Die Dänen favorisieren bei der Querung des Fehmarnbelts einen Absenktunnel statt einer Brücke. Der Tunnel soll 5,1 Milliarden Euro kosten.

Kopenhagen. Die Dänen halten Kurs auf Deutschland. Gut drei Jahre nach dem Versprechen, eine feste Verbindung über den Fehmarnbelt allein zu bezahlen, hat Dänemarks Verkehrsminister Hans Christian Schmidt seine Pläne für das Jahrhundertprojekt vorgestellt. Anstelle der lange favorisierten Brücke zwischen den Inseln Lolland und Fehmarn soll ein 18,1 Kilometer langer Absenktunnel im Ostseegrund verlegt werden. Die Dänen kommen damit den Kritikern des größten Bauvorhabens in Nordeuropa entgegen, müssen aber weiter fürchten, dass das Milliardenprojekt sich aufgrund von Querschüssen aus Deutschland verzögert oder sogar scheitert.

Solche Bedenken sind den Dänen fremd. "Wir werden 2020 fertig", sagte Schmidt dem Abendblatt nach dem Kopenhagener Beltgipfel, auf dem fast alle Fraktionen des Folketings einen Tunnel befürworteten. Durch die Querung verkürzt sich die Fahrzeit von Kopenhagen nach Hamburg um eine auf gut drei Stunden.

Die Begeisterung für das XXL-Projekt, allein der Tunnel soll 5,1 Milliarden Euro kosten, erklärt sich aus der dänischen Geschichte. Bereits vor mehr als 70 Jahren gab es im zersplitterten Inselreich erste Überlegungen für drei große Brückenschläge. Der erste erfolgte 1998 mit der Eröffnung der innerdänischen Verbindung über den Großen Belt, der zweite 2000 mit dem Sprung über den Öresund nach Schweden, der dritte ist die Querung des Fehmarnbelts, der ersehnte Lückenschluss zwischen Skandinavien und Mitteleuropa.

+++ Kommentar: Es ist etwas faul in Deutschland +++

In Dänemark war es dabei zunächst keine Frage, dass der Belt mit einer Brücke gequert wird. Der Sinneswandel setzte im Sommer 2010 ein, als ein Expertenteam aus England, Holland und Dänemark seine Pläne für einen Tunnel auf den Tisch legte. Der Absenktunnel, der größte für Autos und Züge weltweit, ist gut fünfmal länger als der Elbtunnel und sogar etwas billiger als eine Brücke. Den Preis drücken konnten die Ingenieure mit einem Trick. Die Tunnelröhren sind so angelegt, dass Autos und Züge durch ihren Fahrtwind für frische Luft sorgen. Die zunächst geplante Aufschüttung einer Belüftungsinsel im Belt konnte daher eingespart werden.

Der Tunnel selbst, vier Autospuren und zwei Gleise, hat Rekordmaße. Er besteht aus 89 Segmenten, jedes bis zu 217 Metern lang und bis zu 73 000 Tonnen schwer. Sie sollen in einen mehr als zehn Meter tiefen und bis zu 75 Meter breiten Graben im Meeresgrund versenkt werden. Innovativ ist auch das Innenleben des Tunnels. Um Autofahrern bei der Zehn-Minuten-Passage (Höchsttempo 110) die "Tunnelangst" zu nehmen, sollen LED-Leuchten die Seitenwände bebildern. Auf den Wundertunnel setzen die Dänen auch, weil er bei Querungskritikern gut ankommt. "Seitdem die Dänen einen Tunnel favorisieren, hat sich die Stimmung auf Fehmarn gedreht", weiß Inselbürgermeister Otto-Uwe Schmiedt. Eine Brücke hätte Schiffsverkehr und Vogelzug gefährdet, zudem den Wasseraustausch an einer der engsten Stellen der Ostsee behindert.

Das Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbeltquerung gibt den Kampf nicht verloren. Sprecher Malte Siegert hält einen Tunnel zwar für das "kleinere Übel". Am liebsten wäre es ihm aber, wenn weiter Fährschiffe die nur gut 6000 Fahrzeuge täglich übersetzen.

+++ Kommentar: Der Weg zum Tunnel +++

Rückendeckung erhält Siegert vom Festland, gerade aus den Urlaubsorten an der Lübecker Bucht. Sie befürchten Milliardenverluste, wenn die eingleisige Bahnstrecke von Lübeck bis Puttgarden wie geplant für Güterzüge ausgebaut wird. Eine Alternativtrasse lehnt die Bahn bisher ab.

Siegert ist sich sicher, dass der Widerstand auch an der Bahnstrecke Hamburg-Lübeck wächst, sich zu einem "Fehmarn 21" ausweiten könnte. In der nächsten Woche hält er einen Vortrag in Hamburg, wie immer mit dem Hinweis, dass es im Belt-Staatsvertrag eine Ausstiegsklausel gibt.