Jungunternehmer des Gymnasiums Kaltenkirchen sichern sich in Kiel den begehrten Titel “Bestes Junior-Unternehmen Schleswig-Holstein 2012“.

Kiel/Kreis Segeberg. Unbarmherzig bekommt Anna Sophie Fiesinger, Verwaltungsmitarbeiterin bei "Flüsch", die Gelbe Karte gezeigt. Nervös nestelt die Segeberger Oberstufenschülerin an der Maus des Computers im Präsentations-Saal der Sparkassen Akademie in Kiel herum, blickt hektisch ins Publikum. Endlich springt die Power-Point-Präsentation zur nächsten Folie mit den Quartalszahlen ihres Junior-Unternehmens.

Wieder souverän rappelt Anna auf Nachfrage ihrer Mitarbeiterinnen Leitsätze und harte Fakten herunter, überspielt die vorangegangenen Patzer mit einem flüchtigen Lächeln. Unbeeindruckt von der Zeitnot der Schülerin zeigt die Jury des Landesentscheids des Junior-Wettbewerbs das Ende des Vortrags an - Rote Karte. Jetzt muss der letzte Satz sitzen: "Flüsch your sleep - and a long journey becomes heaven."

Wie die insgesamt acht jungen Frauen lange Reisen so himmlisch gestalten wollen, ist einfach, aber genial. Sie drucken mit einem Sieb verschiedene Motive auf Kissen und nähen anschließend eigenhändig Saugnäpfe an die oberen Enden. So können die Kissen im Handumdrehen an Fensterscheiben in Bussen und Bahnen oder auch im eigenen Auto befestigt werden.

+++ Die Kaltenkirchener Revolution im Badezimmer +++

Dass diese Geschäftsidee eine echte Marktlücke füllt, bestätigt auch der langjährige Organisator des Landeswettbewerbs, Dr. Kurt Puls: "Auch wenn das Niveau wirklich hervorragend ist in diesem Jahr, für mich sind die Mädels hier Favorit", legt er sich schon am Mittag fest.

Wie alle zehn Junior-Unternehmen, die sich für den Landesentscheid qualifiziert haben, hat auch "Flüsch" 80 Anteilsscheine zu je zehn Euro verkauft und so ein Startkapital generiert. Durch zu zahlende Löhne und Steuern, Geschäftsberichte und zu erstellende Marktanalysen entstehen ganz reale kleine Unternehmen. In den Kriterien Qualität des Geschäftsberichts sowie der Präsentation, Interviews am Messe-Stand, Gestaltung des Messe-Stands und der Geschäftsidee kämpfen die Schüler-Unternehmen um die Fahrkarte zum Bundeswettbewerb, der dieses Jahr in Hamburg stattfinden wird.

Plötzlich steht Dr. Tamara Zieschang am Stand der Segeberger Jung-Unternehmerinnen und möchte sich die Produktion der "Flüsch"-Kissen ganz genau erklären lassen. Beruhigt, da es "nur" die schleswig-holsteinische Staatssekretärin und nicht die gefürchtete Jury ist, sprudeln die Worte nur so aus den Schülerinnen heraus. "Um den Umsatz anzukurbeln, haben wir extra Valentinstag-Motive aufgebracht. Die waren der Renner", sagt Anna Sophie Fiesinger.

Doch trotz der offenen Art der Mädchen vom Städtischen Gymnasium Bad Segeberg, hat nach der Präsentation die Favoritenstellung gewechselt. Die Gruppe "easy2brush" vom Gymnasium Kaltenkirchen kann sich dank ihres beeindruckend aufwendig produzierten Videos ebenfalls Hoffnungen auf den Sieg machen.

Drei ganze Tage lang arbeitete die nur aus Jungen bestehende Gruppe an dem Clip, der sich nur um eines dreht: Den perfekten Morgen. Mit ihrer Magnet-Halterung für Zahnpasta und Zahnbürste haben sie ebenfalls eine Marktlücke entdeckt, schließlich ermöglicht ihre Magnet-Konstruktion das restlose Ausdrücken der Tube. "Ärger am Morgen gehört damit der Vergangenheit an", sagt Vorstandvorsitzender Johannes Göttsch lachend.

Auch die "eaysy2brush"-Mitarbeiter wissen die Staatssekretärin zu überzeugen. "Beeindruckt hat mich vor allem die clevere Herangehensweise", so Dr. Tamara Zieschang, "die Jungs haben sich wirklich gefragt, wie man mit einem Produkt möglichst viele Menschen erreichen kann".

Jury-Mitglied Dr. Jörg Posewang macht es noch einmal spannend. 20 Minuten dauert es, bis er den Sieger verkündet. Doch dann ist es raus: "Aufgrund der originellen Geschäftsidee und des überzeugenden Kurzfilms ist ,easy2brush' der Sieger", ruft er in den aufkommenden Jubel der Kaltenkirchener hinein.

Auch für das "Flüsch"-Team gibt es Grund zur Freude, immerhin der zweite Platz und einen Besuch bei einem Gedächtnis-Trainer sind herausgesprungen. "Wir sind total happy, das Treppchen haben wir nach der Präsentation für unmöglich gehalten" sagt die sichtlich gelöste Anna Sophie Fiesinger. Während "easy2brush" sich jetzt im Bundeswettbewerb beweisen darf, schmieden auch die Segebergerinnen große Pläne: Sie überlegen, ein Patent auf ihre Saugnapf-Kissen anzumelden.