Mehmet und Nebile Kavuk verkaufen auf dem Garstedter Wochenmarkt zum erstenmal deutsche Erdbeeren aus Baden-Württemberg.

Norderstedt. Überrascht legt Angelika Lehmann auf dem Garstedter Wochenmarkt die Schale niederländischer Erdbeeren zurück in die Auslage. "Sie haben ja auch schon deutsche - dann nehme ich natürlich die", sagt sie bestimmt und zahlt freiwillig 1,20 Euro zusätzlich.

So wie Angelika Lehmann geht es vielen am Gemüse- und Obststand von Nebile und Mehmet Kavuk. Die ersten Erdbeeren des Jahres aus Baden-Württemberg sorgen für Aufmerksamkeit, in Garstedt sind sie eine echte Rarität.

Früh am Morgen um 2 Uhr kauft das Ehepaar auf dem Großmarkt in Hamburg seine Ware ein, nur am Wochenende können die beiden ausschlafen, wie Nebile Kavuk mit ein wenig Galgenhumor sagt: "Da müssen wir erst gegen 3 Uhr aus dem Bett". Um stets frische Produkte anbieten zu können, lassen die Hamburger es sich trotz regelmäßig nur vier Stunden Schlaf nicht nehmen, täglich den Großmarkt zu besuchen. "Wenn dann morgens auf dem Markt die Sonne scheint, macht das Verkaufen trotz Müdigkeit auch noch Spaß", sagt Nebile Kavuk.

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Der 41-Jährigen ist es nicht leicht gefallen, zu diesem frühen Zeitpunkt im Jahr schon deutsche Erdbeeren anzubieten. Nur drei Kisten hat sie vorsichtshalber mitgebracht, noch ist der Preis mit 4,80 Euro für ein Pfund Erdbeeren "ziemlich heftig". Die Marktbesucher in Norderstedt stört dies aber nicht, schon gegen Mittag sind die deutschen Beeren vergriffen.

Angelika Lehmann kann das verstehen, sie kauft gerne regionale Produkte. Auch wenn der Transportweg aus den Niederlanden in etwa gleich lang ist wie der aus dem Süden Deutschlands; vorgezogen werden tendenziell die einheimischen Waren. Im Falle der Erdbeeren schätzt Angelika Lehmann vor allem das Aroma: "Das ist schon ein klarer Unterschied zu den holländischen. Vor allem das Fruchtfleisch ist unterschiedlich weich", sagt die Ellerbekerin. Zusammen mit ihrer Nachbarin Ursula Knocke fährt sie jede Woche nach Norderstedt, um ihre Küche mit frischen Zutaten zu bestücken. Mehmet Kavuk ist überzeugt: "Auch meine holländischen Sorten schmecken gut. Nur bei der älteren Generation gibt es noch Vorbehalte." In den vergangenen Jahren wurden auf den Wochenmärkten allerdings immer wieder niederländische Erdbeeren für deutsche Erdbeeren ausgegeben, um einen höheren Preis verlangen zu können. Nebile Kavuk kann das nicht verstehen: "Leider gibt es immer mal wieder Kollegen, die so handeln". Beim Obst- und Gemüsestand Kavuk kommen aber erst gar keine Zweifel auf. Stolz präsentiert Mehmet das Etikett an der kurzen Seite der Holzkiste.

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In etwa drei bis vier Wochen wird es auch Erdbeeren aus dem norddeutschen Raum geben. Bisher sind nur diejenigen reif, die in Folientunneln gezüchtet wurden. Durch die Sonneneinstrahlung wird die Luft in den Tunneln erhitzt und führt zu einer schnelleren Reife.

Wie auch beim Spargel sinkt der Preis mit steigender Erntemenge erheblich. Im Sommer, wenn auch die ohne Folientunnel angebauten Früchte reif sind, gibt es frische Erdbeeren oft schon ab zwei Euro pro Pfund.

Gute Gründe, schon jetzt zuzugreifen, gibt es dennoch reichlich. In 100 Gramm sind ganze 65 Milligramm Vitamin C enthalten. Damit ist die Erdbeere eine echte Vitamin C-Bombe, die einen großen Beitrag zu gesunder Ernährung leisten kann. Beim Kauf sollte sie fruchtfest sein und glänzen. Im Kühlschrank verderben Erdbeeren recht schnell. Nach zwei bis drei Tagen sind sie meist ungenießbar. Da die Früchte schnell Wasser aufnehmen, sollten die Beeren unter fließendem Wasser gereinigt werden. Die Stielansätze werden optimalerweise erst nach dem Waschen entfernt. So wird verhindert, dass Saft austreten kann.

Schon in der Steinzeit war die Erdbeere beliebt. Archäologische Funde deuten aber darauf hin, dass die Beeren noch sehr klein waren. Die heute in Deutschland übliche großfruchtige Gartenerdbeere entstand erst im späten 18. Jahrhundert in den Niederlanden durch eine Kreuzung zweier kleinerer Sorten. Der Anbau der Erdbeerpflanze nimmt bei optimalen äußeren Bedingungen ein Jahr in Anspruch. Ist das Klima nicht ganz so günstig, hält sich die Pflanze aber auch zwei bis drei Jahre, bevor endgültig geerntet werden muss.

Auch am Nachmittag fragen bei Familie Kavuk noch viele Kunden nach den deutschen Erdbeeren. Da sind die drei Kisten aber schon längst vergriffen. "Nächstes Mal bin ich mutiger", sagt Nebile Kavuk, "dann bringe ich gleich fünf oder noch mehr Kisten mit."