Kreis Segeberg. Wärmere Klamotten, LED, weniger Flutlicht, höhere Gebühren: So reagieren Clubs in Norderstedt auf die gestiegenen Energiekosten.

Zehntausende Menschen sind kreisweit in großen und kleinen Sportvereinen organisiert. Täglich ist Betrieb in Sporthallen und auf den Sportplätzen. Für das gesellschaftliche Leben ein elementarer Beitrag. Doch die steigenden Heiz- und Stromkosten bringen die Clubs zum Teil in große Bedrängnis. Die Auswirkungen sind unterschiedlich – auch, weil manche Vereine eigene Sportstätten haben, andere hingegen kommunale Anlagen nutzen. Das Hamburger Abendblatt hat sich in Norderstedt umgehört.

1. VC Norderstedt: Die Moorbekhalle ist der Kühlschrank der Regionalliga Nord

Wenn die Volleyballerinnen des 1. VC Norderstedt ihre Heimpartien bestreiten, dann gilt ein ungeschriebenes Gesetz: Die Jacken bleiben an! Während sich die Spielerinnen im Wettkampf wärmender Utensilien entledigen, um auf dem Feld die erforderliche Bewegungsfreiheit zu haben, bevorzugt das Publikum auf der Zuschauertribüne den kuscheligen Modus. Denn: Die auf LED-Beleuchtung umgestellte Moorbekhalle ist in den Herbst- und Wintermonaten der Kühlschrank der Regionalliga Nord.

Das weiß Trainer Frank Koch schon länger. Als vom Einmarsch Russlands in die Ukraine, den daraus resultierenden explodierenden Gas- und Stromkosten sowie lautstarken Forderungen nach Energiesparmaßnahmen überhaupt noch nicht die Rede war, bewaffnete er sich mit einem Thermometer – und ermittelte in der Saison 2019/2020 die Temperaturen in den Spielstätten der Nord-Staffel. Das Ergebnis: Nirgendwo ist es kälter als in Norderstedt, ähnlich ungemütlich ist es nur beim ETV in der Halle an der Bundesstraße.

Ju-Jutsu: Die Top-Kampfsportler von Kodokan (hier Michelle Rockmann, Marcel Said und Jule Jacobs, von links) gehen weiterhin barfuß auf die Matte.
Ju-Jutsu: Die Top-Kampfsportler von Kodokan (hier Michelle Rockmann, Marcel Said und Jule Jacobs, von links) gehen weiterhin barfuß auf die Matte. © Thomas Maibom

„Für meine Spielerinnen sind die Bedingungen gerade noch erträglich, sie sind ja in Bewegung“, sagt Frank Koch. Er selbst hat es da schon schlechter, friert am Spielfeldrand bisweilen wie der sprichwörtliche Schneider. Das VCN-Team hätte es gern wärmer. Das Baggern, Blocken, Pritschen und Schmettern mit klammen Fingern und ungeschmeidigen Muskeln macht wenig Spaß. Da die Hallentemperatur automatisch gesteuert wird, können sie das jedoch nicht beeinflussen.

„Wie spielen bei 18 Grad, gefühlt sind es in manchen Bereichen der Moorbekhalle aber eher 15 Grad, weil es dort zieht“, sagt Koch. Der Deutsche Volleyball-Verband weiß um die Nöte der Aktiven und hat deshalb seine Bekleidungsvorschriften, die das Tragen von langen Klamotten in der Vergangenheit massiv einschränkten, ein wenig gelockert. „Theoretisch dürften wir jetzt sogar in Trainingsanzügen auflaufen“, so der VCN-Trainer. Der Haken: Die Mannschaft müsste dies einheitlich machen. Und das ist illusorisch…

Kodokan: Kampfsportler stehen weiterhin barfuß auf der Matte

Die Kampfsportler des Vereins Kodokan, der sein Domizil in der neuen Mehrzweckhalle am Exerzierplatz hat, müssen sich derweil mit einem anderen Problem auseinandersetzen. „Grundsätzlich machen uns niedrige Temperaturen nicht allzu viel aus. Wir könnten zwar wärmende Sachen unter unserem Kampfanzug, den Gi, anziehen, kommen bei den Übungen aber auch so ganz gut in Wallung“, sagt Chefcoach Stefan Jacobs. Doch es gibt trotzdem eine Problemzone – die Füße. „Wir können unseren Sport ja nur barfuß ausüben“, so Jacobs. Wärmende Socken helfen nicht weiter. Doch warum eigentlich nicht? Norderstedts erfolgreichster Trainer liefert die ebenso einfache wie einleuchtende Erklärung: „Dann hätten die Aktiven auf der Matte nicht den nötigen Grip.“

SV Friedrichsgabe: Tischtennisspieler fürchten hohe Luftfeuchtigkeit

Grip ist auch ein Thema für die Tischtennisspielerinnen und –spieler des SV Friedrichsgabe. Denn: Niedrige Temperaturen und schwitzende Sportler, das passt in etwa so schlecht zusammen wie Feuer und Wasser. Im schlimmsten Fall bildet sich wegen der Luftfeuchtigkeit auf den Tischen und den normalerweise extrem griffigen Belägen ein schmieriger Film; der Ball kann so nicht in die gewünschte Rotation versetzt werden. Da ist Frust programmiert. „Noch ist es in unserer Halle an der Pestalozzistraße nicht so weit“, sagt Bettina Ludwig, die den gesamten Damenbereich beim SVF managt „wir müssen abwarten, was in den kommenden Monaten passiert. Wenn es richtig kalt wird, würde es helfen, die Heizung höher zu drehen. Aber das können wir nicht.“

Der größte Sportverein in Norderstedt ist TuRa Harksheide mit rund 3500 Mitgliedern. Geschäftsführer Tobias Claßen macht keinen Hehl daraus, dass man eine Art Privileg genießt. „Wir haben drei Kunstrasenplätze, den Gebäuderiegel, es ist alles Eigentum der Stadt.“ Geregelt ist alles, wie bei anderen Vereinen, über Nutzungsverträge – die Clubs erhalten Geld von der Stadt für den Unterhalt. „Die Energiekosten werden direkt von den Stadtwerken abgerechnet. Anfang des Monats werden die Zählerstände übermittelt.“

Claßen: „Aber jeder Euro, den die Stadt mehr an Energiekosten zahlen muss, fehlt woanders. Wir müssen alle sparen und unseren Anteil beitragen.“ Der Nutzungsvertrag für das Gebäude mit den Umkleiden besage: „Wir dürfen die Heizung nicht selbst runterdrehen. Und man kann auch nicht ohne Weiteres die Duschtemperatur herabsenken. Denn wenn es nicht warm genug ist, haben wir die Gefahr des Legionellen-Befalls. Es gibt nur die Varianten ‚ganz heiß‘ oder ‚ganz kalt‘.“

TuRa: 15 Minuten nach Abpfiff oder Trainingsende ist das Flutlicht aus

Er hat an die Mitglieder appelliert, nur so lange wie nötig zu duschen. „Aber ich kann das nicht kontrollieren – ich stelle mich jetzt nicht mitten in die Dusche bei den Fußballern und gucke, wer wie lange geduscht hat.“

Beim Flutlicht wurde eine Regelung gefunden. „Wir haben eine entsprechende Mitteilung an die Trainer herausgegeben, wonach die Flutlichtanlagen so zügig wie möglich nach dem Training und nach den Punktspielen abgestellt werden sollen – spätestens 15 Minuten. Es gänzlich einzustellen, wäre nicht machbar, da wir dann im Winter gar keinen Trainings- und Punktspielbetrieb mehr hätten, da es zu früh dunkel wird.“

Tobias Claßen, Geschäftsführer von TuRa Harksheide, im Heizungskeller am Exerzierplatz.
Tobias Claßen, Geschäftsführer von TuRa Harksheide, im Heizungskeller am Exerzierplatz. © Christopher MEY

Auch Hallensport bei geringeren Temperaturen ist nicht immer ratsam. Es gibt große Unterschiede, erklärt der Geschäftsführer. „Es sind ja meist bewegungsintensive Sportarten. Aber es gibt auch das Beispiel Yoga, da halte ich es für sehr schwierig mit heruntergesenkten Temperaturen. Ich hatte auch zu hören bekommen: Die sollen sich dicker anziehen. Aber wer mal Yoga-Übungen mitgemacht hat, weiß, dass man eine gewisse Beweglichkeit braucht. Und im Reha-Sportbereich haben wir viele Gelenkerkrankte, die auf gewisse Temperaturen angewiesen sind. Da müssen wir Rücksicht nehmen.“

Den 1. SC Norderstedt plagt eine veraltete Heizungsanlage

Der 1. SC Norderstedt ist Eigentümer des Sportparks am Scharpenmoor. „Es trifft uns besonders schwer“, sagt Geschäftsführer Christoph Blöh. Bei dreifachen Kosten für Wärme werde ihm „schwindlig“. Ein Verein könne nicht einfach die Mitgliedsbeiträge anheben, um das abzufangen. Das müsse zum einen ausdiskutiert werden, zum anderen drohten Austritte.

Was getan wurde: „Wir haben zum Beispiel in der Tennishalle teilweise schon auf LED-Beleuchtung umgestellt. Da haben wir eigenes Geld genommen, erhebliche Beiträge. Es wurde auch bezuschusst. Dort wird Strom gespart. Bei der Heizung brauchen wir eine gewisse Mindesttemperatur, wir können Mutter-Kind-Turnen nicht bei zwölf Grad anbieten, wir brauchen Heizenergie für die Duschen. Und wir haben eine alte Heizung, bei der wir nicht wissen, wie der Wirkungsgrad ist.“

Er befürchtet: Heizwärme geht ungenutzt verloren. „Wir haben sicherlich keine Gebäude, die energetisch auf dem Stand der 2000er sind. Wir heizen wahrscheinlich viel für den Parkplatz.“ Bekanntlich ist der Verein in Gesprächen mit der Stadt über einen Umbau, einen Neubau oder eine Sanierung des Sportparks – inklusive Eigentumsübertragung.

Beim TSC Glashütte sind die Hallengebühren um zehn Prozent gestiegen

Als Tennisverein hat der TSC Glashütte um die 500 Mitglieder. Auf einer gepachteten Fläche gehören dem Club die Hallen. Diese seien „Energieschleudern“, so der Vorsitzende Dirk Backhaus. „Da pfeift es durch die Ritzen.“ Mit Beginn Mitte September hat der Verein die Hallengebühren um zehn Prozent erhöht, um die Kostensteigerung etwas abzufedern. Backhaus berichtet von Mitgliedern, die ihm sagten, der Vorstand hätte noch höher gehen können. Hallen-Abos habe niemand als Reaktion gekündigt.

Dass es in einer Halle auch einmal etwas kälter sein darf, sieht er als unproblematisch. „Unsere Mitglieder sind mit 17, 18 Grad zufrieden.“ Bei diesen Temperaturen würde man im Sommer ja auch unter freiem Himmel spielen. „Da muss es in der Halle nicht wärmer sein.“ Auch 15 Grad sind aus Sicht des Vorsitzenden vertretbar.