eine partielle Überarbeitung beziehungsweise Neuauslegung von Plänen erforderlich. Die Probleme sind sehr vielschichtig, beispielsweise geht es um Entwässerungskonzepte für betroffene Flächen. Auch Fragen des Lärmschutzes für die besonders betroffenen Dörfer Osterhorn und Westerhorn sind noch nicht geklärt. Die meisten Einwendungen kamen allerdings aus dem Steinburger Bereich.

Förderkreisvorsitzender klagt über zu geringe Bundeszuschüsse

Gewisse "Unwägbarkeiten" beim Bau der Trasse in Schleswig-Holstein entnahm allerdings auch Förderkreis-Vorsitzender Rainer Bruns dem Vortrag des Kieler A-20-Chefplaners Richter. Dazu zählen sowohl mangelnde Geldzuweisungen des Bundes wie auch der Streit von Baufirmen bei der Auftragsvergabe und mögliche Klagen.

Auf der anderen Elbseite sind die Planer noch längst nicht so weit. Wie Gisela Schütt von der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr erklärt, wird die Planfeststellung für den siebten Abschnitt der A 20, der von Elm nach Drochtersen führt, nicht vor dem ersten Halbjahr 2013 erwartet. Das Planfeststellungsverfahren dauert etwa zwei Jahre. Erfahrungsgemäß könne mit bis zu 100 Einwendungen gegen den Bau der A 20 gerechnet werden.

Schütt rechnet nicht mit einem Baubeginn bei einer der sieben niedersächsischen Trassen vor 2015. Der Elbtunnel bei Drochtersen soll, so der Planungsstand vom Sommer, etwa 2018, spätestens 2019 fertig sein, die komplette Autobahn aber erst 2025. Wann und wie der Tunnel letztlich für den Verkehr freigegeben wird, ist daher noch völlig offen. Das Investitionsvolumen für den rund 13,3 Kilometer langen Abschnitt mit Elbquerung, davon etwa sechs Kilometer Tunnel, beträgt rund 920 Millionen Euro.

Für den Fördervereinsvorsitzenden Rainer Bruns ist der Bau der A 20 mit einem Autobahntunnel jedenfalls "die beste Umweltschutzmaßnahme in ganz Schleswig-Holstein". Wenn man bedenke, dass ein Lkw im Stau und bei langsamer Geschwindigkeit einen Spritverbrauch von 800 Litern auf 100 Kilometer habe, so könne sich jeder vorstellen und im einfachen Dreisatz nachrechnen, wie viel jeder Lkw im Stau von Stellingen bis zum Elbtunnel verbrauche. "Wir wollen wirtschaftliche Entwicklung, gute und sichere Arbeitsplätze und den Schutz der Umwelt - dafür brauchen wir dringend die A 20 mit fester Elbquerung."

Grüne fordern Umdenken in der Logistik und CO2-freies Transportsystem

Ganz anders sieht das die Grünen-Bundestagsabgeordnete Valerie Wilms aus Wedel: "Die A 20 ist in keiner Weise erforderlich für eine langfristig stabile Weiterentwicklung der Wirtschaft im Unterelberaum. Wer soll denn einen Tunnel finanzieren, für den es nach den Verkehrsprognosen kaum Nutzer gibt? Wir müssen vielmehr auch in der Logistik das Umdenken beginnen hin auf das langfristige Ziel eines CO2-freien Transportsystems. Dafür brauchen wir Bahnanbindungen, die aber für den Unterelberaum gerade der unnötigen Fehmarnbeltquerung geopfert werden." Auch ihr Vorgänger als grüner Abgeordneter, Rainder Steenblock aus Elmshorn, hatte sich jahrelang gegen den Bau der A 20 samt Elbtunnel ausgesprochen. Er hatte immer wieder darauf hingewiesen, dass die von Kiel damals eingeplanten knapp 500 Millionen Euro nicht ausreichen und sich auch trotz erheblicher Zuschüsse des Bundes kein privater Investor für den Tunnelbau finden wird - ein Argument, das sich jetzt zu bestätigen scheint (siehe auch Infokasten).

Im Kreis Pinneberg reicht der bislang geplante 9,3 Kilometer lange Bauabschnitt der A 20 von der Landstraße 114 bei Bokel bis zum Autobahnkreuz mit der A 23 bei Hohenfelde im Kreis Steinburg. Vorgesehen ist eine Autobahnanschlussstelle bei Bokel, zwischen Westerhorn und Hohenfelde ist zudem die einseitig bewirtschaftete Raststätte "Glindesmoor" geplant. Insgesamt sollen 17 Brücken für Straßen und Wirtschaftswege sowie Biotopverbundflächen gebaut werden.