Kaltenkirchen. Anwohner sind traurig über den Verlust. Wie die Stadtverwaltung die Fällungen begründet und was geplant ist.

Eigentlich hätte es die Anwohner der Straße Heidland in Kaltenkirchen freuen können. Ihre Straße wird ausgebaut, die Gehwege werden erneuert – und sie müssen, anders als andere Straßenanlieger, gar nichts dafür zahlen. Doch nun gibt es Wut und Enttäuschung über die Maßnahme, die seit Mitte Juli läuft. Zehn Lindenbäume wurden kürzlich abgesägt, obwohl von Fällungen anfänglich nicht die Rede war.

„Unsere Straße war mal so schön!“, sagt Dr. Claus Butt (79), Arzt im Ruhestand. Mit seiner Frau zog er im Jahr 1982 an die kleine Straße in der Nähe des Friedhofs. „Die Linden standen damals schon da“, sagt er. „Große, wunderschöne, stattliche Linden“ seien es mit den Jahren geworden. Doch das idyllische Bild ist erst einmal Vergangenheit. „Alle Nachbarn hier sind darüber verärgert“, sagt er.

Aktuell führt ein schlammiger Fußweg vorbei an den Lindenstümpfen

Aktuell ist die Straße eine Baustelle, zu ihren Häusern kommen die Bewohner nur über einen recht schlammigen Fußweg, der an den Lindenstümpfen vorbeiführt. Rund 1,3 Millionen Euro kostet die Baumaßnahme, die nach Angaben der Stadtverwaltung „je nach Witterung im späten Frühjahr“ abgeschlossen sein soll.

Der Grund für die umfangreichen Arbeiten: Bei einer Untersuchung der städtischen Regenwasserkanäle mit Kameras wurde festgestellt, dass die Kanäle unter der Straße Heidland „gravierende Schäden“ aufwiesen, wie es in einer Mitteilung der Stadt heißt. Sie mussten repariert werden, und es wurde beschlossen, bei der Gelegenheit gleich die ganze Straße samt der Gehwege zu erneuern. Strom- Wasser- und Gasleitungen werden ebenfalls erneuert, außerdem werden noch zwei Parkplätze für mobilitätseingeschränkte Personen und vier Parkplätze für E-Autos gebaut.

Dass die Linden gefällt werden müssen, wurde erst bei den Bauarbeiten bemerkt

Die Anwohner erfuhren davon auf einer Infoveranstaltung. Von einer Fällung der Linden war nicht die Rede – denn die sollten ja eigentlich auch stehen bleiben. Das Problem nun: Erst während der Bauarbeiten wurde festgestellt, dass die Linden leider doch weichen müssen. Und zwar deshalb, weil die Gehwege, die nach aktuellen Bestimmungen nun ein ganzes Stück breiter sein müssen, ans Wurzelwerk der Bäume heranreichen und deshalb auch die Standfestigkeit der Bäume gefährden.

„Dies wurde von einem staatlich geprüften Techniker im Garten- und Landschaftsbau mit zusätzlicher Ausbildung als zertifizierter Baumkontrolleur entschieden“, sagt Meike Wölfel, Büroleitende Beamtin in der Stadtverwaltung, auf Abendblatt-Nachfrage.

Weil Bauschutt im Boden lag, konnten die Wurzeln nicht tief wachsen

Die Anwohner erfuhren davon allerdings sehr kurzfristig, wie Dr. Claus Butt sagt. „Uns hat man an einem Nachmittag Wurfzettel in die Briefkästen geworfen. Und schon am nächsten Morgen sind sie mit den Sägen angerückt.“ So ganz überzeugt von der Notwendigkeit der Fällung ist er, wie andere Nachbarn, nach wie vor nicht. Schließlich seien Linden doch tief wurzelnde Bäume. Warum schadet es da, wenn an der Oberfläche ein paar Wurzeln in Mitleidenschaft gezogen werden?

Das Problem war offenbar die Beschaffenheit des Bodens, wie die Abendblatt-Recherche ergibt. Offenbar lag unter der Erde Bauschutt, der jahrzehntelang verhinderte, dass die Wurzeln richtig in die Tiefe wachsen. „Der Untergrund hat ein Wurzeln in die Tiefe nicht zugelassen, dementsprechend war die Ausbreitung mehr im Seitenraum zu verzeichnen“, sagt Meike Wölfel.

Stadtverwaltung will zehn neue Bäume pflanzen. Oder sogar elf

In der Stadtverwaltung, das wird allenthalben versichert, ist man auch überhaupt nicht froh darüber, dass man die schönen, alten Bäume absägen musste. Und so will man auch schnellstmöglich Ersatz schaffen. „Es werden mindestens zehn neue Linden gepflanzt. Nach Möglichkeit sogar elf“, sagt Meike Wölfel. Und diese neuen Bäume sollen zum Zeitpunkt der Pflanzung immerhin „etwa drei bis vier Meter hoch“ sein.

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Alles gut, also – zumindest in einigen Monaten? Nicht wirklich, wenn man Dr. Claus Butt fragt. Er wundert sich, dass die Stadtverwaltung nicht schon vor Beginn der Baumaßnahmen wissen konnte, dass die Fällungen nötig sind. „Vor jeder Baumaßnahme muss doch eine vernünftige Baugrunduntersuchung erfolgen“, sagt er.

„Bis die neuen Bäume so groß sind, vergehen 25 bis 30 Jahre“

Aber immerhin werden dann ja neue Bäume gepflanzt? Dr. Claus Butt sieht in „drei bis vier Meter hohen Spiddelbäumen“ keinen vollwertigen Ersatz für die früheren Linden, die „acht bis zehn Meter hoch“ gewesen seien. Bis die neuen Bäume diese Größe erreicht haben, würden „25, 30 Jahre“ vergehen.

Aber gut, „besser als nichts“, sagt er dann noch.