Weil sich ein Nebelmittel aus dem Zweiten Weltkrieg entzündete, musste der Flughafen Lübeck-Blankensee erneut gesperrt werden.

Lübeck. Als am Donnerstag erstmals weißer Rauch von einer Wiese auf dem Gelände des Lübecker Regionalflughafens Blankensee aufstieg, tappte die Polizei völlig im Dunkeln. Dichter Qualm hüllte die Landebahn ein und legte für mehrere Stunden den Flugverkehr lahm. Vor Ort entdeckten Einsatzkräfte der Lübecker Feuerwehr eine pulverige Substanz, die offenbar chemisch reagiert hatte und für die starke Rauchentwicklung in der Anflugschneise verantwortlich war. Selbst einen Anschlag auf den kleinen Flughafen konnten die Ermittler anfangs noch nicht ausschließen. "Wir haben zu Beginn in alle Richtungen ermittelt", sagte die Lübecker Polizeisprecherin Carola Aßmann dem Abendblatt.

Und dann brannte es am Sonnabend erneut. An der gleichen Stelle, nur wenige Meter von der Landebahn, zwei Meter von der Flughafenumzäunung entfernt. Wie schon am Donnerstag stoppte der Flughafen darauf den Flugverkehr. Zwei Linienmaschinen aus Stockholm und Palma de Mallorca, außerdem vier Kleinflugzeuge, mussten nach Bremen umgeleitet werden. Dichter Qualm zog auch über die angrenzende Bundesstraße 207 und eine Bahnstrecke, die bis zum frühen Sonnabendabend gesperrt blieben.

Außerdem ließ die Polizei rund zehn Wohnhäuser in der näheren Umgebung evakuieren. "Eine reine Vorsichtsmaßnahme", sagte Aßmann. Wenig später konnten die Bewohner allerdings zurückkehren - nachdem der Kampfmittelräumdienst aus Kiel Entwarnung gegeben hatte: Von der Substanz gehe keine Explosionsgefahr aus.

Zuvor hatten Einsätzkräfte der Feuerwehr Lübeck die Erde abgetragen, auf der die pulverige Substanz lag. Dabei entdeckten sie in rund 40 Zentimeter Tiefe ein undichtes Eisenfass, aus dem eine Flüssigkeit austrat, die bei Kontakt mit der Luft reagiert und dabei in eine kristalline Form übergeht. Begleitet wird dieser Prozess von einer starken Rauchentwicklung.

Die analytische Task-Force der Feuerwehr Hamburg, eine Spezialgruppe, hatte am Fundort Proben gezogen. Es handele sich bei der Substanz um rund 20 Liter Chlorsulfonsäure mit Schwefeltrioxid, eine gelbliche Flüssigkeit, die während des 2. Weltkrieges zur Vernebelung des Flugfelds eingesetzt wurde, sagte ein Feuerwehrsprecher dem Abendblatt. Eine Straftat schließt die Polizei aus. Offenbar handele es sich um militärische Altlasten im Boden des einstigen Militärflugplatzes, sagte Polizeisprecherin Aßmann. Wie der Stoff an die Oberfläche gelangte, sei unklar. "Vermutlich ist der Behälter verrostet, und deshalb konnte der Stoff mit Luft oder Feuchtigkeit reagieren."

Um eine weitere Rauchentwicklung zu stoppen, deckten Einsatzkräfte den Fundort am Sonnabend mit Kies und Folie ab. In den nächsten Tagen soll eine Spezialfirma die Substanz und das betroffene Erdreich aufnehmen und entsorgen. Die Hamburger Feuerwehr rät dringend zur Arbeit unter Vollschutz. Der saure Nebel, der bei der Reaktion von Chlorsulfonsäure mit Luftfeuchte entsteht, ist aggressiv, greift Metalle und organische Verbindungen an, reizt zum Husten. Wie schwer ein Brand der Substanz im festen Aggregatzustand in den Griff zu kriegen ist, erlebten Einsatzkräfte bereits bei den Löscharbeiten am Donnerstag: Immer wieder loderte das Feuer auf.

Am Sonntag um 8 Uhr konnte der Flughafen den regulären Betrieb wieder aufnehmen. Jetzt will die Lübecker Umweltbehörde prüfen, ob in der Nähe der Brandstelle weitere Altlasten verborgen liegen.