Emma hat den Test gemacht. Das Ergebnis ist erschütternd: Bei allen acht Versuchen bekam unsere 17 Jahre alte Praktikantin ohne Schwierigkeiten Hochprozentiges – trotz Jugendschutz

Norderstedt. Eine Flasche Wodka als Geburtstagsgeschenk für die Freundin kaufen oder Schnaps für die lange Bahnfahrt zum Hamburger Kiez: Das ist laut Gesetz für Jugendliche verboten. Minderjährige dürfen weder harten Alkohol – sogenannte branntweinhaltige Getränke – noch Zigaretten kaufen; Personen unter 16 Jahren auch weder Bier noch Wein. Die Realität aber sieht oft anders aus: Jugendliche kommen relativ einfach an die für sie verbotenen Drogen.

Das hat unser Test ergeben. Die alarmierende Bilanz: Bei jedem der acht Versuche bekam ich problemlos die gewünschte Flasche Wodka oder Korn. Ich bin aber erst 17 Jahre alt und absolviere zurzeit ein Praktikum in der Norderstedt-Redaktion des Abendblatts. Mein Auftrag: harten Alkohol kaufen. Ein Kollege hat mich auf meiner Einkaufstour durch Norderstedter Supermärkte, Kioske und Tankstellen begleitet.

Ich bin ganz schön aufgeregt, doch der Wodka-Kauf klappt reibungslos

Es ist ganz schön kühl an diesem Novembervormittag. Ich stehe mit 50 Euro in der Tasche vor dem ersten Laden, einem Kiosk, und überlege mir, wie ich es wohl am besten anstelle, um gleich an eine Flasche Wodka zu kommen. Ehrlich gesagt bin ich ganz schön aufgeregt. Doch dann betrete ich den Kiosk, sage „Hallo“ zu der Frau hinter dem Verkaufstresen und frage ganz entschlossen: „Haben Sie Wodka?“ Die Frau zeigt auf das Regal neben ihr. Ich entscheide mich für eine kleine Flasche, bezahle, verabschiede mich freundlich – und bin anschließend unheimlich erleichtert: Das war einfacher als gedacht!

Weiter geht es zu einem Imbiss. An der Kasse steht ein junger Typ, der bestimmt nicht viel älter ist als ich. Er reicht mir die Wodkaflasche, die ich verlangt habe, und bietet mir noch freundlich eine Tüte an.

Meine nächste Anlaufstelle ist ein Supermarkt. Obwohl es zweimal geklappt hat, habe ich plötzlich ein mulmiges Gefühl im Bauch. Hier muss ich bestimmt meinen Ausweis vorzeigen. Nachdem ich mir in der Getränkeabteilung die günstigste Flasche Korn ausgesucht habe, warte ich unruhig in der Schlange und bemerke ein großes Schild direkt neben der Kasse. Das weist darauf hin, dass der Verkauf von Branntwein oder Branntwein ähnlichen Getränken und Lebensmitteln, die Branntwein enthalten, an Jugendliche unter 18 Jahren laut Jugendschutzgesetz untersagt ist.

Dann fliege ich jetzt bestimmt auf, denke ich. Die Kassiererin schaut mich dann auch mit einem prüfenden Blick an, händigt mir aber anschließend den Korn aus, ohne nach meinem Ausweis zu fragen.

Ich fühle mich gut, doch jetzt geht es zur ersten Tankstelle an diesem Vormittag. Ob ich dort meinen Beutezug fortsetzen kann? Leicht angespannt betrete ich den Tankstellen-Shop und verlange eine Flasche Wodka. Und dann kommt es: Ich solle doch meinen Ausweis vorzeigen, sagt die Frau an der Kasse. Ich zeige ihn ihr, die Frau guckt kurz drauf, nickt mir zu – und ich verlasse mit der nächsten Flasche Schnaps die Tankstelle. Im Auto, in dem mein Kollege auf mich wartet, liegen nun schon vier Flaschen.

In der nächsten Tankstelle fallen mir Schilder auf, auf denen ein Stoppzeichen abgebildet ist. Daneben steht in roten Buchstaben warnend: Jugendschutz geht vor! Trotzdem greife ich entschlossen zu einer kleinen Flasche Korn und reihe mich hinter einem älteren Mann ein, der sich ebenfalls für Schnaps entschieden hat. Ich finde es fast schon selbstverständlich, dass ich nicht nach einem Ausweis gefragt werde und nun wieder eine Flasche mehr im Gepäck habe.

Auf der Fahrt zum nächsten Supermarkt muss ich die Flaschen im Auto festhalten, damit sie nicht herumrollen. Im Einkaufsmarkt ist die Auswahl an Wodka, Korn und Co groß. Die Frau an der Kasse verkauft mir ohne Weiteres meine sechste Flasche mit Hochprozentigem und überreicht mir freundlich als Rückgeld einen „Glückscent“.

Jetzt geht es zu einem Discounter: Ich reihe mich mit einer Flasche Wodka in der Hand in die Schlange hinter einer Kleinfamilie ein. Die Frau schaut skeptisch auf mich, den Wodka und den Zigarettentabak, den ich kurzerhand auch noch aufs Band lege. Dann fragt sie ihren Mann, ob noch Amaretto im Haus sei und legt kurz darauf eine große Flasche auf das Band vor der Kasse. Ich muss schmunzeln und komme ohne Probleme an der Kassiererin vorbei. Im Auto wird es langsam schwierig, die Flaschen alle unter „Kontrolle“ zu behalten!

Mein Kollege und ich machen uns auf den Weg zu unserer letzten Station, wieder eine Tankstelle. Ich werde langsam übermütig und frage die Frau hinter dem Verkaufstresen, was denn eigentlich „Küstennebel“ sei, und ob man das Getränk gut auf eine Geburtstagsfeier mitbringen könne. Sie ist zwar etwas verwundert, versichert mir aber dann, dass sie aus eigener Erfahrung wisse, dass der „Küstennebel“ gut schmecke.

Doch bevor die Verkäuferin mir die Flasche aushändigt, hält sie inne und fragt nach meinem Ausweis. Da war ich wohl doch etwas zu waghalsig, denke ich und sehe meinen letzten Kaufversuch schon als gescheitert an. Doch die Mitarbeiterin sieht nur kurz auf den Ausweis, gibt ihn mir dann zurück – zusammen mit der Flasche.

Fazit meiner Einkaufstour: In allen acht Geschäften habe ich ohne Probleme hochprozentigen Alkohol kaufen können. Irgendwie habe ich auch jetzt ein mulmiges Gefühl im Bauch wegen der Kassiererinnen, die so leichtfertig mit dem Verkaufsverbot und dem Jugendschutz umgehen.