Norderstedter Stadtvertretung, Kirchen und Deutschlands oberster Gartenfreund sind bestürzt über die Umfrage der Harksheider Kleingärtner.

Norderstedt. Die Empörung über den Versuch der Kleingärtner am Kringelkrugweg, eine Migranten-Quote auf ihren Parzellen einzuführen, ebbt nicht ab. Am Dienstagabend verabschiedete die Norderstedter Stadtvertretung eine von allen Parteien unterzeichnete Resolution. Ebenso haben sich die evangelisch-lutherischen Kirchen in Norderstedt mit einer gemeinsamen Erklärung zu Wort gemeldet. Außerdem hat sich Norbert Franke, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde, mit einem Schreiben an Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote gewandt.

Zu Beginn der Stadtvertretungssitzung am Dienstag verlas Grote die Frankes Worte. Der drückt in dem Brief seine Bestürzung über die Umfrage der Harksheider Kleingärtner aus. "Ich möchte mich in aller Form für unsere Mitglieder bei Ihnen entschuldigen, schreibt Franke. Es sei ihm völlig unverständlich, wie die Harksheider so einen Tagesordnungspunkt zur Abstimmung beschließen konnten, ohne sich über die Konsequenzen ihres Handelns bewusst zu sein. "Das ist ein unverzeihlicher Vorfall. Ich bitte Sie aber, ihn nicht als Gradmesser für die Entwicklung des Kleingartenwesens in Schleswig-Holstein zu nehmen", schreibt Franke.

In den allermeisten Kleingärten in Deutschland gebe es unzählige funktionierende Gemeinschaften, die das Miteinander der Kulturen förderten. Integration sei ein Anliegen der Kleingärtner in Deutschland.

Auch die Resolution der Norderstedter Stadtvertreter lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. "Wir sehen hierin einen groben Verstoß gegen unser Grundgesetz, das im Artikel 3, Absatz 3, Grundlagen für unser Zusammenleben setzt: Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden." Die Stadtvertreter erwarten, dass die Kleingärtner am Kringelkrugweg den Beschluss in ihrer Sondersitzung am Donnerstag "mit einem klaren Bekenntnis zu den Intentionen unseres Grundgesetzes" zurücknehmen.

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Norderstedt sei eine Stadt, in der nach dem Krieg viele Menschen unterschiedlicher Herkunft eine neue Heimat gefunden haben. "Bis heute haben alle gemeinsam dafür gesorgt, dass wir uns in unserer Stadt wohlfühlen. Das soll so bleiben", heißt es in der Resolution weiter. Es sei unerträglich, dass der Beschluss im Kleingarten von Rechtsextremisten genutzt wurde, um mit dumpfer Polemik den Oberbürgermeister und einzelne Personen aus Politik und Kirche in unsäglicher Weise zu beleidigen. "Wir wollen, dass Norderstedt eine tolerante und weltoffene Stadt bleibt. Alle sind aufgerufen, dafür zu sorgen, dass keine Mitbürgerinnen und Mitbürger ausgegrenzt werden." Unterzeichnet wird die Resolution von den Fraktionsvorsitzenden Günther Nicolai (CDU), Jürgen Lange (SPD), Maren Plaschnick (GALiN), Klaus-Peter Schroeder (FDP) und Miro Berbig (Die Linke).

Für die Norderstedter Kirchen meldete sich Pastor Michael Schirmer, der Vorsitzende des Regionalausschusses der Evangelisch-lutherischen Kirche in Norderstedt, zu Wort. "Warum wir uns als Pastorinnen und Pastoren der evangelischen Kirchengemeinden dazu äußern, hat seine Begründung nicht darin, dass wir unsere Kirche oder uns als Menschen im geistlichen Amt etwa in der Position sähen, in der uns ethische oder religiös begründete Urteile mehr als anderen zustünden. Vielmehr beteiligen wir uns an einer Diskussion, in der sich eine stumme Beobachtung für uns verbietet", schreibt Schirmer. Die Pastoren wollen den elf Mitgliedern des Kleingartenvereins den Rücken stärken, die sich in der Sitzung gegen die Migranten-Quote ausgesprochen haben. "Der Beschluss ist falsch! Ändern Sie ihn! Es ist das falsche Signal an Zuwanderer und hier lebende Ausländer", ruft er den Harksheider Kleingärtnern zu. "Wir werden nicht zulassen, dass derlei Verirrungen oder gezielt ausländerfeindliche Tendenzen und Einschüchterungen in unserer Stadt mehrheitsfähig oder toleriert werden."

Deutschland brauche Nachbarschaft statt Ausgrenzung, Integration statt Begrenzung. Die Gesellschaft müsse an der Seite von Migranten und Flüchtlingen stehen, wenn die rechte Szene auf Terror und Ablehnung setzt, so Schirmer. "Das gehört zum Kern der christlichen Botschaft und zu den Grundwerten einer demokratischen und offenen Gesellschaft. In einem Garten sind alle zuerst Nachbarn. Wer als Nachbar gelten darf, kann nicht nach Abstammung sortiert werden."