Norderstedt. Beleidigungen und mehr: Partei spricht von zunehmenden Taten. Die Gründe dürften mit Norderstedt wenig zu tun haben.

Die Plakate der Parteien und Wählergemeinschaften gehören derzeit zum öffentlichen Bild – so auch in Norderstedt. Doch die Gesichter und Slogans für die Kommunalwahl am 14. Mai erzeugen offenbar auch Hass und Zerstörungswut. Insbesondere die Grünen sind in diesen Tagen hiervon betroffen. Sowohl am Friedrichsgaber Weg auf Höhe Harthagen als auch an der Kreuzung Rathausallee/Oadby-and-Wigston-Straße sind die Stellwände beschmiert worden, die Personen durchgekreuzt, darunter steht ein „Fuck you“, auch das Abbild eines männlichen Geschlechtsteils ist zu sehen.

Marc Muckelberg, Fraktionsvorsitzender und Spitzenkandidat der Partei, seufzt, als er hierauf angesprochen wird. Man hatte das bereits erwartet. „Es ist natürlich auffällig.“ Denn die Plakate der Konkurrenz sind fast immer unversehrt. „Der Aufwand, den wir haben, um beschädigte und beschmierte Plakate auszutauschen, ist bei den letzten Wahlen deutlich gestiegen. Kleinere Plakate verschwinden auch immer mal wieder.“

Hass auf Grüne: Wahlplakate in Norderstedt beschmiert

Die Gründe hierfür sieht er nicht unbedingt in Norderstedt, sondern in der Landes- und Bundespolitik, wo die Grünen jeweils mitregieren – und in manchen Kreisen mit ihrer Energiepolitik zum Feindbild geworden sind. „Wir gehen schon relativ lange programmatisch in die Richtung, dass wir in Sachen Klimaschutz deutlich mehr machen müssen.“

Auch die direkten Gespräche, ob an der Haustür oder am Wahlstand, sind unterschiedlich angenehm. „Das geht von ‘Danke für die Informationen’ bis zu „Auf gar keinen Fall’.“ Muckelberg berichtet von einem Erlebnis bei der letzten Landtagswahl, als ihm ein Mann sagte: Die Partei, die er wählen würde, gäbe es nicht mehr. Welche? „Die NSDAP.“

Grüne rechnen mit 20 Prozent Schwund bei den Plakaten

Die Großplakate werden nun ausgetauscht, diese Kosten sind eingepreist, die Partei rechnet hier mit 20 Prozent Schwund in den Wochen bis zur Wahl. Alle Sachbeschädigungen werden zur Anzeige gebracht, bei eindeutigen Beleidigungen gelten die Fälle als politisch motivierte Taten, fließen entsprechend in die Kriminalstatistik ein. „Eigentlich ist das aber nie aufzuklären.“

Logisch, dass die Grünen längst die Sinnfrage stellen. „Ganz ehrlich“, so Marc Muckelberg: „Wir überlegen, ob wir das überhaupt noch machen. Bei der letzten Wahl in Lübeck haben die Grünen gar nicht plakatiert – und hatten ihr bisher bestes Ergebnis.“

In Norderstedt hatte auch die SPD kürzlich einen Fall, bei dem Stadtvertreter Tobias Schloo verunglimpft wurde. „Es war alles schwarz gemalt, und unten stand: AfD“, berichtet die Ortsvorsitzende Katrin Fedrowitz. Die SPD hatte aber sowieso Reserveplakate mitbestellt.

Norderstedt: „In der Vergangenheit teilweise noch heftiger“

„Natürlich muss man sich als Regierungspartei einiges anhören“, so Fedrowitz. „Aber teilweise hatten wir es in der Vergangenheit noch heftiger, dass wir bepöbelt wurden. Und wenn es nicht eindeutig politisch motiviert ist, würde ich sagen, dass es vielleicht Kinder, Jugendliche oder betrunkene Erwachsene sind – auch wenn es trotzdem Sachbeschädigung ist.“

In der Kreisstadt Bad Segeberg war es zuletzt ebenfalls zu diversen vergleichbaren Taten gekommen – und auch hier mehrheitlich zu Lasten der Grünen. „Fuck War“, stand dort zum Beispiel, weitere Großplakate seien verunstaltet und mit Beleidigungen beschmiert worden, berichteten die „Lübecker Nachrichten“. Die Partei sprach von „undemokratischem Verhalten“. Und ein Mitglied lobte sogar eine Belohnung von 1000 Euro aus für Hinweise zu den Tätern.