Als Betreiber des bekannten Restaurants ist er der “Vater der Hamburger Gesellschaft“. Seine Verwandten waren Hitler-Widerständler.

Hamburg-Neustadt. Dirk von Haeften ist - wie eigentlich immer - leicht gebräunt. Er bittet auf die Terrasse der "Bank" an den Hohen Bleichen. Hier, in dem seit November 2005 geöffneten und mittlerweile preisgekrönten Restaurant, gibt von Haeften täglich den Vater der Hamburger Gesellschaft. Als geschäftsführender Gesellschafter und Betreiber führt er das Haus im Sinne der 32 Gesellschafter, die gemeinsam investierten und das Palais, in dem ab 1897 die Hypothekenbank 100 Jahre lang angesiedelt war, in eine angesagte Bar verwandelten. Alle kommen sie hierher, vom Anwalt bis zum PR-Profi. Künstler, Unternehmer, Berater, Adelssprosse oder Musikexperten speisen hier mittags, abends und auch nachts Langusten, gekräutertes Rinderfilet oder geschmorte Rehkeule.

Von Haeften steht auf feinen Grüntee und macht gern den "Grüß-August", wie er leicht ironisch erzählt. "Nein, im Ernst, es macht mich innerlich stolz, wie gut es hier läuft", so von Haeften, der momentan parallel an seinem neuen Projekt, der Eröffnung des Rivergrills im gerade schließenden Tafelhaus, feilt. Dass er jetzt, mit 53 Jahren, zum Gastronom geworden ist, damit hätte er nicht gerechnet. "Geplant war das eher nicht", sagt er und dreht sein schmales Wasserglas in den Händen. Sein Weg, er führte ihn aus Hamburg zum Studium der International Politics und Business Administration in die USA, worauf eine Lehre als Werbekaufmann folgte, ehe der Abschluss als Immobilienökonom an der European Business School kam. Nach Aufbau und Veräußerung seines Computerhandelsunternehmens Citicomp arbeitete er mehrere Jahre als Geschäftsführer der Immobilientochter der M.M.Warburg Bank. Ein solider Werdegang, der nicht unbedingt auf einen gastronomischen Ausflug ausgerichtet war.

Doch blickt man in die Familiengeschichte der von Haeftens, dann ist dieser Lebensweg nicht so verwunderlich. Eigentlich kombiniert er nur die Vorlieben seiner Eltern, die ihm ihre Talente vererbten: Von seinem Vater, dem Manager Jan von Haeften, der unter anderem die Lehndorffsche Vermögensverwaltung betrieb, hat Dirk von Haeften vor allem das Gespür für Gastfreundschaft und Geselligkeit, gutes Essen und feine Weine bekommen. "Ich denke gern daran, was für Gesellschaften er auf seinem wunderschönen Hof in Schleswig-Holstein gegeben hat, es gab viele Gästezimmer, einen Koch und viel Platz für mich, meinen Bruder und unsere Freunde", so von Haeften. Oder die Urlaubsfahrt durch die Normandie mit Vater und Bruder, in denen der kleine Dirk den Guide Michelin auf den Knien liegen hatte. "Und dann rief mein Vater irgendwann immer 'Such mal die nächstbeste Fresskneipe raus', und ich blätterte mich durch den dicken Schinken." Von Haeften lächelt, ein wenig gedankenverloren, richtet seine Aufmerksamkeit dann aber schnell wieder dem weißen Tischläufer zu. Seine Mutter, sie trägt den gleichermaßen wohlklingenden wie geschichtsträchtigen Mädchennamen Maria-Eleonore "Nona" von Lehndorff-Steinort. Sie ist die Tochter von Heinrich Ahasverus Graf von Lehndorff-Steinort, einem der Beteiligten an der Verschwörung vom 20. Juli 1944 gegen Adolf Hitler und Enkel des preußischen Generals Heinrich von Lehndorff. Maria-Eleonore wiederum hat Vera Gottliebe Anna Gräfin von Lehndorff als Schwester, besser bekannt unter ihrem Fotomodell-Künstlernamen Veruschka, zudem war Heinrich von Lehndorff-Steinorts Cousine Marion Gräfin Dönhoff. Als ob das nicht schon genug namhafte Verwandtschaft wäre, heiratete "Nona" 1957 den Vater von Dirk von Haeften, Jan von Haeften, einen Sohn des Widerstandskämpfers Hans Bernd von Haeften. Eine Ehe mit starker wie grausamer Historie. "Mir war früh bewusst, dass meine beiden Elternteile Teil einer besonderen Geschichte waren und sind", erinnert von Haeften, "doch wirklich viel wurde darüber nicht gesprochen. Es war sicher kein Tabuthema, es war einfach kein Thema." Bei Treffen der Hinterbliebenen des 20. Juli habe er alle kennengelernt, die von der Schulenburgs, die von Moltkes. Und ist heute froh darüber, "dass das Thema des Widerstands aufgearbeitet wird. Denn in der direkten Nachkriegszeit war die Thematik schwierig, denn die Widerstandskämpfer wurden nicht als Helden gefeiert, sondern eher als Verräter angesehen."

Neben dem Wissen um seine Vergangenheit lehrte ihn seine Mutter, die heute Inneneinrichterin ist, was Stil ist, welches Design ansprechend wirkt, was einladend und gemütlich ist.

"Von der Veranlagung her tendiere ich wohl etwas mehr zu meiner Mutter, doch die Summe macht mich zu einem guten Gastgeber, der lässig auf hohem Niveau einen Mix aus spannenden Leuten zusammenbringen kann", beschreibt von Haeften die Prägung durch sein Elternhaus. Heute kann er versöhnt und ausgesöhnt darüber sprechen, denn seine Eltern, sie trennten sich, als er selbst zwölf Jahre alt war. Heute verstehen sich die beiden, die sich unabhängig voneinander ein Leben auf Mallorca aussuchten, richtig gut. "Ich glaube, heute sehen sie sich mehr als je zuvor", so von Haeften lachend. Auch seine eigene Ehe zu seiner Frau Herrit zerbrach, doch die Freundschaft, Geschäftsbeziehung und Liebe zu den gemeinsamen Kindern blieb. Josefa ist 16 Jahre alt und Verus 13 Jahre alt. "Meine Tochter und mein Sohn sind mir natürlich unglaublich wichtig, und zu Herrit habe ich heute eine vertrauensvolle Freundschaft."

Sein Herz gehört seit einigen Jahren der Psychotherapeutin Billy Wasmuth. Die beiden leben in Harvestehude, teilen die Lust an Geselligkeit und joggen gern und regelmäßig um die Alster. Dabei, so von Haeften, werde man übrigens auch "schön braun".