Der SPD-Kandidat Kai Vogel erobert Pinneberg. Barbara Ostmeier von der CDU erhielt im Wahlkreis Pinneberg-Elbmarschen die meisten Stimmen.

Pinneberg/Holm/Haseldorf. Der Jubel kam spät, aber gewaltig. Bis spät in die Nacht musste Barbara Ostmeier (CDU) bei der Wahlparty im Haseldorfer Hof warten, bis endlich offiziell feststand: Sie hat den Wahlkreis Pinneberg-Elbmarschen mit 39,5 Prozent der Erststimmen erneut direkt gewonnen, und zwar mit 700 Stimmen vor ihrem Kontrahenten Thomas Hölck (SPD), der auf 37,3 Prozent kam. Eine Auszählungspanne in Uetersen war der Grund für die Verzögerung, immer wieder wurde per Handy versucht, bei den Parteifreunden in Uetersen Genaueres zu erfahren - vergeblich. Erst spät kam die erlösende Nachricht. Mit den Gedanken war Barbara Ostmeier schon nach den ersten Hochrechnungen in Kiel. "Das Land braucht eine stabile Mehrheit", sagte sie mit Blick auf eine aus ihrer Sicht drohende "Dänen-Ampel". Bei derart instabilen Verhältnissen drohten bald wieder Neuwahlen, "das können wir uns nicht leisten".

Ostmeiers Gegenspieler Thomas Hölck (SPD) hatte zur Wahlparty nach Holm in Ladiges Gasthof geladen. Trotz des Rückstandes bei den Hochrechnungen war die Stimmung vorerst optimistisch. Gesprächsthema Nummer eins bei den Genossen waren die Piraten. Die große Wählerabwanderung zu der Protestpartei sorgte für enttäuschtes Raunen. Noch trübte der knappe Vorsprung der CDU den Optimismus der Sozialdemokraten nicht. Doch je mehr sich in den Hochrechnungen herauskristallisierte, dass Rot-Grün im Land keine Mehrheit erreichen würden, desto verzweifelter klangen die Durchhalteparolen. "Man muss optimistisch sein. Die kriegen wir schon noch", hieß es aus der Runde mit Blick auf den geringen Vorsprung der CDU. Der Fernseher wurde stumm geschaltet, alle versammelten sich um den Laptop, regelmäßig wurde nach den neuesten Ergebnissen geschaut. Es wurde gerechnet. Gegen 22.30 Uhr schwanden auch beim Kandidaten die Hoffnungen. Als vorletztes Ergebnis aus dem Kreis Pinneberg wurden schließlich die Zahlen aus Uetersen bekannt gegeben. Spätestens da war klar: Es hat nicht gereicht . . .

Trübe Stimmung auch bei der CDU in Pinneberg. Erst war auf dem TV-Bildschirm nur Schnee zu sehen, dann kristallisierte sich schon gegen 20.45 heraus, dass CDU-Kandidatin Natalina Boenigk, Bürgervorsteherin und Parteichefin in der Kreisstadt, den Kampf ums Direktmandat im Wahlkreis 25 gegen Kai Vogel von der SPD recht klar verloren hatte.

Der Pinneberger Genosse setzte sich mit 12 206 zu 11 052 Erststimmen gegen seine Kontrahentin durch. Natalina Boenigk siegte knapp in Halstenbek, zog aber in Schenefeld und auch in ihrer Heimatstadt den kürzeren. "Dieses Ergebnis macht mich perplex", sagte Pinnebergs CDU-Fraktionschef Michael Lorenz. Der stellvertretende Bürgermeister Klaus Seyfert analysierte: "Der Bekanntheitsgrad hat offenbar nicht den Ausschlag gegeben."

Für Kai Vogel, 44, war es eine Genugtuung, dass er den Wahlkreis Pinneberg für die SPD zurückgeholt hat. Seine Kontrahentin habe während des Wahlkampfes gern betont, dass Vogel als Neuling mit schlechtem Listenplatz sowieso keiner kennen würde. "Sie hat mir immer klar gemacht, dass sie populärer ist", sagt der SPD-Politiker.

Doch offensichtig stießen die leisen Töne des stellvertretenden Schuldirektors bei den Bürgern auf größere Sympathien als die angriffslustige Christdemokratin. "Das ist Balsam für die Seele", sagt Kai Vogel. "Mein Konzept ist aufgegangen."

Die Verliererin wirkte am Ende so gelöst wie seit Langem nicht. "Dann bin ich jetzt wieder eine gute Hausfrau und engagierte Kommunalpolitikerin", sagte Natalina Boenigk. Was sie in den kommenden Tagen machen werde? "Erstmal spiele ich toter Käfer, schlafe mal wieder aus und räume dann das Haus auf." Für die dreifache Mutter war der Wahlkampf "eine schöne und spannende Zeit, aus der man für sich viel mitnimmt".

"Ich weiß, dass dieser Wahlkreis eher rot ist", sagte Natalina Boenigk. So sah es auch der bisherige Pinneberger Landtagsabgeordnete Christian von Boetticher. "Auch ich habe vor drei Jahren nicht mit 2000 Stimmen Vorsprung gewonnen, weil ich der strahlende Held war, sondern weil die Stimmung so eindeutig zugunsten der CDU war."

Der einstige CDU-Landeschef und Spitzenkandidat, gefallener Kronprinz des Noch-Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen, interessierte sich nach dem Bekanntwerden der ersten Hochrechnungen zunehmend weniger für das Geschehen auf dem Fernsehbildschirm. Sichtlich gut gelaunt saß von Boetticher mit einer Gruppe junger Leute von der Jungen Union zusammen. Weil der Pinneberger aus dem Landtag ausscheidet, verliert Natalina Boenigk demnächst ihren Job als seine Wahlkreismitarbeiterin.

Deutlich schlechter war die Stimmung des CDU-Kreisvorsitzenden Ole Schröder aus Rellingen. Professionell bescheinigte er der gescheiterten Kandidatin einen "hervorragenden Wahlkampf" geführt zu haben. Dann wendete sich der Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär im Bundesinnenministerium den Landesergebnissen zu. "Die einzig stabile Regierung geht nur mit der CDU. Eine Dänen-Ampel ist teuer, wird das Land spalten. Das ist unverantwortlich", sagte Schröder. Sichtlich unharmonisch fiel sein kurzes Zwiegespräch mit seinem langjährigen Weggefährten von Boetticher aus. "Sag Du mir nicht, wie wir sparen sollen."

Trotz aller Freude schwang auch beim Wahlsieger ein wenig Wehmut an diesem Abend mit. "Es fällt mir nicht leicht, meine jetzige Aufgabe als Konrektor aufzugeben", sagt Kai Vogel. Doch er freue sich auch auf sein neues Aufgabenfeld. Seine Kompetenzen sieht er in der Bildung und der Förderung der Wirtschaft in der Metropolregion, wie es auch schon sein Vorgänger Bernd Schröder tat. Dem sei er zu großem Dank verpflichtet, sagt Vogel. "Ich hoffe, seine großen Fußstapfen auszufüllen und das Amt in seinem Sinne fortzuführen."