Walter Junker nennt sich den “ältesten Gastronom Pinnebergs“. Im Gespräch mit dem Abendblatt erinnert er sich an die große Zeit der Kneipen.

Pinneberg. Das schmucke, gelbe Häuschen hat eine lange Geschichte als Gastwirtschaft hinter sich. Schon 1885 wurde das Gebäude am Fahltskamp 33 in Pinneberg als Schank- und Speisewirtschaft eröffnet. Ganz so lange ist Gastgeber Walter Junker zwar noch nicht dabei. Seit stolzen 45 Jahren allerdings steht er hinter dem Tresen und in der Küche. Junker, vor kurzem 75 Jahre alt geworden, nennt sich den "ältesten Gastronom in Pinneberg".

Ursprünglich war es nicht Junkers Beruf und Berufung gewesen, als Gastwirt zu arbeiten. Gelernt hatte er nach dem Krieg Karosserieschlosser. Und als solcher hatte er in den 60er-Jahren bei einem ersten Aufenthalt in den Vereinigten Staaten gearbeitet. Sein Vater, der einst mit Uwe Seelers Vater Erwin Klapperjass gespielt hatte, war Werkstattbesitzer an der Schlankreye in Eimsbüttel gewesen. 1967 stieg Junker, zunächst um einem Freund zu helfen, in die Diskothek "Old Forrester" am Pinneberger Bahnhof ein. Das waren die wilden Zeiten, wie sich der 75-Jährige erinnert. Als Geschäftsführer der Disco ließ er Go-Go-Girls tanzen. Vor allem die Bundeswehrsoldaten aus der früheren Eggerstedt-Kaserne ließen in den Pinneberger Discotheken die Sau raus. "Kurz nach 20 Uhr kamen außerdem die Schwesternschülerinnen des Krankenhauses. Die kletterten über den Zaun, liefen durch den Fahlt", erzählt Junker.

1970 eröffnete er sein eigenes Lokal, das Kleine Steakhouse an der Bahnhofstraße 38. Aus Sicht von Junker war dies die Hochzeit der Kneipenkultur in der Kreisstadt. Nicht weniger als acht Kneipen gab es an der Bahnhofstraße. Wer etwas auf sich hielt, so wie die Amt- und Würdenträger der Stadt, die aufstrebenden Geschäftsinhaber, aber auch die Journalisten, ging abends in das "Kleine Steakhouse" und/oder in die "Stumpfe Ecke" gegenüber. "Die Wirtin der 'Stumpfen Ecke', Tante Alma, war eine Institution. Sie hat mir praktisch die Absolution erteilt, ein Lokal zu eröffnen", sagt Walter Junker. 1973 baute er eigens einen Versammlungsraum an, um dort den Pinneberger Schwimmclub zu gründen, der später im SC Pinneberg aufging. Steaks zu braten, das hatte sich Junker in den USA abgeguckt. "Entweder man kann ein Steak zubereiten oder nicht." Zu grillen und zu brutzeln, das habe ihm immer schon Spaß gemacht.

1975 kaufte Junker das Gebäude am Fahltskamp 33 und eröffnete ein neues, größeres Steakhouse. Er war einer der ersten in Pinneberg, der seinen Gästen die heutzutage allseits beliebten Ofenkartoffeln als Beilage zum Steak auftischte. Auch in den neuen Räumen wurde kräftig und wild gefeiert. "Einen Tag nach der Eröffnung mussten wir den neuen Teppich schon austauschen", gibt der Gastronom zu. Seine Gäste seien eine "wilde Clique" gewesen. Und er selbst, erzählt der 75-Jährige, habe seine Rolle genossen: "Ich bin früher selbst ein Kneipengänger gewesen." Diese Geselligkeit war es auch, die Junker in den USA fehlte, wohin er 1995 erneut übergesiedelt war. Trotz eines eigenen Hauses in den Staaten, zog es Junker deshalb zurück nach Pinneberg. 2005 übernahm er wieder die Leitung seines Restaurants. Mitgebracht hatte er diesmal das Konzept der "Louisiana Kitchen", auch exotisches Fleisch wie Krokodil anzubieten. Seitdem offerierte Junker in seinem "Exotischen Steakhouse" unter anderem Fleisch vom Bison, vom Strauß oder eben vom Krokodil. Es sei allerdings immer schwieriger geworden, diese Fleischsorten zu bekommen, sagt der Gastronom.

Walter Junker hat sich Zeit seines Lebens nicht ins Bockshorn jagen lassen. "Sonst mache ich eben noch mal was ganz Neues", sagt der 75-Jährige. Er schmeißt den Laden mit seiner Lebensgefährtin Astrid Stoltenberg. Direkt neben dem "Exotischen Steakhouse" gibt es noch "Harvey`s Bar". Junker hat die Trennwände zwischen den Lokalen entfernen lassen. Den Barbereich möchte er zum gemütlichen Treff für nettes Publikum etablieren. Ans Aufhören denkt Junker lange nicht. "Es bringt mir Spaß. Ich bin in meinem Leben immer Risiko gefahren, hatte aber immer eine Patrone als Reserve", sagt der Gastronom. Dass er fit genug ist, hat er Schwarz auf Weiß. Gerade wurde die fliegerärztliche Tauglichkeitsbescheinigung für ein Jahr verlängert. Wenn Zeit und Wetter passen, fliegt der Hobbypilot sonntags gerne nach Föhr.