Norderstedt. Bisher drei Remis und eine Niederlage: Warum sich der Club schwer tut, den Regionalligastart einzuordnen.

Nach dem 3:3 (2:0) im Derby gegen den Hamburger SV II schrieb Olufemi Smith, Trainer von Eintracht Norderstedt, ein paar Autogramme. Einige Jugendspieler unter den 877 Fans wollten Smiths Namenszug gerne auf ihren Handrücken verewigt sehen. Smith erledigte die ihm gestellte Aufgabe herzlich lächelnd. Doch die ganz große Freude wollte sich in seinen Gesichtszügen nicht dauerhaft einstellen. So war es eine Szene mit Symbolcharakter. Denn trotz der klaren Handschrift des Coaches blieb die Eintracht auch in der vierten Ligapartie sieglos.

„Uns fehlen Punkte“, kommentierte Smith sinnigerweise die Frage, was seinem Team aktuell noch fehlt. Und erwähnte, womit er das Spiel perfekt zusammenfasste, seinen „unfassbaren Stolz auf meine Jungs. Auf ihre fußballerische Leistung in der ersten und auf ihre kämpferische Leistung in der zweiten Halbzeit“.

Trainer Olufemi Smith wechselte drei Viertel seiner Abwehrkette aus

Diese Norderstedter „Jungs“ starteten im Vergleich zum schwachen 1:3 in Drochtersen mit drei Änderungen, die aufhorchen ließen. Smith tauschte 75 Prozent seiner Viererkette aus. Nur Yannik Nuxoll behielt seinen Platz in der Innenverteidigung. Rico Bork wich links Dane Kummerfeld: eher unspektakulär. Aber dann: Abwehrchef Fabian Grau, Dauerbrenner der vergangenen Saison mit maximaler Einsatzzeit, musste für André Wallenborn den zweiten Platz in der defensiven Zen­trale räumen. Auch Kapitän Juri Marxen musste auf die Bank. Talent Tjark Hildebrandt durfte für ihn von Beginn an als Rechtsverteidiger ran.

Das Signal war klar: Nur die Leistung zählt, Erbhöfe gibt es nicht. Oder, wie Smith es ausdrückte: „Wir haben einen breiten und tiefen Kader.“ Noch besser für den Trainer: Seine Schachzüge gingen in der ersten Hälfte geradezu zauberhaft auf. Die neuformierte Viererkette ließ hinten gar nichts zu, die Zweikampfführung mit für die Garstedter ungewohnt vielen starken, gut getimten Grätschen war sehr effektiv, das Offensivspiel variabel und torgefährlich.

Individuelle Fehler haben mehrfach Punkte gekostet

Die Eintracht überrannte einen verdatterten HSV 45 Minuten lang. Die Belohnung dafür waren das 1:0 von Jan Lüneburg per Picke nach Flanke des offensiven Achters Jan-Pelle Hoppe (2.) und das 2:0 durch Kangmin Choi per wuchtigem Vollspannschuss nach herrlicher Vorlage von Tjark Hildebrandt (14.). Dazu kamen zwei Abseitstore und drei weitere Großchancen. Eigentlich war alles angerichtet für den ersten Sieg unter Smith als Cheftrainer.

Nach dem Schlusspfiff und dem 3:3 überwog der Frust. Schließlich hatte die Eintracht zwei Zwei-Tore-Führungen nicht halten können.
Nach dem Schlusspfiff und dem 3:3 überwog der Frust. Schließlich hatte die Eintracht zwei Zwei-Tore-Führungen nicht halten können. © noveski.com | noveski.com

Wie jedoch schon in Jeddeloh (Torwartfehler von Lars Huxsohl zum 3:3) und Drochtersen (Aussetzer bei Grau, Huxsohl und Jonas Behounek vor den Gegentoren zum 1:3) brachte sich die Eintracht selbst durch einen individuellen Fehler um ihren Lohn. André Wallenborns Rote Karte für eine Notbremse im Strafraum bedeutete eine Unterzahl und den Anschlusstreffer vom Punkt für den HSV (50.). Von da an kippte das Duell in Richtung der nun spielstarken Gäste, auch das zwischenzeitliche 3:1 per Foulelfmeter von Jan-Pelle Hoppe (55.) änderte daran nichts.

Jonah Fabisch (67.) und Pingwinde Beleme (77.) klauten der Eintracht mit ihren Treffern noch den Erfolg. „Hier hätte es heute nur einen Sieger geben dürfen, und das waren wir“, sagte Stürmer Jan Lüneburg und lobte zu Recht die „fantastische erste Halbzeit“. Kapitän Juri Marxen wollte seinen Bankplatz zu Beginn nicht als Höchststrafe verstanden wissen. „Es geht eben um Leistung. Spiele ich mal nicht von Beginn an, bin ich eben von der Seitenlinie für meine Mannschaft da.“

Jetzt folgen Spiele gegen die Aufsteiger Kickers Emden und Bremer SV

Die Gemengelage an der Ochsenzoller Straße bleibt gleichwohl schwierig. In sechs Begegnungen – wobei die Pokalauftritte wegen der Schwäche der beiden Gegner in dieser Wertung nur eingeschränkt mitzählen können – waren die Leistungen des Teams mit Ausnahme der Partie in Drochtersen in Ordnung bis sehr gut. Der Trainer hat Mut bei der Aufstellung bewiesen, die Mannschaft ist willig, Hoppe kommt als offensiver Achter immer besser zur Geltung, Talent Hildebrandt überzeugte als Rechtsverteidiger mit einer tadellosen, offensivstarken Leistung, Stürmer Jan Lüneburg trifft wieder und führte das Team als Ersatzkapitän emotional an. Alles positiv. Nur der Blick auf die Tabelle, der ist negativ.

So viel nachvollziehbare Aufbruchsstimmung die starke Leistung in diesem Spiel auch vermittelt, Fakt ist: Die Garstedter hängen erstmal in der Abstiegszone fest. Der „Riesencharakter des Teams“ (Smith) und „der Fußball, wie wir ihn uns vorstellen“ (abermals Smith in Bezug auf die erste Hälfte) sollte nun bald mit durchgängig hoher Konzentration gepaart zu Siegen führen. Sonst könnte sich tabellarisch eine gefährliche Eigendynamik entwickeln. Smith weiß das nur zu gut. Mit Kickers Emden (auswärts) und dem Bremer SV (daheim) warten nun zwei Aufsteiger. Mit sechs Punkten aus diesen beiden Partien würde Smith nicht nur das Schreiben der Autogramme wesentlich leichter fallen.

Eintracht Norderstedt: Huxsohl – Hildebrandt (56. Marxen), Nuxoll, Wallenborn, Kummerfeld (71. Bork) – Behounek – Williams, Hoppe (71. Brendel) – Choi, Saad (85. Bölter) – Lüneburg (51. Grau). Tore: 1:0 Jan Lüneburg (2.), 2:0 Kangmin Choi (14.), 2:1 Moses Otuali (50., Foulelfmeter), 3:1 Jan-Pelle Hoppe (55., Foulelfmeter), 3:2 Jonah Fabisch (67.), 3:3 Pingwinde Beleme (77.). Rote Karten: André Wallenborn (49., Norderstedt, Notbremse), Bork (90.+5, Norderstedt, grobes Foulspiel). Zuschauer: 877.

Die Drittrundenpartie im Hamburger Lotto-Pokal beim Oberligisten Eimsbütteler TV wurde nach mehrtägigem Hin und Her nun endlich angesetzt. Gespielt wird am Mittwoch, 28. September, 19 Uhr auf dem Kunstrasen am Lokstedter Steindamm 75.