Rund um die Uhr und an Sonnabenden werden bei Schülke&Mayr in Norderstedt Artikel für die Handhygiene produziert. Das Geschäft boomt.

Norderstedt. Wenn die Schweinegrippe-Pandemie etwas Gutes hat, dann die Erkenntnis in der Bevölkerung, dass die Handhygiene im Schutz gegen Infektionen eine zentrale Bedeutung hat. Wahrscheinlich wurde in Deutschland noch so viel geseift und desinfiziert wie in diesen Tagen. Beim Norderstedter Unternehmen Schülke & Mayr an der Robert-Koch-Straße, einem der weltweit führenden Hersteller von Desinfektionsmitteln, sorgt die Vorsicht der Menschen für Produktionsrekorde.

Waschlotionen, Handdesinfektionsmittel und Tücher für die Flächendesinfektion werden derzeit rund um die Uhr in einem Drei-Schicht-Betrieb hergestellt. Selbst an Sonnabenden läuft die Produktion zwischen 8 und 16 Uhr. 330 Mitarbeiter sind ausgelastet, 170 in Produktion und Lager, mit zusätzlichen Saisonkräften werden Produktionsspitzen abgepuffert.

"Wir hatten bereits 2008 ein Rekordjahr", sagt Dr. Michael Streek, Prokurist bei Schülke. "Aber 2009 wird noch stärker." Das Traditionsunternehmen mit derzeit 368 Mitarbeitern in Norderstedt und 580 weltweit, produzierte 2008 mehr als 27 000 Tonnen an Desinfektionsmitteln und Konservierungsstoffen. Mit einem Umsatz von 145 Millionen Euro war 2008 das erfolgreichste Jahr der Firmengeschichte. 2009 wird diese Bilanz noch toppen.

Überspitzt gesagt kam die H1N1-Pandemie für Schülke & Mayr gerade recht - nämlich mitten hinein in die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, die besonders im zweiten Geschäftsbereich der Norderstedter Lücken schlug, den industriellen Konservierungsstoffen für Farben oder Kosmetika. "Da haben wir deutliche Rückgänge gespürt. Die Industrie drosselte die Produktion, Farben etwa wurden weniger gebraucht, also auch unsere Konservierungsstoffe", sagt Streek. Gleichzeitig zog bereits 2008 das Geschäft mit den Desinfektionsmitteln kräftig an. Durch die Pandemie erleben Schülke-Produkte wie das Handdesinfektionsmittel "desderman" und 200 weitere Produkte in Form von 1300 verschiedenen Artikeln einen Boom auf dem Markt.

Schülke arbeite seit Jahren gerade im medizinischen Bereich mit vielen Kliniken eng zusammen, sagt Streek. Die Versorgung dieser Kunden stehe deswegen im Vordergrund. Dazu kämen nun ganz neue Kunden, etwa große Firmen, die in ihren Betrieben flächendeckend Desinfektionsmittel unter den Mitarbeitern verteilen. "Da kann es unter Umständen schon mal zu Wartezeiten kommen", sagt Streek.

Die Sensibilisierung der Deutschen für die Handhygiene ist laut Michael Streek überfällig. "Das A und O bei der Infektionsprävention sind saubere Hände", sagt Streek. Die Hände kann man sich wie eine gigantische, mit Bakterien und Viren heillos überbevölkerte Mega-City vorstellen. Ein chaotisches Gewimmel, Gekrabbel und Gekrieche. Bis zu 10 Millionen Bakterien leben im Schnitt auf einem Quadratzentimeter Haut auf der menschlichen Hand. Amerikanische Forscher haben über 4700 Bakterienarten identifiziert, die die Handinnenflächen besiedeln. Demnach trägt jeder Mensch bis zu 150 verschiedene Arten auf seinen Händen. Die Zusammensetzung dieser Bakteriengemeinschaften unterscheidet sich allerdings erheblich von Mensch zu Mensch, ja sogar von Hand zu Hand: 83 Prozent der Bakterien auf der Hand eines Menschen kommen nicht auf seiner anderen Hand vor. Frauenhände weisen nicht nur eine unterschiedliche Bakterienflora auf, sie beherbergen offenbar generell mehr Bakterienarten als die von Männern. Unterschiedliche Hormonproduktion, Schweißbildung, Waschgewohnheiten und Kosmetikgebrauch könnten Ursachen sein.

Schülke & Mayr bieten einen sehr anschaulichen Bakterien-Test an. Eine Salbe, mit der man sich die Hände einreibt und die danach die Bakterien auf den Händen unter UV-Licht erkennbar macht.

"Unsere Handdesinfektionsmittel basieren auf Alkohol. Nach einer Behandlung damit sind alle Bakterien und Viren auf der Hand innerhalb von 30 Sekunden abgestorben", sagt Michael Streek. Allerdings nur, wenn das Mittel über die Handrücken und Innenflächen und bis in die Fingerzwischenräume und die Fingerkuppen ausgiebig und sorgfältig eingerieben wird.