Gastronom Jens Stacklies erzählt von seinen Projekten: Er plant ein Wiener Kaffeehaus in Hamburg und ein Brauhaus für Pinneberg.

Hamburg. Auf dem Schreibtisch von Jens Stacklies steht ein goldenes Pendel. Stupst man das Gerät an, zeichnet es unterschiedliche Muster in den darunter liegenden Sand. "Es beruhigt mich, wenn ich darauf schaue", sagt der hochgewachsene 50-Jährige mit dem militärisch kurzen, grauen Haarschopf. Kurz hält Stacklies inne, dann lehnt er sich in seinem Sessel nach vorn und erzählt ohne Punkt und Komma von seinen aktuellen Projekten.

Ruhe ist etwas, zu dem sich der Hamburger Top-Gastronom zwingen muss. Im Keller seiner Gröninger Privatbrauerei an der Willy-Brandt-Straße wird in großen Kupferkesseln gerade Bier gebraut, ein würziger Duft zieht durch das ganze Haus. In der nur wenige Kilometer entfernten Fischauktionshalle bereiten Mitarbeiter die nächste Großveranstaltung vor, eine von rund 200, die Stacklies in diesem Jahr in dem traditionsreichen Backsteinbau organisieren wird.

Und im Dorf Neuendeich bei Pinneberg hat der gebürtige Hamburger zusammen mit seiner Frau Taika Ende vergangenen Jahres das Haus "Schönes Leben auf dem Land" eröffnet, ein Mix aus Restaurant und Möbelladen nach dem Vorbild der gleichnamigen Einrichtung in der Speicherstadt.

Als wäre dies nicht genug, spuken Stacklies schon die nächsten Projekte durch den Kopf. "Wir würde gern ein Kaffeehaus nach Wiener Vorbild in der Innenstadt eröffnen", platzt es aus dem Unternehmer heraus. Eine gehobene Atmosphäre wie im Café des Hotels Vier Jahreszeiten schwebt Stacklies für das neue Etablissement vor. Dorthin verschlägt es den Gastronomen nämlich ab und an, wenn er mal einen guten Milchkaffee trinken möchte. "Derzeit sind wir auf der Suche nach einem passenden Standort, denkbar wäre beispielsweise die HafenCity."

Deutlich weiter gediehen ist Stacklies' zweites Großprojekt, der Bau einer gläsernen Brauerei in Pinneberg. Bis zu 400 Gäste sollen in dem neuen Gebäude direkt am Markt Platz finden, das entsprechende Grundstück hat Stacklies schon gekauft. In seiner Gröninger Privatbrauerei wird bereits ein Braumeister für das neue Haus ausgebildet. "2013 wollen wir mit dem Bau beginnen."

In den vergangenen Jahren hatte Stacklies seine Pläne notgedrungen zurückstellen müssen, da das nötige Geld für die Millioneninvestments fehlte. Während der Finanzkrise strichen die Unternehmen ihre Budgets für Großveranstaltungen zusammen, was der Gastronom deutlich bei der Auslastung seiner Häuser zu spüren bekam. "2011 lief es aber wieder richtig gut", sagt Stacklies. Um rund eine Million auf etwa elf Millionen Euro konnte er den Umsatz in der Gruppe steigern. Die Fischauktionshalle sei derzeit zu etwa 75 Prozent ausgelastet. "Damit bin ich sehr zufrieden."

Wenn Stacklies von den Vorbereitungen für seine nächsten Großveranstaltungen erzählt, dann merkt man dem gebürtigen Bahrenfelder an, dass er ein Vollblutgastgeber ist. Dabei war für den heute 50-Jährigen längst nicht von Anfang an klar, dass er einmal in der Gastronomie landen würde.

"Ich habe erst mal eine Ausbildung zum Starkstromelektriker angefangen", erzählt Stacklies. Er hatte nämlich gehört, dass diese Fachleute in Australien besonders gefragt sein sollten, und da wollte der junge Mann mit dem großen Fernweh auf jeden Fall mal hin. Als sich diese Information als Ente entpuppte, schmiss Stacklies die Lehre und versuchte sich lieber als Kfz-Mechaniker.

Doch auch diese Ausbildung brach er ab. Schließlich schickte ihn sein verzweifelter Vater zu Armin Scherrer ins gleichnamige Landhaus an der Elbchaussee. Wie ein "Verrückter" habe er dort Bestecke polieren müssen, war ebenfalls kurz davor, die Brocken hinzuschmeißen. Doch nach etwa einem halben Jahr begann Stacklies, die Arbeit Spaß zu machen. "Da hat es Klick gemacht, und ich hatte meine Berufung gefunden."

Seinen Drang zu Abenteuer und Risiko lebte der heutige Unternehmer bei der Bundeswehr aus, wo er sich freiwillig zu den Fallschirmjägern meldete. Seine Truppe trainierte sogar in Großbritannien und sprang mit den dortigen Kameraden mehrmals aus einem Fesselballon - eine übliche Trainingsmethode im Vereinigten Königreich.

Den letzten Schliff erhielt der heutige Chef der Fischauktionshalle bei dem wohl bekanntesten Hamburger Gastronomen - Eugen Block. Mitte der 80er-Jahre holte ihn der Blockhouse-Gründer in sein gerade eröffnetes Hotel Grand Elysée an der Rothenbaumchaussee. Vom Leiter des Banketts arbeitete sich Stacklies schnell zum Direktor hoch. "Block hat mir sehr viele Freiheiten gelassen und mich gelehrt, alles in Frage zu stellen", sagt Stacklies. "Davon profitiere ich noch heute."

Das Elysee war auch der erste Ort, an dem der Gastronom intensiv mit seiner Frau Taika zusammenarbeitete, die im Hotel als erste Hausdame angestellt war. Gemeinsam machte sich das Ehepaar selbstständig, zusammen suchen sie bis heute alle neuen Objekte aus, in die sie investieren. "Sie ist die beste Partnerin, die ich mir vorstellen kann, wir harmonieren sehr gut miteinander." 1995 erwarben die Stacklies die traditionsreiche Gröninger Privatbrauerei, in deren weitläufigen Kellergewölben mehrere Hundert Gäste Platz finden. Kurz darauf bauten sie einen Veranstaltungsservice auf und machten sich mit Festivals wie "Hamburg verwöhnt" auf dem Rathausmarkt einen Namen.

Etwa zehn Jahre später sicherte sich das Ehepaar in einem harten Bietergefecht ihr bislang größtes Objekt, die Fischauktionshalle. "Ich war schon immer in diese Halle verliebt", gesteht Jens Stacklies. Bereits als Kind stromerte der Gastronom durch den mächtigen Backsteinbau, in dem damals noch Hühner, Tauben und sogar Ziegen verkauft wurden. Zusammen mit einem Freund mietete er sich in einen kleinen Stand und verkaufte alte Kassetten und Spielzeug. "So habe ich mir die ersten zehn Mark verdient."

Schön, aber auch ein wenig überraschend findet es Stacklies, dass nun auch seine beiden Söhne Felix, 19, und Philipp, 17, in die Hotel- und Gaststättenbranche einsteigen wollen. Der ältere Sohn wird die renommierte Hotelfachschule in Lausanne besuchen, der jüngere hat sich gerade eine Lehrstelle in einem Hotel auf Sylt gesichert. "Gedrängt haben wir unsere Söhne nicht zu diesem Schritt, schließlich wissen wir sehr genau, wie stressig die Branche sein kann."

Ein weiteres Mal fällt Stacklies' Blick auf das goldene Pendel auf seinem Schreibtisch. In seinem Büro gibt es eine ganze Reihe solcher Objekte, die so gar nicht zu dem harten Geschäftsmann und nüchternen Vernunftsmenschen zu passen scheinen. In der Ecke steht eine indische Götterstatue mit Sonnenbrille auf der Nase, auf dem Flur finden sich Buddhafiguren.

"Meine Frau und ich glauben, dass es auf der Welt viele Dinge gibt, die sich mit dem Verstand nicht erklären lassen", sagt Stacklies, der sich selbst als gläubigen Katholiken bezeichnet. Und dann erzählt er davon, dass er Ende vergangenen Jahres in der Schwitzhütte eines Schamanen gesessen hat, der sein Zelt regelmäßig in der Nähe seines Restaurants "Schönes Leben auf dem Land" aufschlägt. "Das war sehr anstrengend, aber es hat mir auch neue Energie gegeben", sagt Stacklies.

Energie für die nächsten Projekte des Unternehmers.